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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Wolframbleierz; Wolframbronzen; Wolframit

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Wolframbleierz - Wolframit

Thüringen; hier traf er auch mit Walther von der Vogelweide freundschaftlich zusammen. Aus Andeutungen seiner Werke hat man mit Recht geschlossen, daß er in glücklicher, nicht kinderloser Ehe gelebt habe. Seinen Gönner, den Landgrafen Hermann (gest. April 1217), scheint er nicht lange überlebt zu haben. - W. war der letzte ungebildete große Dichter der Weltlitteratur; er konnte nach seiner vielleicht übertreibenden Aussage weder lesen noch schreiben; doch wurde ihm durch Vorlesen und Übersetzen eine nicht geringe Menge deutscher, franz. und auch lat. Litteratur zugänglich, die er im Gedächtnis festhielt. Außer acht Liedern, meist sog. Tageliedern, Balladen von leidenschaftlicher Glut, hat er nur Epen gedichtet. Das älteste und bedeutendste ist der Parzival (s. d.), zwischen 1200 und 1210 gedichtet und stückweise (zuerst 6 von 16 Büchern) veröffentlicht. In ihm verbindet sich die Sage vom heil. Gral (s. d.), der bei W. der Inbegriff alles Menschenglücks ist, mit einem kelt. Märchen vom glücklichen, schönen und guten Dümmling (Naiven), der schließlich das Glück erwirbt, und mit den Sagen von Artus' Tafelrunde. W. beruft sich auf ein franz. Gedicht des Provençalen Kyot; aber sein Bericht ist so widerspruchsvoll und abenteuerlich, daß es mehr als wahrscheinlich ist, er habe diesen Kyot nur erfunden. (Vgl. Zarncke in den "Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und Litteratur", Bd. 3, Halle 1876.) Dagegen benutzte er sicher den unvollendeten "Perceval" des Chrétien de Troyes; aber er gestaltete ihn mit selbständiger Künstlerhand um und fügte eine Einleitung in zwei Büchern hinzu, die Parzival an das Geschlecht von Anjou anknüpft (vielleicht ein Kompliment für Otto IV., der mütterlicherseits mit den Anjous verwandt war), sowie einen Schluß von vier Büchern, der den christl. Gralsritter Parzival mit dem Weltkinde Gawan, dann mit seinem Halbbruder, dem Heiden Feirefiz, kämpfen, endlich die Gralskrone erwerben läßt und die Sage von Lohengrin (s. d.) anschließt. Ein Vergleich mit Chrétiens flachem Abenteuerroman (vgl. Kupp in der "Zeitschrift für deutsche Philologie", Bd. 17) lehrt, wieviel höher W.s eminent symbolische Dichtung steht. Aus dem bunten, liebenswürdigen, aber äußerlichen weltlichen Rittertum, dessen Hauptvertreter Gawan ist, hebt sich Parzivals Gestalt bedeutend hervor, der sich aus naiver Kindlichkeit durch Glück und Pein, ja durch den Zweifel an Gott selbst dank seiner staete (Beharrlichkeit des Charakters) zum Ziele durcharbeitet; der Sieg der reinen Menschlichkeit über den Unterschied von Religionen und Rassen, der Sieg des Herzens, des Mitgefühls über gesellschaftliche Konvention, das Lob treuer Ehe sind Themata, die W. allein schon damals so warm verficht: und das alles ist mit einer kühnen Sprachgewalt, einem bald liebenswürdigen, bald grotesken Humor, einem Reichtum lebendigster Anschauung, einer Macht der Charakteristik so interessant und packend dargestellt, daß man dem genialen Manne übermütige Geschmacklosigkeiten gern verzeiht.

