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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wertach; Wertbriefe; Werth

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Wertach - Werth

Gebrauchswert. Dem entsprechend verzichteten auch viele spätere Theoretiker, namentlich in England, gänzlich darauf, die scheinbar so verschiedenen Wertphänomene auf einen gemeinsamen Grund zurückzuführen, und beschränkten sich auf die Untersuchung des Tauschwertes, ohne diesen Begriff immer scharf von dem des Preises zu trennen. Ausgangspunkt der Betrachtungen war dabei oft die Annahme einer Gleichheit des W. der gegeneinander vertauschten Güter, und somit das Ziel der Untersuchung, zu ergründen, worin diese Gleichheit bestehe; mit Beantwortung dieser Frage schien auch die weitere nach dem Ursprunge und dem Maße des W. erledigt. Die Lösungen fielen verschiedenartig aus; insbesondere gelangte man dazu, jene Gleichheit des W. in der Gleichheit der Produktionskosten, Reproduktionskosten oder der zur Herstellung erforderlichen Arbeitsquantitäten zu erblicken. Letztere, die Arbeitswerttheorie, findet sich zunächst bei Ricardo, weiterhin schärfer bei Rodbertus und in ihren weitesten Folgerungen bei dem Haupte der neuern Socialdemokratie, Karl Marx, ausgeprägt. Über dessen Begriff der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit und seine Mehrwerttheorie s. Socialismus.

Dem entgegen hat man, namentlich in Deutschland, auch dem Gebrauchswert eine nähere Aufmerksamkeit geschenkt und insbesondere versucht, das Gemeinsame und Wiederkehrende aller Erscheinungsformen des W. festzustellen. Für die neueste Entwicklung der Wertlehre sind namentlich die Arbeiten von Jevons und Menger von Bedeutung. W. ist danach die Bedeutung, welche konkrete Güter oder Gütermengen für uns dadurch erlangen, daß wir in der Befriedigung unserer Bedürfnisse von der Verfügung über sie abhängig zu sein uns bewußt sind. Da nun in der Regel durch eine Gütergattung Bedürfnis von verschiedener Wichtigkeit zu befriedigen sind, so erhellt daraus, daß der W. einer bestimmten Menge sich nur nach dem mindest dringlichen, überhaupt noch zur Befriedigung gelangenden Bedürfnis bemessen wird, da beim Fortfall einer Teilmenge immer nur das mindestwichtige Bedürfnis zurückgestellt würde (sog. Grenzwert, s. d.). Der W. hat danach auch einen außerordentlich subjektiven Charakter, d. h. er ist bestimmt durch den Bedürfniskreis und den Vermögensstand dessen, der die Schätzung vornimmt.

Übrigens wird der Ausdruck W., auch in der Nationalökonomie, vielfach allein oder in Zusammensetzungen in abweichendem Sinne gebraucht. Wichtig sind namentlich die schon erwähnten Begriffe Gebrauchswert und Tauschwert; die Auffassung ist natürlich verschieden je nach der Anschauung vom Wesen des W. überhaupt. Gebrauchswert im allgemeinen ist die Bedeutung eines Gutes vom Standpunkt dessen, der es verwendet; er fällt nicht zusammen mit der Nützlichkeit, da die Bedeutung eines Gutes eben nicht bloß von seinen objektiv brauchbaren Eigenschaften abhängt, sondern auch von der Größe des verfügbaren Vorrats. Je ausgedehnter dieser ist, desto leichter ist er zu ergänzen und ein Ersatzexemplar zu beschaffen, um so minder wichtige Bedürfnisse gelangen bereits zur Befriedigung, um so leichter kann der Mensch auch etwaige Einbußen an seinem Vorrat verschmerzen. Daher kommt es auch, daß manche sehr nützliche, sog. freie Güter keinen W. besitzen (s. Gut). Tauschwert in subjektivem Sinne ist die Bedeutung, die ein Gut dadurch erlangt, daß wir im Wege des Austausches andere dafür erhalten; je mehr solcher Güter wir erhalten und je wichtiger sie für unsere Bedürfnisbefriedigung sind, desto größer der Tauschwert des erstern. In objektivem Sinne ist Tauschwert die Fähigkeit eines Gutes, gegen andere vertauscht zu werden, häufig auch als dessen Kaufkraft (engl. purchasing power) bezeichnet; je höher dieser Tauschwert (weil das Gut selten ist, einem allgemeinen Bedarf entspricht u. s. w.), um so mehr Güter wird es verschaffen können. Dieser Tauschwert führt zum Begriff des gesellschaftlichen W.: ein Werturteil, das nicht auf individueller Schätzung beruht, sondern wie es allgemein oder durchschnittlich gefällt wird. Gattungswert (auch abstrakter Gebrauchswert) ist der W., der einem Gute im allgemeinen, seiner Gattung nach, zuerkannt wird, also ohne Beziehung auf eine bestimmte Menge und auf bestimmte Bedarfsverhältnisse. Endlich spricht man auch von Ertragswert, Mietwert, Verkehrswert (d. i. Tauschwert bei einigermaßen entwickeltem Verkehr) u. s. w.

