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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zelle (Robert) - Zellensystem (bei Schiffen)

zen sich fort; sie bewegen sich und reagieren auf äußere Reize. Diese Verrichtungen beruhen auf der Thätigkeit des organischen Substrates, des Eiweißes oder Protoplasmas; in ihm spielen sich alle Lebensprozesse ab. In gleicher Weise wie diese isoliert lebenden, verhalten sich die Z. im Körper der mehrzelligen Tiere; die Lebensthätigkeit und die physiol. Leistungen dieser letztern sind die Summe aus den Einzelleistungen der Z. Das heißt aber nun nicht, daß etwa jede Z. an allen Leistungen Anteil hat; es haben sich vielmehr, und zwar je höher der Organismus entwickelt ist, in um so ausgesprochenerm Maße, infolge des Princips der Arbeitsteilung, je eine Anzahl von Z. bald dieser, bald jener Leistung vorzugsweise gewidmet und damit zugleich auch eine für Besorgung der betreffenden Funktion möglichst günstige Beschaffenheit angenommen. Es kommen auf diese Weise die abweichenden Gestaltungen der tierischen Z. (z. B. Muskelzellen, Nervenzellen) zu stande; dadurch, daß weiterhin eine Anzahl gleich geformter und gleich funktionierender Z. zu größern Komplexen sich vereinigen, entstehen dann Einheiten höherer Ordnung, die sog. Gewebe (s. d.). Wie sich im Laufe der Zeiten die höhern Tiere aus den niedern einzelligen entwickelt haben, so bildet die einzelne Z. auch im Leben jedes Einzelwesens den Ausgangspunkt, die Eizelle. Aus ihr entstehen infolge des sog. Furchungsprozesses erst 2, dann 4, 8 u. s. w. Z., die in gegenseitiger Verbindung bleiben und sich später in niedrere, mehr oder minder scharf voneinander gesonderte Lagen, die sog. Keimblätter (s. Embryo), gruppieren, aus denen schließlich infolge weiterer Differenzierungen die Gewebe und Organe des Tierkörpers ihren Ursprung nehmen. Neuere Untersuchungen haben mit Sicherheit dargethan, daß nicht morphologische, sondern vorzugsweise chemische Eigenschaften es sind, welche das Wesen der Z. bedingen. Über die chem. Zusammensetzung des Protoplasmas herrscht noch fast völliges Dunkel, Nägeli hat dafür die empirische Formel C72H106N48SO22 aufgestellt. Über die Molekularstruktur hat Nägeli die sog. Micellarhypothese aufgestellt ("Mechan.-physiol. Theorie der Abstammungslehre", Münch. und Lpz. 1884). Über die feinere Struktur des Protoplasmas existieren verschiedene Hypothesen, von denen die bekanntesten die von Leydig u. a. aufgestellte Gerüsttheorie ("Z. und Gewebe", Bonn 1885), die von Bütschli ("Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma", Lpz. 1892) aufgestellte Wabentheorie und endlich die von Altmann ("Die Elementarorganismen und ihre Beziehungen zu den Z.", Lpz. 1890) verfochtene Granulatheorie sind. An dem Kerne unterschied man früher außer der vorhandenen oder fehlenden Membran ein mit Farbstoffen stark sich imprägnierendes Gerüstwerk, das Kerngerüst, dessen Maschen von einer hellern, flüssigern Substanz, dem Kernsafte, erfüllt sind und an einer Stelle ein oder mehrere stark färbbare Körperchen, die Kernkörperchen (nucleoli), einschließen. Neuerdings hat man in diesen Kernbestandteilen verschiedene chem. Substanzen erkannt; so besteht das Kerngerüst in der Hauptsache aus Brocken und Körnern von sog. Nucleïn (früher Chromatin genannt), die einem feinen, aus Linin bestehenden Fadenwerk aufgelagert sind. Die Substanz der Kernkörper ist von der des Kerngerüstes verschieden und wird als Paranucleïn oder Pyrenin bezeichnet. Die Kernmembran endlich soll aus Amphipyrenin bestehen. In jüngster Zeit hat man schließlich neben dem Kern in manchen Zellen noch ein außerordentlich kleines, nur mit den stärksten optischen Systemen wahrnehmbares Körperchen, das Centrosoma (Pol- oder Centralkörperchen), nachgewiesen. Über die Natur desselben ist noch vieles dunkel, indessen scheint ihm besonders bei der Vermehrung der Z. eine bedeutsame Rolle zuzukommen. Es teilt sich dabei in zwei Teile, die auseinander weichen und das Protoplasma strahlig um sich gruppieren (Strahlenfigur, Polstrahlung). Das Nucleïn des Kernes ordnet sich zu einem einzigen, stark aufgeknäuelten Faden (Fadenknäuel); später zerfällt der Faden in einzelne Schleifen, die sich zwischen den beiden Polkörperchen anordnen (Kernplatte), sich der Länge nach teilen und nun nach den Polen auseinander weichen. Damit ist die Nucleïnmasse des Kernes halbiert; es erfolgt nunmehr die Auflösung der Schleifen und Bildung eines neuen Kerngerüstes (ruhender Kern) und dabei die Teilung des Zellkörpers. Neben dieser komplizierten, sog. indirekten, unter Bildung mitotischer oder karyokinetischer Figuren (Kernfiguren) stattfindenden Kernteilung (der Kernsegmentierung) existiert bei einzelnen Zellenarten eine sog. direkte Kernteilung oder Kernfragmentierung (Leukocyten u. a.), bei welcher bis jetzt keine Figuren nachgewiesen werden konnten. - Vgl. außer den citierten Abhandlungen besonders O. Hertwig, Die Z. und die Gewebe (Jena 1892); Carnoy und Gilson, La cellule, Bd. 1-13 (Par. 1885-97); Wilson, The cell in development and inheritance (Lond. 1897).

