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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wertheim; Werther; Wertigkeit

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Wertheim - Wertigkeit

pfalz gegen Bernhard von Weimar und wurde für seine rühmlichen Waffenthaten in der Schlacht bei Nördlingen (1634) zum Freiherrn und zum kaiserl. Feldmarschalllieutenant ernannt. Im Jan. 1635 eroberte er Speyer, belagerte 1636 vergeblich Lüttich, fiel in Frankreich ein und streifte plündernd und großen Schrecken verbreitend bis vor Paris. 1637 eroberte er die von Franzosen besetzte Feste Hermannstein, schlug Bernhards Sturm auf die Wittenweirer Schanzen blutig zurück, wurde aber bei Rheinfeldern 3. März 1638 durch Bernhard besiegt und gefangen, bis März 1642 die Auslieferung gegen den schwed. Feldherrn Gustav Horn erfolgte. Nun trat W. wieder in Thätigkeit und zeichnete sich bei Tuttlingen 24. Nov. 1643 aus; dafür trifft ihn jedoch ein gutes Teil der Schuld an der Niederlage bei Jankau 6. März 1645. Er siegte dann mit Mercy 5. Mai bei Mergentheim und 3. Aug. bei Allersheim, und erhielt nach Mercys Tod den Oberbefehl. Als Maximilian Ⅰ. von Bayern einseitig den Ulmer Waffenstillstand (März 1647) abschloß, versuchte W. das bayr. Heer nach Böhmen zum Kaiser überzuführen. Das Vorhaben mißlang jedoch, und W. entkam im Juli 1647 nur mit wenigen Begleitern in das kaiserl. Lager. Der Kaiser ernannte ihn zum General der Kavallerie und zum Reichsgrafen und beschenkte ihn mit der Herrschaft Benatek in Böhmen. W. befehligte zu Ende des Krieges die gesamte kaiserl. Reiterei, zog sich nach dem Frieden nach Benatek zurück, wo er 16. Sept. 1652 kinderlos starb. In der rhein. Volksüberlieferung ist er noch eine populäre Persönlichkeit, und 1885 wurde ihm zu Köln ein Denkmal errichtet. – Vgl. Barthold, Johann von W. (Berl. 1826); Teicher, Johann von W. (Augsb. 1876).

Wertheim. 1) Amtsbezirk im bad. Kreis Mosbach, hat (1895) 19362 E. in 31 Gemeinden. – 2) Hauptstadt des Amtsbezirks W., Hauptort der ehemaligen Grafschaft W., am linken Ufer des Mains, an der Mündung der Tauber in denselben, am Fuß eines bewaldeten Berges, an der Linie W.-Mergenthein (41,3 km) der Bad. und der Nebenlinie Lohr-W. (37 km) der Bayr. Staatsbahnen, Sitz des Bezirksamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Mosbach), hat (1895) 3556 E., darunter 1055 Katholiken und 191 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, evang. Kirche (1384) mit den Grabmälern der Grafen von W. und Löwenstein (Grabmal Johanns von W. s. Tafel: Deutsche Kunst Ⅳ, Fig. 8), kath. Kirche, St. Kilianskapelle, ein schöner spätgot. Bau, 1462 erbaut und 1604‒1871 Sitz des Gymnasiums, zwei Schlösser der Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, ein Gymnasium (1604), höhere Mädchenschule, Gewerbeschule, einen Freihafen (1834), jetzt zum Winterhafen erweitert; Gerberei, Mühlen, Schifffahrt, Spedition, Handel mit Wein und Holz, Steinbrüche und Weinbau. Die Stadt ist Sitz der fürst. löwenstein-wertheimischen Behörden. Sie wird überragt von den Ruinen des Bergschlosses W., des Stammhauses der Grafen von W. Der Wertheimer Wein ist ein bekannter Frankenwein, dessen bessere Sorten am Main, auf dem Remberg und der Wettenburg wachsen. Der Stadt gegenüber der Marktflecken Kreuzwertheim im Bezirksamt Marktheidenfeld des bayr. Reg.-Bez. Unterfranken, mit 888 E., einem Schloß; Feld-, Obst- und Weinbau. – Vgl. Wibel, Die alte Burg W. am Main und die ehemaligen Befestigungen der Stadt (Freib. i. Br. 1895).

