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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Wippgalgen – Wirbelsäule

vier Wollspinnereien, drei Tuchfabriken, je eine Fabrik für Kunstwolle, Holzwolle und Knochenmehl, drei Tagewerke, Kram- und Viehmärkte.

Wippgalgen, s. Galgen und Estrapade.

Wippra, Flecken im Mansfelder Gebirgskreis des preuß. Reg.-Bez. Merseburg, an der Wipper, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Halle a. S.) hat (1895) 1182 evang. E., Post, Telegraph, evang. Kirche; Brauerei, Schiefer- und Grünsteinbrüche, Märkte und wird als Luftkurort besucht.

Wippsäge, s. Sägemaschinen.

Wippsterz, Vogel, s. Bachstelze.

Wippthal, das obere Thal der Eisak und der Sill.

Wiprecht von Groitzsch, geb. um 1050, war der Enkel des pommerschen Slawenhäuptlings Wulf, der sich zum Herrn des Balsamerlandes um Stendal und Arneburg gemacht hatte, und dessen zum Christentum übergetretener Sohn W. Morungen und Gatersleben erworben hatte. W. vertauschte seinen Besitz im Balsamerlande gegen die Burg Groitzsch an der Weißen Elster und Tangermünde, trat dann in die Dienste des Herzogs Wratislaw von Böhmen, beteiligte sich mit diesem an den Kämpfen König Heinrichs Ⅳ. gegen die Sachsen und erhielt Leisnig und Dornburg sowie verschiedene Güter in Allstedt, auch mit der Hand von Wratislaws Tochter Jutta die Gaue Budissin und Nisani. Als sich der junge König Heinrich Ⅴ. gegen seinen Vater empörte, trat W. zu jenem über und preßte dem zu Bökelheim gefangenen Kaiser die Auslieferung der Reichskleinodien ab. Später nahm er an den Kriegszügen Heinrichs Ⅴ. teil, mußte jedoch die Freilassung seines gefangenen Sohnes W. des Jüngern vom Kaiser durch Abtretung von Budissin, Nisani, Leisnig und Morungen erkaufen. In der Weimarer Erbfehde ergriff er die Partei der sächs. Fürsten; gefangen und zum Tode verurteilt, rettete er sein Leben durch Abtretung von Groitzsch; nachdem aber in der Schlacht am Welfesholze 1115 des Kaisers Feldherr Hoier von Mansfeld durch W. den Jüngern gefallen war, wurde W. der Haft entlassen und erhielt seine Besitzungen zurück. Er hielt sich auch seitdem zu den aufständischen Sachsen, und Erzbischof Adelgoz von Magdeburg, der Sohn seiner Schwester, belehnte ihn mit der Burggrafschaft Magdeburg. W. ward schließlich Mönch in dem von ihm 1096 gegründeten Kloster Pegau, wo er 22. Mai 1124 starb. – Vgl. W. von Groitzsch im «Archiv für sächs. Geschichte» (1864).

Wirballen, russ. Wershbolowo (Veržbolovo) oder Wershbolow, poln. Wierzbolów, Stadt im Kreis Wolkowyschki des russ.-poln. Gouvernements Suwalki, im Thal der Schirwindta und an der Linie Landwarowa-Eydtkuhnen der Petersburg-Warschauer Eisenbahn, hat (1894) 3268 E., Post, Telegraph, eine evang. und eine russ. Kirche. Die Eisenbahnstation W. liegt 5 km westlich von der Stadt, 2,5 km östlich von der letzten preuß. Station Eydtkuhnen, und hat ein Zollamt erster Klasse.

Wirbel, auf Trommeln und Pauken eine dem Triller auf andern Instrumenten verwandte und auch so bezeichnete Schlagmanier, die durch sehr schnell aufeinander folgende Schläge hervorgebracht wird; bei Saiteninstrumenten die hölzernen oder eisernen Stifte, um welche die Saiten gewunden sind; in der Anatomie die einzelnen Knochen der Wirbelsäule (s. d.).

