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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zwangsvollstreckung

Sicherheitsleistung seinerseits die Vollstreckung abzuwenden, erwirken kann. Aus Urteilen ausländischer Gerichte findet die Z. im Inlande nur statt, wenn ihre Zulässigkeit durch ein sog. Vollstreckungsurteil eines zuständigen deutschen Gerichts ausgesprochen ist, bei welcher Entscheidung die Gesetzmäßigkeit des ausländischen Urteils außer Prüfung bleibt. Außer den Urteilen hat die Deutsche Civilprozeßordnung noch gewisse andere Schuldtitel zugelassen, gerichtliche Prozeßvergleiche, wie Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Vollstreckungsbefehle im Mahnverfahren (s. d.), endlich Urkunden, die vor einem deutschen Gericht oder Notar über Ansprüche auf Zahlung einer Geldsumme oder Leistung einer Quantität anderer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere errichtet sind und in denen der Schuldner sich der sofortigen Z. unterworfen hat (sog. vollstreckbare Urkunden). Übrigens ist es den Landesgesetzgebungen nicht versagt, die Z. aus noch andern Schuldtiteln zuzulassen.

Die Z. erfolgt regelmäßig ohne Mitwirkung des Gerichts durch selbständige Vollstreckungsbeamte (Gerichtsvollzieher, s. d.), wenn ihnen eine vom Gerichtsschreiber ausgestellte und mit dem Gerichtssiegel versehene vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels ausgehändigt ist (Civilprozeßordn. §§. 662, 663). Bei notariellen Urkunden erteilt der Notar die vollstreckbare Ausfertigung (§. 705). Der Auftrag zur Z. an den Gerichtsvollzieher erfolgt durch die Parteien und kann formlos geschehen. In demselben liegt die Ermächtigung, Leistungen in Empfang zu nehmen, darüber zu quittieren und dem Schuldner nach Erfüllung den Schuldtitel auszuliefern. Der Besitz des letztern legitimiert den Gerichtsvollzieher zur Vornahme der Z. Schuldner und Dritten gegenüber. Gegen diese Personen kann der Gläubiger auch einen Mangel oder eine Beschränkung des Auftrags nicht geltend machen. Der Gerichtsvollzieher hat nach empfangener Leistung dem Schuldner den Schuldtitel nebst Quittung auszuhändigen, bei teilweiser Leistung diese auf dem Schuldtitel abzuschreiben und dem Schuldner Teilquittung zu erteilen. Er ist befugt, soweit nötig, Wohnung und Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen und zu diesem Zwecke Gewalt anzuwenden, auch polizeiliche oder militär. Hilfe zu requirieren. Zur Nachtzeit, an Sonn- und allgemeinen Feiertagen darf eine Z. nur mit schriftlicher Erlaubnis des zuständigen Amtsrichters erfolgen. Über jede Vollstreckungshandlung hat der Gerichtsvollzieher ein Protokoll aufzunehmen, welches enthalten muß Ort, Zeit, Gegenstand und die wesentlichen Vorgänge der Vollstreckungshandlung, die Namen derer, mit denen verhandelt ist, die Genehmigung und Vollziehung seitens derselben, sowie die Unterschrift des Gerichtsvollziehers selbst. Aufforderungen und Mitteilungen, welche zur Vollstreckung gehören, sind von dem Beamten thunlichst mündlich zu erlassen und dann ins Protokoll aufzunehmen. Für die Anordnung von Vollstreckungshandlungen und die Mitwirkung bei solchen, soweit dieselbe den Gerichten zugewiesen, ist regelmäßig das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Z. stattfinden soll oder stattgefunden hat, als Vollstreckungsgericht zuständig. Dasselbe entscheidet über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Z. und das dabei vom Gerichtsvollzieher zu beobachtende Verfahren betreffen, ferner über Weigerungen des Gerichtsvollziehers, einen Vollstreckungsauftrag anzunehmen oder auszuführen, sowie über Erinnerungen gegen Kostenrechnungen derselben. Einwendungen des Schuldners, welche den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind durch besondere Klage bei dem frühern Prozeßgericht geltend zu machen. Dieselben sind aber nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Schluß derjenigen Verhandlung, in welcher sie spätestens vorzubringen gewesen wären, entstanden sind und nicht mehr durch Einspruch (s. d.) geltend gemacht werden können. Ein Dritter, welcher an dem Gegenstande der Z. ein die Veräußerung hinderndes Recht behaupten will, muß gegen die Z. im Wege der Klage Widerspruch bei dem Gericht, in dessen Bezirk die Z. erfolgt, erheben (sog. Exekutionsintervention). Die Z. ist unter gewissen Voraussetzungen einzustellen, zu beschränken oder aufzuheben, namentlich wenn das Urteil oder dessen vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben, die Z. für unzulässig erklärt oder deren Einstellung angeordnet, wenn die zur Abwendung nachgelassene Sicherheitsleistung erfolgt ist, wenn der Schuldner laut Quittung den Gläubiger befriedigt oder laut Postscheins die Schuldsumme bei der Post eingezahlt hat. Wenn in Fällen, wo die Z. gegen einen Schuldner bereits zulässig war, dieser stirbt, ist dieselbe gegen dessen Nachlaß zu richten oder fortzusetzen, unbeschadet des Rechts der Erben, die Rechtswohlthat des Inventars (s. Inventarrecht) geltend zu machen. Die Kosten der Z. sind mit dem vollstreckbaren Anspruche zugleich beizutreiben. Wird zum Zwecke einer Z. das Einschreiten einer Behörde erforderlich, so ist dieselbe vom Vollstreckungsgericht darum zu ersuchen. Dies findet namentlich statt, wenn die Z. gegen aktive Militärpersonen in Militärgebäuden oder im Auslande geschehen soll.

Bezüglich der einzelnen Arten der Z. gelten folgende Vorschriften: 1) Die Z. wegen Geldforderungen erfolgt, soweit sie sich gegen das bewegliche Vermögen des Schuldners richtet, durch Pfändung, welche freilich je nach den verschiedenen Klassen des beweglichen Vermögens verschieden gestaltet ist. Allgemeiner Grundsatz ist dabei, daß die Z. nicht weiter, als zur Befriedigung des Gläubigers und zur Kostendeckung erforderlich, ausgedehnt werden darf und, falls von der Verwertung der zu pfändenden Gegenstände ein Überschuß über die Kosten sich nicht erwarten läßt, überhaupt unterbleiben soll. Durch die Pfändung erwirbt der Gläubiger ein Pfandrecht an den Pfandstücken, welches ihm im Verhältnis zu andern Gläubigern gleiche Rechte wie ein vertragsmäßiges Faustpfandrecht gewährt und solchen Pfand- und Vorzugsrechten vorgeht, welche im Konkurse den Faustpfandrechten nicht gleichgestellt sind. Ein durch frühere Pfändung erworbenes Pfandrecht geht dem durch spätere Pfändung begründeten vor. Einer Pfändung kann ein Dritter, der sich nicht im Besitz der Sache befindet, auf Grund eines Pfand- oder Vorzugsrechts nicht widersprechen; vielmehr steht es ihm nur frei, seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlöse der Pfandsache im Wege der Klage geltend zumachen (sog. Prioritätsintervention). Führt die Intervention nicht oder voraussichtlich nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers, so kann dieser vom Schuldner eidliche Offenbarung seines Vermögens erfordern (s. Offenbarungseid). Körperliche Sachen sind nur pfändbar, wenn sie sich in Gewahrsam des Schuld-^[folgende Seite]