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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wintzingerode-Bodenstein – Wipperfürth

rich von Württemberg zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten und ernannte ihn 1806 auch zum Ministerpräsidenten. 1807 nahm W. seine Entlassung. 1808 wurde er auf Wunsch Napoleons westfäl. Gesandter in Paris, bis er 1814 wieder das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Württemberg übernahm. Nach König Friedrichs Tode (1816) ließ sich W. von seinen Staatsämtern entheben; doch übernahm er 1820 den Gesandtschaftsposten an den Höfen zu Berlin, Dresden, Hannover und Cassel. Seit 1825 lebte er zurückgezogen und starb 24. Okt. 1834 in Stuttgart.

Sein Sohn Heinrich Levin, Graf von W., geb. 10. Okt. 1778, trat 1802 in den württemb. Staatsdienst, wurde 1803 Regierungsrat in Ellwangen, 1806 Kreishauptmann des neu gewonnenen Öhringer Kreises und von 1804 an Gesandter in Karlsruhe, München, Paris, Petersburg und Wien sowie im Hauptquartier der Verbündeten während der Feldzüge von 1814 und 1815. Er erhielt dann den Posten eines Staatsministers und wohnte als solcher 1820 nebst Hardenberg den Konferenzen zu Wien bei, wo er sich als Verteidiger liberaler Grundsätze auszeichnete. 1823 wurde er Wangenheims Nachfolger als Gesandter beim Bundestage. Später zog er sich auf sein Gut Bodenstein im Reg.-Bez. Erfurt zurück. Er starb 15. Sept. 1856. Seine Biographie wurde von seinem Sohn Graf Wilko von Witzingerode-Bodenstein ^[richtig: Wintzingerode-Bodenstein] (s. d.) veröffentlicht.

Wintzingerode-Bodenstein, Wilko Levin, Graf von, Sohn des Grafen Heinr. Levin von Wintzingerode, geb. 12. Juli 1833 in Göttingen, studierte Rechts- und Staatswissenschaft zu Göttingen, München und Berlin, übernahm nach dem Tode seines Vaters die Verwaltung des Familienbesitzes und wurde 1876 durch den neu konstituierten Provinziallandtag der Provinz Sachsen zum Landesdirektor dieser Provinz gewählt. Von 1867‒76 und 1879‒82 gehörte W. dem preuß. Abgeordnetenhause als Mitglied der freikonservativen Partei, vorübergehend 1873 auch dem Reichstage an. W. ist seit der 1886 erfolgten Gründung des «Evangelischen Bundes» Vorsitzender des Vorstandes. Die von ihm bei den Generalversammlungen des Bundes gesprochenen Eröffnungsreden sind in den «Flugschriften des Evangelischen Bundes» (Halle 1887 fg.) abgedruckt. Außer Aufsätzen über Gegenstände der Steuerpolitik und Verwaltung in den «Preuß. Jahrbüchern» (Bd. 30) und den «Schriften des Vereins für Socialpolitik» (1873: «Zur Reform der Personalbesteuerung»; 1889: «Offene Irrenpflege»; 1890: «Zur Reform der Landgemeindeordnung») veröffentlichte er «Graf Heinrich Levin Witzingerode ^[richtig: Wintzingerode], ein Württemberger Staatsmann» (Gotha 1866).

Winzenheim, Dorf und Hauptort des Kantons W. (12264 E.) im Kreis Colmar des Bezirks Oberelsaß, 6 km westlich von Colmar, mit dem es durch Straßenbahn verbunden ist, am Eingang des Münsterthals, hat (1895) 3623 E., darunter etwa 160 Evangelische und 470 Israeliten, Post, Telegraph, kath. Kirche, Synagoge; Baumwollspinnereien und Webereien, Eisengießerei, Hammerwerk, bedeutenden Weinbau und Weinhandel. – W. erscheint urkundlich schon im 8. Jahrh. 3 km westlich die Trümmer der Pflixburg, vermutlich im 15. Jahrh. zerstört; weiterhin südwestlich Ruine Hohlandsburg (632 m), 1635 von den Franzosen zerstört.