Werther, Stadt im Kreis Halle in Westfalen des preuß. Reg.-Bez. Minden, 11 km im NW. von Bielefeld, am Nordostabhang des Teutoburger Waldes, hat (1895) 1915 E., darunter 9 Katholiken und 63 Israeliten, Post, Telegraph, evang. Kirche (14. Jahrh.); Kunstdünger- und Cigarrenfabriken, Flachsbau, sowie lebhaften Handel mit Flachs, Leinen und Schinken.

Werther, Karl, Freiherr von, preuß. Diplomat, geb. 31. Jan. 1809 zu Königsberg, Sohn des Freiherrn Wilhelm von W. (geb. 1772 zu Königsberg, 1824‒37 Gesandter in Paris, 1837‒41 Minister der auswärtigen Angelegenheiten, gest. 1859 als Oberstmarschall), wurde 1830 Auskultator am Berliner Stadtgericht, bald darauf Regierungsreferendar zu Merseburg, 1833 Gesandtschaftsattaché in Paris, 1834 Legationssekretär in München, später an den Höfen im Haag, zu London und Paris, bis er 1812 als Gesandter in die Schweiz und 1845 nach Athen, 1849 nach Kopenhagen, 1854 nach Petersburg und 1859 nach Wien kam. Während des Deutschen Krieges von 1866 versah W. die Geschäfte Bismarcks als Minister der auswärtigen Angelegenheiten und nahm im Aug. 1866 an den Verhandlungen über den Abschluß des Prager Friedens teil. Nach dem Kriege kehrte W. nach Wien zurück, ging im Okt. 1869 als Botschafter nach Paris, erhielt jedoch im Frühling 1871 den Abschied aus dem Staatsdienst, wurde aber 1874 nochmals als Botschafter des Deutschen Reichs in Konstantinopel angestellt, bis er im Jan. 1877 in den Ruhestand trat. Er starb 8. Febr. 1894 in München.

Wertigkeit oder Valenz, die verschiedene Bindungsfähigkeit der Atome der einzelnen Elemente. Mit der Feststellung wirklich vergleichbarer Atomgewichte der Elemente ergab sich, daß die Atome der letztern sich teilweise dadurch wesentlich voneinander in ihren chem. Wirkungen unterscheiden, daß sie eine geringere oder größere Anzahl anderer Elementaratome gleichzeitig an sich zu binden vermögen. Hiernach unterschied man dann einwertige oder univalente (wie Wasserstoff und Chlor) und mehrwertige oder multivalente Elemente. Von den letztern ist z. B. der Sauerstoff zweiwertig oder bivalent, Stickstoff dreiwertig oder trivalent, Kohlenstoff vierwertig oder quadrivalent u. s. f. (S. auch Äquivalentgewichte.) Die W. eines Elements wird also durch die Anzahl anderer, unter sich gleicher oder auch verschiedener Elementaratome bestimmt, die gleichzeitig direkt von einem Atom desselben gebunden werden können. Die Ermittelung der W. erfolgt durch die experimentelle Feststellung dieser Verhältnisse oder, was auf dasselbe hinauskommt, durch Bestimmung der sich in Verbindungen substituierenden Mengen der Elemente. So ergiebt sich z. B. die Zweiwertigkeit des Sauerstoffatoms nicht nur durch die Fähigkeit, zwei einwertige Wasserstoff- oder Chloratome oder ein Wasserstoff- und ein Chloratom zu binden, sondern auch dadurch, daß es beim Einführen in ein bereits bestehendes Molekül für Wasserstoff zwei Atome desselben oder für Chlor zwei Chloratome vertritt, denn es besitzt eben in Bezug auf die Bindung der vorher mit Wasserstoff oder Chlor vereinigten Elementaratome die doppelte Wirksamkeit wie ein Atom eines jeden der beiden letztern. Nach Entdeckung dieser Verhältnisse erhob sich ein Streit darüber, ob die specifische W. eine absolut konstante oder eine veränderliche Eigenschaft der Elemen- ^[folgende Seite]