Zelle, Robert, Oberbürgermeister von Berlin, geb. 19. Sept. 1829 in Berlin, studierte daselbst und in Bonn die Rechtswissenschaft, trat 1851 in den preuß. Staatsdienst, wurde 1861 zum Magistratsmitgliede (Stadtrat) in Berlin, dann zum Stadtsyndikus, 1891 zum Bürgermeister, 1892 zum Oberbürgermeister gewählt. Er war seit 1873 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, wo er der freisinnigen Partei angehörte, und wurde nach seiner Erwählung zum Oberbürgermeister Mitglied des Herrenhauses. Z. veröffentlichte: "Handbuch des geltenden öffentlichen und Privatrechts für das Gebiet des preuß. Landrechts" (3. Aufl., Berl. 1895) und "Die Städteordnung, von 1853 in ihrer heutigen Gestalt" (3. Aufl., ebd. 1890).

Zellengefängnis, ein nach dem Pennsylvanischen System (s, Gefängniswesen) erbautes Gefängnis. (S. Einzelhaft.)

Zellenräder, Wasserräder (s. d.) mit Zellen (s. auch Schöpfrad).

Zellenschalter, Hilfsapparat bei elektrischen Leitungsanlagen mit Sammler-(Accumulatoren-)Betrieb, dient zur Regulierung der Spannung einer Sammlerbatterie. Diese Spannung erfährt bei der fortschreitenden Entladung der Zellen während des Betriebes eine Abnahme; durch Zuschaltung neuer Zellen vermittelst des Z. wird der Spannungsverlust wieder ausgeglichen. Der Z. kann durch eine Kurbel gehandhabt werden; bei größern Betriebsanlagen wirkt der Z. selbstthätig.

Zellenschmelz, s. Email.

Zellensystem, bei eisernen und stählernen Schiffen Bezeichnung für die Einteilung des Schiffskörpers in wasserdichte Räume. Durch ein richtig entworfenes Z. müssen diese Schiffe bei größern Beschädigungen ihrer Außenhaut noch schwimmfähig bleiben. Bestimmte Vorschriften über die Ausdeh-^[folgende Seite]