Über Meereswirbel s. Meer.

Wirbelatome, Bezeichnung für die Ätherwirbel, aus denen man die physik. Natur der Atome (s. d.) erklärt. Helmholtz hat theoretisch gefunden, daß die Wirbelringe in einer reibungslosen Flüssigkeit, die sich am besten durch die bekannten Rauchringe veranschaulichen lassen, immer aus denselben Flüssigkeitsteilchen bestehen. Die rotierenden Teilchen bleiben in den Wirbelring gebannt und können denselben nicht verlassen. Der Ring kann auch nicht zerschnitten werden, da er dem Messer ausweicht. W. Thomson sieht sich dadurch bewogen, die Atome als Wirbelringe im Äther zu betrachten. Zwei Wirbelringe (oder W.) können in der Weise aneinander gebunden sein, daß abwechselnd der eine durch den andern hindurchschlüpft.- Vgl. Lehmann, Molekularphysik, Bd. 2 (Lpz. 1889).

Wirbelbogen, Wirbelfortsätze, s. Wirbelsäule.

Wirbelgewitter, s. Gewitter.

Wirbelkörper, s. Wirbelsäule und Tafel: Körper des Menschen (Durchschnitt), beim Artikel Mensch.

Wirbellose Tiere (Evertebrata) nannte Lamarck solche Tiere, die im Gegensatz zu den Fischen, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren, den Wirbeltieren (s. d.), kein Rückgrat haben. Übrigens wäre der Name Rückgrattiere und rückgratlose Tiere besser, da in der That bei verschiedenen Fischen das Rückgrat nicht zu einer Wirbelsäule aufgelöst ist. – Vgl. Korschelt und Heider, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungsgeschichte der W. T. Specieller Teil (Jena 1893).

Wirbelsaite, s. Chorda, Embryo und Wirbelsäule.

Wirbelsäule (Columna vertebralis) oder Rückgrat (Spina dorsi), beim Menschen die senkrecht gelagerte, leicht S-förmig gebogene Knochensäule , welche die Grundlage des Rumpfes bildet, den Kopf trägt, dem Becken zum Ansatze dient und aus den 24 Wirbeln (vertebrae), dem Kreuz- und Steißbein, besteht. (S. Tafel: Das Skelett des Menschen, beim Artikel Skelett.) Die Wirbel, deren jeder aus einem soliden cylindrischen Wirbelkörper, einem horizontalen spangenartigen Knochenbogen (Wirbelbogen) und mehrern, der Gelenkverbindung dienenden Wirbelfortsätzen besteht, sind durch Zwischenlagen von Bandmasse und Bändern sehr innig untereinander verbunden, so daß jeder einzelne von ihnen sehr wenig, die ganze Säule aber ziemlich bedeutende, wenn auch nicht an allen Stellen gleiche Beweglichkeit besitzt. (S. auch Tafel: Die Bänder des Menschen, Fig. 5 u. 7, beim Artikel Bänder.) Man nennt die sieben obersten Wirbel, deren erster unmittelbar mit dem Hinterhauptbeine des Schädels verbunden ist, Halswirbel, die zwölf folgenden, an deren Seite sich die Rippen (s. d.) anschließen, Brustwirbel, und die fünf untersten, deren letzter auf dem Kreuzbein ruht, Lendenwirbel. Erstere sind die kleinsten, letztere die größten. An Gestalt sind sie außer dem ersten und zweiten Halswirbel (atlas und epistropheus), welche eine die Beweglichkeit des Kopfes vermittelnde Form haben, untereinander dem Wesen nach gleich; namentlich sind sie alle durchbohrt und bilden so den Kanal, welcher das Rückenmark (s. d.) enthält. Die W. ist in ihrer knorpligen Grundlage (der sog. Wirbelsaite, chorda dorsalis) im Embryo früher als andere Knochen vorhanden, verknöchert jedoch später als viele andere. Angeborene Bildungsfehler, zu viel oder zu wenig Wirbel, Spaltung des Rückenmarks- ^[folgende Seite]