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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Zwangsversteigerung; Zwangsverwaltung; Zwangsvollstreckung

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Zwangsversteigerung – Zwangsvollstreckung

Schlußverteilung abgeschlossen werden. Den Vorschlag hierzu kann der Gemeinschuldner schon früher machen. Unzulässig ist ein Z., solange der Gemeinschuldner flüchtig ist oder die Ableistung des Offenbarungseides verweigert, und sofern derselbe wegen betrüglichen Bankrotts rechtskräftig verurteilt worden oder deshalb noch ein Hauptverfahren anhängig ist. Der Vorschlag des Gemeinschuldners kann, wenn ein solcher schon früher gemacht, aber abgelehnt oder verworfen oder vom Gemeinschuldner wieder zurückgezogen worden ist, vom Gericht auf Antrag des Verwalters oder Gläubigerausschusses zurückgewiesen werden. Andernfalls ist derselbe zur Einsicht der Beteiligten auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen und wird im Vergleichstermin darüber verhandelt. Zur Annahme des Z. ist erforderlich, daß die Mehrzahl der anwesenden stimmberechtigten Gläubiger dem Vorschlag zustimmt und daß die Gesamtsumme der zustimmenden Gläubiger mindestens drei Vierteile der das Stimmrecht gewährenden Forderungen beträgt. In Ansehung des Inhalts desselben schreibt die Deutsche Konkursordnung vor, daß der Z. allen daran beteiligten Konkursgläubigern gleiche Rechte gewähren muß und eine ungleiche Bestimmung der Rechte nur mit ausdrücklicher Einwilligung der zurückgesetzten Gläubiger zulässig ist. Wird diesen Vorschriften nicht entsprochen, so muß der Z. verworfen werden. Auch ist jedes andere Abkommen des Gemeinschuldners oder anderer Personen, durch welches einzelne Gläubiger bevorzugt werden sollen, nichtig. Der angenommene Z. bedarf noch der Genehmigung durch das Konkursgericht, das nach Anhörung der Gläubiger, des Verwalters und des Gläubigerausschusses zu entscheiden hat. Die Bestätigung muß versagt werden, wenn das Verfahren an unheilbaren Mängeln leidet oder ein Fall der Unzulässigkeit des Z. (s. oben) nachträglich eingetreten ist. Außerdem ist derselbe auf Antrag eines Konkursgläubigers zu verwerfen, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Z. in unlauterer Weise, insbesondere durch Begünstigung eines Gläubigers zu stande gebracht wurde, oder daß derselbe dem gemeinsamen Interesse der nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger widerspricht. Sobald der Z. rechtskräftig bestätigt ist, beschließt das Gericht die Aufhebung des Konkursverfahrens (s. d.). Der Verwalter hat die unbestrittenen Masseansprüche und bevorrechtigten Konkursforderungen zu befriedigen, die bestrittenen Forderungen dieser Art aber sicherzustellen. Der Gemeinschuldner erhält, soweit der Z. nicht ein anderes bestimmt, das Recht zurück, über die Konkursmasse frei zu verfügen. Aus dem rechtskräftig bestätigten Z. findet zu Gunsten derjenigen (nicht bevorrechtigten) Konkursgläubiger, deren Forderungen im Konkursverfahren festgestellt und vom Gemeinschuldner nicht ausdrücklich bestritten worden sind, die Zwangsvollstreckung statt. (S. Konkursverfahren und Prüfungsverfahren.) Diese Zwangsvollstreckung richtet sich auch gegen dritte Personen, welche in dem Z. für dessen Erfüllung, ohne sich die Einrede der Vorausklage vorbehalten zu haben, Verpflichtungen übernommen haben. Eine Klage auf Aufhebung des Z. wegen Nichterfüllungen desselben findet nicht statt. Aber wenn derselbe durch Betrug zu stande gebracht worden ist, kann jeder Gläubiger den vergleichsmäßigen Erlaß seiner Forderung, unbeschadet der ihm durch den Z. gewährten Rechte, anfechten. Außerdem hebt die rechtskräftige Verurteilung des Gemeinschuldners wegen betrüglichen Bankrotts für alle Gläubiger den bewilligten Erlaß in derselben Weise auf. Im letztern Falle wird, wenn genügende Masse vorhanden ist, das Konkursverfahren auf Antrag eines Konkursgläubigers wieder aufgenommen. (S. Wiederaufnahme [des Konkursverfahrens].)