Winzer, der berufsmäßig den Weinbau (s. d.) betreibende Landarbeiter.

Winzergenossenschaften, s. Weinbaugenossenschaften.

Winzerschulen, s. Weinbauschulen.

Winzig, Stadt im Kreis Wohlau des preuß. Reg.-Bez. Breslau, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Breslau), hat (1895) 1944 E., darunter 299 Katholiken und 59 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, evang. und kath. Kirche, Präparandenanstalt, Stadtsparkasse, Vorschußverein; Landwirtschaft, Genossenschaftsmolkerei, ‑Müllerei und ‑Bäckerei, sowie Rindviehmärkte. Kaiser Heinrich Ⅴ. belagerte und zerstörte den Ort auf dem Zug gegen die Polen 1109.

Winzlar, Dorf bei Loccum (s. d.).

Wipfeld, Dorf im Bezirksamt Schweinfurt des bayr. Reg.-Bez. Unterfranken, am Main, hat (1895) 659 kath. E., Postexpedition, Telegraph und Schwefelquellen mit dem Ludwigsbad; nahebei Schloß Klingenberg.

Wipfelfeuer, s. Waldbrand.

Wippach, slowen. Vipava, Markt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Adelsberg in Krain, an der W., am Westabhang des Birnbaumer Waldes, Sitz eines Bezirksgerichts (230,19 qkm, 11969 E.), hat (1890) 1032, als Gemeinde 2333 slowen. E.

Wippe, zum Spannen der Armbrust, s. Schnepper; als Turngerät, s. Wippen.

Wippen, im Turnen das taktmäßige Auf- und Abbewegen in senkrechter Ebene; kommt hierbei hauptsächlich das Fuß- oder Kniegelenk, der Rumpf, die Arme in Frage, so spricht man von Fußwippen, Kniewippen, Rumpfwippen, Armwippen. Das aus einem leiterartigen Gestell bestehende, auf einer Achse aufliegende Turngerät, das bei Hang und Stütz ein solches Bewegen ermöglicht, heißt Wippe. – W. als Seemannsstrafe, s. Estrapade.

Wipper, im Münzwesen, s. Kipper und Wipper.

Wipper. 1) Alte W., linker Nebenfluß der Saale, entspringt im Unterharz am Ostabhang des Auerbergs im preuß. Reg.-Bez. Merseburg, berührt Wippra, Leimbach und Hettstedt, erreicht bei Sandersleben Anhalt, empfängt links die ebenfalls aus dem Unterharz kommende Eine, berührt Güsten und mündet, 70 km lang, oberhalb Bernburg. – 2) Küstenfluß im Reg.-Bez. Köslin, entspringt nahe der westpreuß. Grenze aus dem Wippersee bei Kremerbruch, nimmt links die von Rummelsburg kommende Stiednitz auf, berührt Schlawe und Rügenwalde, empfängt dann die von Polnow herkommende Grabow (s. d.) und mündet bei Rügenwaldermünde, 150 km lang, 128 km flößbar, in die Ostsee. – 3) Linker Nebenfluß der Unstrut in Thüringen, entspringt in den Ohmbergen, nördlich von Worbis, im preuß. Reg.-Bez. Erfurt, berührt Worbis, umfließt nördlich den Dün, durchbricht in sehr gewundenem Laufe die Hainleite, berührt Sondershausen, und mündet, 75 km lang, unterhalb Sachsenburg.

Wipperfürth. 1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Köln, hat 311,57 qkm und (1895) 28218 (13914 männl., 14304 weibl.) E., 1 Stadt und 8 Landgemeinden. Sitz des Landratsamtes ist Lindlar. – 2) Stadt im Kreis W., an der Wupper, in 275 m Höhe, an der Nebenlinie Lennep-W. (17,4 km) der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Köln), hat (1895) 5533 E., darunter 488 Evangelische, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, Reste der alten Stadtmauern, zwei kath., eine evang. Kirche, schönen Springbrunnen (1331) auf dem Marktplatz, kath. Progymnasium, Wasserleitungen, Krankenhaus, Sparkasse, Volksbank; Eisengießerei,