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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Woldenberg - Wolf (Christian, Freiherr von)

er sich mit der Prinzessin Sophie (geb. 7. Aug. 1834), ältesten Tochter des Markgrafen Wilhelm von Baden; doch blieb diese Ehe kinderlos. W. folgte 8. Dez. 1875 seinem Bruder Leopold in der Regierung und ließ sich sofort angelegen sein, den unter diesem ausgebrochenen Verfassungsstreit zu beseitigen, was ihm auch, nachdem er mit den Landständen ein neues Wahlgesetz für das Abgeordnetenhaus vereinbart hatte, gelang. Er starb 20. März 1895, worauf der von ihm testamentarisch zum Regenten des Landes bestellte Prinz Adolf von Schaumburg-Lippe die Regentschaft übernahm. (S. Lippe, Geschichte.)

Woldenberg, Stadt im Kreis Friedeberg in der Neumark des preuß. Reg.-Bez. Frankfurt, zwischen großen Seen und Wäldern, an der Linie Stargard-Posen der Preuß. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Landsberg a. d. W.) und Bezirkskommandos, hat (1895) 4667 E., darunter 65 Katholiken und 131 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, eine gotische evang. Kirche; Stärkefabrik, Bierbrauereien, Brennereien, Obstbau.

Woldenhorn, Dorf, s. Ahrensburg (Bd. 17).

Wolf (Canis lupus L.; hierzu die Tafel: Wolf), ein Raubtier aus der Familie der Hunde, gehört mit dem Haushunde zu derselben Gattung und unterscheidet sich von diesem hauptsächlich durch größere Magerkeit, Stärke des Halses und der Beine, spitzere Schnauze und herabhängenden Schwanz. An Größe übertrifft er einen großen Fleischerhund, ist von graugelber Farbe, hat an den Vorderbeinen schwarze Streifen, auch sind die Spitzen der Ohren schwarz. Ehedem über ganz Europa verbreitet, ist der W. in den kultivierten Ländern seit Jahrhunderten ausgerottet, findet sich jedoch noch in den Pyrenäen und Ardennen, zahlreicher in den Karpaten in Ungarn und der ganzen europ. Türkei, besonders aber in den unermeßlichen Waldungen Rußlands und Polens, wo er im Winter zu großen Scharen vereint einsame Gehöfte überfällt und überhaupt Menschen, besonders gern aber Schafe und andere Haustiere tötet. Aus Rußland und Polen kommen auch die einzeln versprengten W., welche zuweilen in den deutschen Grenzländern auftreten. Trotz großer Stärke und Blutgier ist der einzelne W. selten mutig; er geht meist bei Nacht auf Raub aus und meidet vorsichtig alles, was ihm gefahrdrohend erscheint. Daher sind Fallen, zumal bei seiner großen Fruchtbarkeit, wenig geeignet, ihn zu beschränken. Die besten Mittel zu seiner Ausrottung sind Lichtung der Wälder und häufige Treibjagden. Der Pelz ist grob, aber lang und wärmend. (S. Wolfsfelle.) Mit dem Hunde erzeugt der W. fruchtbare Bastarde. Eine schwarze Spielart giebt es in den Pyrenäen und im Orient; eine andere weiß, grau, schwarz und gefleckt vorkommende und dem nordischen Schäferhunde ähnliche, in Nordamerika. In Afrika hat man noch mehrere Arten meist kleiner W. unterschieden, die den Übergang zn den Schakalen darstellen. In den zoolog. Gärten und Tierbuden ist der W. eine der gewöhnlichsten Erscheinungen, hält sich mit rohem und gekochtem Fleisch gefüttert jahrelang und pflanzt sich auch regelmäßig fort. Tragzeit 9 Wochen, Wurf erfolgt Ende März, April, 2-6 Junge. Dieselben sind etwa 3 Wochen blind, gedeihen aber schnell und sind mit 3 Monaten selbständig und verkäuflich. Für junge W. erzielt man 25-50 M., für alte 80-100 M.