Die Österr. Konkursordnung hat den Z., der dort Zwangsausgleich genannt wird, in Ansehung des kaufmännischen Konkurses in ähnlicher Weise geregelt, wie es in der Deutschen Konkursordnung geschehen ist. (Vgl. §§. 207‒253.) Für den gewöhnlichen Konkurs besteht die Einrichtung nicht.

Zwangsversteigerung, s. Auktion.

Zwangsverwaltung, s. Sequestration.

Zwangsvollstreckung, Hilfsvollstreckung, Exekution, im Prozeß die unter Autorität und durch Organe des Staates erfolgende zwangsweise Realisierung des Rechtsspruchs. Die Deutsche Civilprozeßordnung (Buch 8) hat dieselbe nur im Rahmen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (s. d.) geregelt, jedoch unter Aufrechthaltung der landesgesetzlichen Vorschriften über Z. wegen Geldforderungen gegen Fiskus, Gemeinden, andere Kommunalverbände und Korporationen, deren Vermögen von Staatsbehörden verwaltet wird (Einführungsgesetz §. 15, Nr. 4). Mit 1. Jan. 1900 erleiden die Vorschriften der Civilprozeßordnung über Z. durch ein Gesetz betreffend Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung und Konkursordnung Änderungen. Im Strafprozeß hat die Deutsche Strafprozeßordnung (§. 495) auf die Vollstreckung einer Vermögensstrafe oder Buße die Z. im Civilprozeß für anwendbar erklärt. Wegen der sonstigen Vollstreckung s. Strafvollzug. Für Österreich regelt die Z. die Exekutionsordnung vom 27. Mai 1896. Die Regelung der administrativen (Verwaltungs-) Z. steht der Landesgesetzgebung zu. (S. Verwaltungszwang.)

Die Z. erfordert allemal einen Vollstreckungstitel (Schuldtitel). Den Haupttitel bilden rechtskräftige oder für vorläufig vollstreckbar erklärte Endurteile, soweit sie überhaupt eine Vollstreckung zulassen, d. h. zu einer Leistung verurteilen. Zeugnisse über die Rechtskraft werden vom Gerichtsschreiber der ersten oder der anhängigen höhern Instanz erteilt. Die vorläufige Vollstreckbarkeit bedeutet eine solche vor Eintritt der Rechtskraft, ist also eine bedingte und wird vom Gläubiger nur auf seine Gefahr zur Ausführung gebracht. Sie ist ohne Antrag bei gewissen Urteilen (namentlich bei Anerkenntnis-, Läuterungsurteilen, zweiten und fernern Versäumnisurteilen, im Urkunden- und Wechselprozeß, bei Arresten und einstweiligen Verfügungen, bei laufenden Alimenten), auf Antrag regelmäßig in amtsgerichtlichen Prozessen, sonst bei Vermögensansprüchen allgemein, sofern der Geldwert der Verurteilung 300 M. nicht übersteigt, außerdem aber dann auszusprechen, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, daß die Aussetzung der Vollstreckung ihm einen schwer ersetzbaren oder schwer ermittelbaren Nachteil bringen würde, oder wenn er sich zur Sicherheitsleistung vor der Vollstreckung erbietet. Andererseits sind dem Schuldner gewisse Schutzrechte eingeräumt, indem er bei Glaubhaftmachung, daß die Vollstreckung ihm einen nicht ersetzbaren Nachteil bringen würde, von vornherein den Ausspruch der Vollstreckbarkeit abwenden, überdies deren Abhängigmachung von Sicherheitsleistung des Gläubigers oder die Vergünstigung, durch