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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wimpern; Wimperzellen; Wimpfen; Wimpffen

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Wimpern – Wimpffen (Geschlecht)

(z. B. Stylonychia mytilus Ehrbg., Fig. 10), Chilodon (z. B. Chilodon cucullulus Ehrbg.), Aspidisca (z. B. Aspidisca lyncaster Stein, Fig. 11, mit hartem, bestacheltem Rückenpanzer) u. s. w. 4) Die Peritricha besitzen an ihrem Leibe nur einen vordern spiraligen und in den Mund führenden sowie mitunter einen hintern Gürtel beweglicher Wimpern. Zu ihnen gehören die Vorticelliden (s. d.) oder Glockentierchen, die sich vermittelst dieses muskulösen Stieles blitzschnell zurückziehen und langsam wieder ausstrecken können; Vorticella sowie die stöckchenbildenden Epistylis Ehrbg., Carchesium Ehrbg., (z. B. Carchesium polypinum Ehrbg., Fig. 12) u. s. w. sind die bekanntesten Gattungen; die Polypenlaus (Trichodina pediculus Ehrbg.) gehört ebenfalls hierher. 5) Die Acetina (Suctoria) besitzen überhaupt keine Wimpern, sondern an Stelle derselben tentakelartige, mit geknopften Enden versehene Saugröhrchen, vermittelst deren sie andere kleine Tiere (Infusorien, Rädertiere) aussaugen (Acetina, Podophyra, z. B. Podophyra gemmipara Clap. et Lachm., Fig. 13). – Vgl. Ehrenberg, Die Infusionstierchen als vollkommene Organismen (Lpz. 1838); Stein, Die Infusionstiere auf ihre Entwickelungsgeschichte untersucht (ebd. 1854).

Wimpern oder Cilien, feine Härchen, welche die Ursachen der Flimmerbewegung (s. d.) sind (s. auch Haare, botanisch); über die Augenwimpern s. Auge (des Menschen).

Wimperzellen, s. Flimmerbewegung.

Wimpfen oder Wimpfen am Berg, Stadt im Kreis Heppenheim der hess. Provinz Starkenburg, am Neckar und an der Linie Heidelberg-Jagstfeld der Bad. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Darmstadt), hat (1895) 2310 E., darunter etwa 230 Katholiken und 60 Israeliten, Post, Telegraph, große evang. Hauptkirche (1499) mit schönen Schnitzwerken, kath. Kirche, Realschule; Papier- und Cigarrenfabrik, Ziegeleien, Tabak- und Weinbau. Nahebei das Salzbergwerk (1818) Ludwigshall und das Solbad Mathildenbad mit Kaltwasserheilanstalt und Badehotel. – W. war bis 1802 Freie Reichsstadt und kam 1803 an Hessen-Darmstadt. Bei W. siegte Tilly 6. Mai 1622 über den Markgrafen Georg Friedrich von Baden-Durlach, wobei 400 Bürger von Pforzheim (s. d.) unter ihrem Bürgermeister Deimling sich nach der Sage dem Heldentode weihten. – Vgl. Heid, Geschichte der Stadt W. (Heilbr. 1846); Lorent, W. am Neckar (Stuttg. 1870); Frohnhäußer, Geschichte der Reichsstadt W. (Darmst. 1870); Gmelin, Beiträge zur Geschichte der Schlacht bei W. (Karlsr. 1880).

Wimpffen, schwäb. Geschlecht, dessen eigentlicher Geschlechtsname Heeremann lautet, während «von Wimpffen» die Heimatsbenennung zu sein scheint. Dominik Heeremann, Bürger zu Nürnberg, erlangte 1555 einen kaiserl. Wappenbrief, in welchem ihm ein auf seinen Geschlechtsnamen bezügliches Wappen, nämlich ein springender silberner Widder (auch H[o]erman genannt) im roten Schilde verliehen wurde. Dieses Dominik Urenkel, die Gebrüder Johann Friedrich (geb. 1581, gest. 1668), Losungsamtmann zu Nürnberg, und Johann Dietrich (geb. 1583), span. Lieutenant, erlangten 1658 den Reichsadelstand und wurden die Stifter der jetzt noch blühenden beiden Stämme.