Wolf, Vorbereitungsmaschine der Spinnerei, kommt als Klopfwolf und Reißwolf oder Öffner vor (s. Baumwollspinnerei). In der Wollspinnerei (s. d.) wird auch ein Krempelwolf und ein Klettenwolf angewendet. W. als Teil des Daches, s. First.

Wolf, Wundsein der Haut, s. Hautwolf, Erythem und After; fressender W., s. Lupus.

Wolf, Wolshaupt,s. Acht.

Wolf, Sternbild, s. Sternkarte des südlichen Himmels, beim Artikel Sternkarten.

Wolf, Adam, österr. Geschichtschreiber, geb. 12. Juli 1822 in Eger, studierte in Prag und Wien Jura und Philosophie und wurde 1850 Docent der Geschichte an der Universität Wien, 1852 Professor in Pest, 1856 Erzieher der Töchter des Erzherzoge Albrecht und 1865 Professor an der Universität Graz. Er war seit 1870 korrespondierendes, seit 1873 wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und starb 25. Okt. 1883 in Graz. Außer vielen Abhandlungen in den Schriften der Wiener Akademie veröffentlichte W. die auf gründlichen Studien beruhenden Werke: "Österreich unter Maria Theresia" (Wien 1855), "Aus dem Hofleben Maria Theresias" (2. Aufl., ebd. 1859), "Marie Christine, Erzherzogin von Österreich" (2 Bde., ebd. 1863), "Kaiser Franz I." (ebd. 1866), "Fürst Wenzel Lobkowitz" (ebd. 1869), "Graf Karl Chotek" (Prag 1869), "L. Geizkofler und seine Selbstbiographie" (Wien 1873), "Fürstin Liechtenstein" (ebd. 1875), "Geschichtliche Bilder aus Österreich" (2 Bde., ebd. 1878-80), "Österreich unter Maria Theresia, Joseph II. und Leopold II." (Berl. 1882) und gab den Briefwechsel zwischen "Leopold II. und Marie Christine" (Wien 1867) heraus.

Wolf, Christian, Freiherr von, häufiger Wolff geschrieben, Philosoph, geb. 24. Jan. 1679 zu Breslau, ging 1699 nach Jena, um Theologie zu studieren, beschäftigte sich jedoch vorwiegend mit Mathematik und Philosophie. Vorzüglich studierte er Cartesius' und Tschirnhausens Schriften, zu dessen "Medicina mentis" er Erläuterungen schrieb, wodurch er mit Leibniz in Verbindung kam. 1703 habilitierte er sich in Leipzig durch die Disputation "De philosophia practica universali, methodo mathematica conscripta" und hielt nun sehr besuchte mathem. und philos. Vorlesungen. Als der Einfall Karls XII. in Sachsen 1706 ihn von Leipzig vertrieb, erhielt er auf Leibniz' Empfehlung 1707 den Ruf als Professor der Mathematik und Naturlehre an die Universität zu Halle. Hier erwarb er sich durch seine systematische Lehrmethode sowie durch mehrere mathem. Schriften großen Ruhm. Er sprach nach dem Vorgange des Thomasius (s. d.) meist deutsch und zeichnete sich durch logische Schärfe und Bestimmtheit des Vortrags aus. Wegen seiner Rede "De philosophia Sinensium morali" wurde W. durch eine Kabinettsorder Friedrich Wilhelms I. vom 15. Nov. 1723 seiner Stelle entsetzt und ihm unter Androhung des Strangs befohlen, Halle in 24 Stunden und in 2 Tagen die preuß. Staaten zu verlassen. Er that dies 23. Nov., fand in Cassel günstige Aufnahme und bei der Universität zu Marburg eine Anstellung. Der Streit über sein philos. Svstem wurde nun allgemeiner, und fast ganz Deutschland nahm Partei für oder wider ihn. Aus dem Auslande erhielt er viele Ehrenbezeigungen und vorteilhafte Anträge, die er aber ablehnte. Der Prozeß wider seine Philosophie war unterdessen durch eine in Berlin niedergesetzte Kommission zu seiner völligen Genugthuung entschieden worden, und 1740, als Friedrich II. den