Eine Episode desselben Stoffs, die Liebe Schionatulanders und der Sigune, behandelt der sog. "Titurel" in zwei Liedern, deren künstliche Strophenform, die Titurelstrophe, aber nur dem Glanz der lyrischen Partien günstig war; sie erfuhren 50-60 Jahre später im "Jüngern Titurel" eine ungeheure, gelehrte Fortsetzung, die unter W.s Namen viel Bewunderung und Nachahmung fand. Auch sein drittes Epos, der unvollendete "Willehalm" (vgl. San-Marte, Über Wolframs Rittergedicht Wilhelm von Orange, Quedlinb. 1871), der die Kämpfe des heil. Wilhelm von Orange gegen die Heiden und episodisch die Schicksale seines Schwagers, des kindlichen, aber ungeschlachten Naturburschen Rennewart, in freiem Anschluß an die franz. chanson "La bataille d'Alichanz" (hg. von Rolin, Lpz. 1894) erzählt, wurde später durch Ulrich von Türheim und Ulrich von dem Türlin fortgesetzt; auch an diesem Stoffe fesselte W. die menschliche Lösung des Gegensatzes von Christen und Heiden.

W.s originelle gedankenschwere Dichtung wurde von Gottfried von Straßburg im "Tristan" als seltsam und dunkel verspottet. Aber die Nachwelt urteilte alsbald anders: "Laienmund nie baß gesprach", sagt schon sein Zeitgenosse Wirnt von Grafenberg, und im Wartburgkrieg ist W. das Urbild ungelehrter Gottesweisheit im Gegensatz zu dem Zauberer Klinschor und dem Teufel selbst.

Eine meisterhafte Ausgabe der Werke veranstaltete Lachmann (Berl. 1833; 5. Ausg. 1891); eine Auswahl gab Piper (in Kürschners "Deutscher Nationallitteratur", Stuttg. 1891 fg.), den "Parzival" und "Titurel" Bartsch mit Anmerkungen heraus (3 Bde., 2. Aufl., Lpz. 1875-77). Den "Parzival" übersetzten Simrock (Stuttg. 1842; 6. Aufl. 1883), San-Marte (2 Bde., 3. Aufl., Halle 1886), Pannier (in Reclams "Universalbibliothek") und auszugsweise Bötticher (2. Aufl., Berl. 1893), französisch Grandmont; den "Willehalm" San-Marte (Halle 1873). - Vgl. G. Bötticher, Die Wolframlitteratur seit Lachmann (Berl. 1880); San-Marte, Leben und Dichten W.s von Eschenbach (2 Bde., Magdeb. 1836-41); Kant, Scherz und Humor in W.s Dichtungen (Heilbr. 1878); Bötticher, Das Hohelied vom Rittertum (Berl. 1886); Sattler, Die religiösen Anschauungen W.s von Eschenbach (Graz 1895); Panzer, Bibliographie zu W. von Eschenbach (Münch. 1897). Richard Wagners Bühnenweihfestspiel "Parsifal" veranlaßte eine umfängliche Litteratur, die meist auch W.s Gedicht in Betracht zog.

Wolframbleierz, Scheelbleierz oder Stolzit, ein zwar seltenes, aber durch seine Isomorphie mit Gelbbleierz und Scheelit sowie durch seine pyramidale Hemiëdrie interessantes Mineral; seine tetragonalen Krystalle sind meist sehr spitz pyramidal, fast spindelförmig, bisweilen knospenähnlich und kugelig gruppiert, von grauer, brauner, auch grüner und roter Farbe und Fettglanz. Die Härte ist 3, das spec. Gewicht etwa 8. Die chem. Analyse ergiebt neutrales wolframsaures Blei, PbWO<sub>4</sub>. Es findet sich mit Quarz, Glimmer und Wolframit zu Zinnwald in Sachsen, auch zu Coquimbo in Chile und zu Southampton in Massachusetts.

Wolframbronzen, das wolframsaure Wolframoxydnatrium und wolframsaure Wolframoxydkalium, s. Wolfram.

Wolframit, Wolfram oder Scheel, das wichtigste Erz zur Darstellung des metallischen Wolframs, krystallisiert in monoklinen, teils kurz säulenförmigen, teils breit tafelförmigen Individuen, auch in Zwillingskrystallen nach mehrern Gesetzen; daneben finden sich derbe, stenglige, schalige und großkörnige Aggregate. Die Härte beträgt 5 bis 5,5, das spec. Gewicht 7,14 bis 7,54. Das Mineral ist bräunlichschwarz, von metallartigem Diamantglanz auf den (klinopinakoidalen) Spaltungsflächen, gewöhnlich undurchsichtig. Chemisch sind die W. isomorphe Mischungen von wolfram-^[folgende Seite]