A. Haupt des ersten, des Johann-Friedrich-Stammes, ist Friedrich Ferdinand Franz von W., geb. 31. März 1805, dän. Kammerherr und Forstmeister zu Aarhus. B. Der zweite (elsässische), Johann-Dietrichs-Stamm zerfiel später durch vier Söhne Johann Georgs (geb. 1689, gest. 1767) in vier Linien: 1) Stanislaus (geb. 1721) begründete einen Zweig in Österreich, dessen Freiherrenstand 1876 auch in Österreich anerkannt wurde. Das Haupt dieser Linie ist Franz Freiherr von W. (geb. 3. Febr. 1829), k. k. Kämmerer, Wirkl. Geheimrat, Feldmarschalllieutenant und Obersthofmeister des Erzherzogs Victor. 2) Franz Ludwig, geb. 2. April 1732 zu Zweibrücken, trat zeitig in das franz. Heer und wohnte den Feldzügen im Österreichischen Erbfolge- und Siebenjährigen Kriege bei. Dann ging er 1760 als General in die Dienste des Herzogs Karl von Württemberg, 1770 in franz. Dienst, wo er als Divisionsgeneral und Präses des militär. Revisionsgerichtshofs 24. Dez. 1800 zu Mainz starb. Er schrieb «Refonte de l’économie de l’armée française» (Par. 1797, ein Projekt) und «Sa vie privée, écrite par lui-même» (ebd. 1788). – Sein Sohn Franz Karl Eduard von W., württemb. Generalmajor, geb. 2. Jan. 1776, gest. 8. Dez. 1842, wurde vom Kaiser Franz Ⅱ. 8. April 1797 in den Grafenstand erhoben. – Des vorigen Sohn, Graf Franz von W., kaiserlich österr. Feldzeugmeister, geb. 2. April 1797 zu Prag, trat im Okt. 1813 als Unterlieutenant in das kaiserl. Heer und wohnte den Feldzügen 1813‒14 in der Hauptarmee der Verbündeten, dem von 1815 bei der Frimontschen Armee in Italien bei, wurde 1821 k. k. Wirklicher Kämmerer, 1838 Generalmajor und 1846 Feldmarschalllieutenant und zeichnete sich im Feldzuge von 1848 besonders bei Vicenza und Custozza aus. Nach dem mit Sardinien abgeschlossenen Waffenstillstande mit dem Oberbefehl über die zur Intervention im Kirchenstaate bestimmten Truppen betraut, zwang er Bologna und Ancona durch ein Bombardement zur Kapitulation. Darauf übernahm er die Leitung des Gouvernements der Legationen. Im Okt. 1849 wurde er zum Civil- und Militärgouverneur von Triest und Statthalter des Küstenlandes, auch zum Feldzeugmeister ernannt, und war dann provisorischer Oberbefehlshaber der Marine. Seit Sept. 1854 befehligte er eine Zeit lang die Erste Armee, trat aber 1861 als Generalfeldzeugmeister in den Ruhestand und starb 26. Nov. 1870 zu Görz. Jetziges Haupt der gräfl. Linie ist sein dritter Sohn Viktor, geb. 24. Juli 1834. Ein Bruder des Grafen Franz, Felix Friedrich Wenzel, Graf von W., geb. 16. März 1827 zu Brunnsee in Steiermark, wurde 1866 Gesandter in Preußen und Mecklenburg, 1872 in Italien, 1876 Botschafter in Paris, 1880 wieder in Rom, 1882 nochmals bei der franz. Republik, starb aber schon 30. Dez. 1882 in Paris durch Selbstmord. – Ein Bruder des ersten Grafen, Namens Friedrich von W. (gest. 18. März 1845), erhielt als königlich württemb. Generalmajor 1834 den württemb. Freiherrenstand. 3) Georg (geb. 1735) hat gleichfalls Descendenz hinterlassen. 4) Felix (Freiherr) von W., geb. 5. Nov. 1744 in Zweibrücken, that sich zuerst im franz. Dienst als Führer eines Freikorps in Corsica gegen Paoli (1769) hervor und kommandierte 1782 das Regiment Bouillon bei der Belagerung von Gibraltar. 1789 wurde er in der Normandie zum Deputierten in die Versammlung der Reichsstände gewählt und schloß sich hier sogleich dem Dritten Stande an. 1792 wurde er als General wieder in