In der Rechtswissenschaft spricht man von einem Sachwert oder gemeinen W., welchen ein Gegenstand mit Rücksicht auf Zeit und Ort für einen jeden hat; von einem Handelswert, insofern der W. eines Gutes durch die Handelseinrichtungen bestimmt erscheint; der besondere W. ist der W. einer Sache für eine bestimmte Person mit Rücksicht auf ihre besondere Vermögenslage. Über den W. der besondern Vorliebe s. Affektionsinteresse.

Litteratur. Außer den größern Lehrbüchern und systematischen Werken von Rau, Hermann, Roscher, Carey, Schäffle, Marx, Wagner, Menger, Sax, Jevons, Neumann, Philippovich, Lehr u. a. vgl. Fr. J. Neumann, Wirtschaftliche Grundbegriffe (im Schönbergschen «Handbuch der polit. Ökonomie», Bd. 1, 4. Aufl., Tüb. 1896); Böhm-Bawerk, Kapital und Kapitalzins (Innsbr. 1884, 1889) und Artikel Wert im «Handwörterbuch für Staatswissenschaften», Bd. 6 (Jena 1894); Dietzel, Die klassische Werttheorie und die Theorie vom Grenznutzen (in den «Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik», Bd. 54; Neue Folge, Bd. 20); ders., Zur klassischen Wert- und Preistheorie (ebd., Bd. 56; Dritte Folge, Bd. 1); Knoop, Der Mehrwert (Brem. 1883); Lexis, Über Wertgesamtheiten (in der «Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft», Bd. 44); Scharling, Werttheorie und Wertgesetz (in den «Jahrbüchern für Nationalökonomie», Bd. 50; Neue Folge, Bd. 16); von Wieser, Ursprung und Hauptgesetze des wirtschaftlichen W. (Wien 1884) und Der natürliche W. (ebd. 1889); M. Naumann, Die Lehre vom W. (Lpz. 1893); Wicksell, Über W., Kapital und Rente (Jena 1893); Meinong, Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werttheorie (Graz 1894; Leo von Buch, Intensität der Arbeit. W. und Preis der Waren (Lpz. 1896).

Wertach, linker Nebenfluß des Lechs im bayr. Reg.-Bez. Schwaben, entspringt nahe der Grenze von Vorarlberg in den Allgäuer Alpen und mündet, 135 km lang, unterhalb Augsburg. Ihre wichtigsten Zuflüsse sind die Gennach und Sinkel.

Wertbriefe, s. Postgeldsendungen.

Werth oder Werdt, Joh. von, auch Jean de Weert genannt, General im Dreißigjährigen Kriege, geb. 1592 oder 1602 zu Büttgen im Jülichschen, diente 1622 als gemeiner Reiter unter dem span. Feldherrn Spinola, trat aber später in das bayr.-ligistische Heer über und stieg zum bayr. Generallieutenant auf, focht in Bayern und der Ober-^[folgende Seite]