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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zinnoxydul – Zinsen

Es wird erhalten, wenn metallisches Zinn mit Natriumhydrat unter Zusatz von Oxydationsmitteln, Braunstein, Salpeter, bis zur erfolgten Lösung des Zinns erhitzt und der Rückstand in heißem Wasser aufgenommen und zur Krystalisation gebracht wird. Es findet Verwendung in der Färberei und im Zeugdruck.

Zinnoxydūl, Stannooxyd, SnO, entsteht als schwarzes, schweres Pulver, wenn geschmolzenes Zinnchlorür in seinem Krystallwasser in Berührung mit einem Stück metallischen Zinn mit seiner äquivalenten Menge krystallisierter Soda unter Umrühren erwärmt wird, bis der zuerst entstehende weiße Niederschlag von Zinnoxydulhydrat, Sn(OH)₂, rein schwarz geworden ist. Nach dem Waschen mit heißem Wasser ist der Niederschlag bei mäßiger Wärme zu trocknen. Das Z. findet Verwendung in der Fabrikation der feinern Emaillen.

Zinnpausche, s. Zinn.

Zinnröhren, Röhren (s. d.), die entweder aus gegossenen, dickwandigen Zinncylindern auf der Ziehbank gezogen, oder in Röhrenpressen in derselben Weise wie die Bleiröhren gepreßt werden. Näheres über diese Verfahren s. Bleiröhren.

Zinnsalz, s. Zinnchlorür.

Zinnsand, s. Zinn.

Zinnsäuren, s. Zinnoxyd.

Zinnsoldaten, vielfach fälschlich Bleisoldaten genannt, Nachbildungen von Soldaten in Zinn, die als Spielwaren in großen Mengen, besonders in Nürnberg und Fürth, gefertigt werden. Die Soldaten aller Waffengattungen der europ. und außereurop. Heere dienen den Z. als Vorbild. Selbst Künstler, wie Heideloff, Camphausen, Burger, Ritter, Wanderer u. a. haben Entwürfe hierfür geliefert. Früher meist flach gehalten, werden die Z. neuerdings öfter plastisch ausgeführt. Der Ursprung der Z. läßt sich bis in die röm. Zeit zurück verfolgen; der Hauptaufschwung dieses Industriezweiges datiert aber erst aus der Zeit des Siebenjährigen Krieges.

Zinnsolution, s. Zinnchlorid.

Zinnstein, Zinnerz oder Kassiterit, das einzige Mineral, aus dem das metallische Zinn im großen dargestellt wird, und deshalb von bedeutender Wichtigkeit. Es krystallisiert tetragonal, isomorph mit Rutil und Zirkon, teils in kurz säulenförmigen, teils in pyramidalen Gestalten (s. Fig. 1); doch gehören einfache Individuen zu den Seltenheiten, indem die meisten Krystalle Zwillinge nach der Deuteropyramide sind, wobei die Hauptachsen der beiden Individuen eine Neigung von 112° 10′ besitzen (Fig. 2, die Visiergraupen, s. Graupen). Die durch steile ditetragonale Pyramiden charakterisierten spitzen Formen heißen in Cornwall Needletin (Nadelzinn). Der Z. bildet auch fest verwachsene körnige Aggregate, selten kleine zartfaserige Massen mit konzentrischer Farbenzeichnung (Holzzinn). Die Härte beträgt 6 bis 7, das spec. Gewicht 6,8 bis 7. Der Z. ist an sich farblos, aber meist gefärbt in gelblichen und bräunlichen Tönen bis ins Pechschwarze, diamantglänzend oder fettglänzend, durchscheinend bis undurchsichtig. Chemisch besteht er aus Zinnoxyd oder Zinnsäure, SnO₂, mit 78,62 Proz. Zinn und 21,38 Sauerstoff. Das Vorkommen des Z. ist an die alten granitischen Gesteine gebunden, in denen er entweder einzeln eingewachsen ist oder besondere Lagerstätten bildet (Zinnstockwerke), so bei Geyer, Ehrenfriedersdorf, Altenberg und Zinnwald in Sachsen, Graupen und Schlaggenwald in Böhmen, in der Bretagne, in Cornwall und Devonshire, Galicia, auf Malaka, den ostind. Inseln Banka und Billiton; viel Z. wird an den letztern Orten sowie in Australien aus Seifenlagern gewonnen. – Vgl. Reyer, Zinn (Berl. 1881).

^[Fig. 1]

^[Fig. 2]

Zinnsulfīde. a. Einfach-Schwefelzinn, Zinnsulfür, SnS, entsteht als brauner Niederschlag beim Einleiten von Schwefelwasserstoff in Lösungen von Zinnoxydulsalzen oder von Zinnchlorür. b. Zweifach-Schwefelzinn, Zinnsulfid, SnS₂, bildet einen gelben Niederschlag, wenn Schwefelwasserstoff in Lösungen von Zinnoxydsalzen oder von Zinnchlorid geleitet wird. Die Z. sind in verdünnter Salzsäure unlöslich, lösen sich aber in konzentrierter Salzsäure wie auch in gelbem Schwefelammonium. Das Musivgold (s. d.) ist ebenfalls Zinnsulfid. Man erhält es in dieser Form bei gelindem Erhitzen von gleichen Teilen gepulvertem Zinn, Schwefel und Salmiak, oder von 12 Teilen Zinn, 6 Teilen Quecksilber, 7 Teilen Schwefel, 6 Teilen Salmiak. Es bildet, wenn die Temperatur richtig reguliert war, goldglänzende weiche Blättchen.

Zinnwaldīt, Mineral, s. Glimmer.

Zinnzwitter, s. Zinn.

Zins bezeichnet außer dem Kapitalzins, wofür man gewöhnlich die Mehrzahl Zinsen (s. d.) gebraucht, auch den Miet- und Pachtzins, auch den Kanon, welchen der Erbpächter (s. Erbpacht) und der Erbenzinsmann (s. Erbzins) zu zahlen hat. (S. Reallasten.)

Zinsbogen, s. Coupons und Staatspapiere.

Zinsen oder Interessen (lat. foenus), die in Geld gewährte Vergütung für die Nutzung eines aus Geld bestehenden oder in Geldwert ausgedrückten Kapitals. Da der Gläubiger für die Zeit, während der er das betreffende Kapital nicht in Händen hat, die Möglichkeit verliert, es zu seinem Vorteil anderweitig produktiv zu verwenden, so erscheint die Zahlung von Z. seitens des Schuldners als Entbehrungslohn durchaus billig und gerechtfertigt. Wenn früher, besonders nach der Auffassung des kanonischen Rechts im Mittelalter, alles Zinsnehmen als Wucher (s. d.) betrachtet wurde, so erklärt sich dies daraus, daß unter den damaligen Verhältnissen der produktive Charakter des Geldkapitals noch nicht augenfällig zu Tage lag. Die Höhe der Z. wird durch den Zinsfuß ausgedrückt, der angiebt, wie viel von einem Kapital = 100 in einem Jahr an Z. zu zahlen ist. Man unterscheidet den Anlagezinsfuß (bei Kapitaldarlehen auf längere Zeiträume), insbesondere den hypothekarischen Zinsfuß und den Handels- oder Bankzinsfuß, der bei dem in Handels-, besonders Bankgeschäften üblichen kurzfristigen Kredit maßgebend ist. Besondere Arten des letztern sind Lomdardzinsfuß (s. Lombard und Lombardgeschäft) für kurzfristige, durch Faustpfand gewährleistete Darlehen, Wechselzinsfuß oder