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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zwangsvollstreckung

ners, des Gläubigers oder eines zur Herausgabe bereiten Dritten befinden. Ihre Pfändung erfolgt dadurch, daß der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt. Die Pfandsachen sind nur mit Einwilligung des Gläubigers oder wenn die Fortschaffung zur Pfandkammer Schwierigkeiten macht, in Gewahrsam des Schuldners zu belassen; dann aber muß die Pfändung durch Siegel oder sonstwie erkennbar gemacht werden. Bei Früchten wird die Pfändung erst einen Monat vor der Reifezeit zulässig. Gewisse Sachen sind aus billiger Rücksicht gegen den Schuldner der Pfändung überhaupt nicht unterworfen, so namentlich solche, welche zum unentbehrlichen Bedarf des Schuldners, seiner Familie und seines Gesindes an Kleidungsstücken, Betten, Haus- und Küchengerät, an Nahrungs- und Feuerungsmitteln auf zwei Wochen, an Milchvieh nebst Futter und Stroh auf ebenso lange gehören; ferner, was Künstlern, Handwerkern, Arbeitern und Landwirten zur Berufsausübung oder zum Weiterbetriebe der Wirtschaft unentbehrlich ist, sodann bei Offizieren, Beamten aller Art, Rechtsanwälten, Ärzten und Apothekern die zur Berufs- oder Dienstausführung erforderlichen Sachen, anständige Kleidung und ein Geldbetrag, welcher dem nicht pfändbaren Teile des Diensteinkommens oder der Pension bis zum nächsten Gehalts- oder Pensionstermine gleichkommt, endlich Orden und Ehrenzeichen und die zum Kirchen- oder Schulgebrauche des Schuldners und seiner Familie bestimmten Bücher. Die Pfandstücke sind vom Gerichtsvollzieher öffentlich, jedoch regelmäßig nicht vor Ablauf einer Woche seit der Pfändung, zu versteigern, wobei der Zuschlag an den Meistbietenden erst nach dreimaligem Aufruf, die Ablieferung der zugeschlagenen Sache nur gegen Barzahlung geschehen darf. Die Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung seitens des Schuldners, sofern diesem nicht Abwendung der Z. durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nachgelassen ist. Besondere Verkaufsmaßgaben gelten für Gold- und Silbersachen und für Wertpapiere. Das Vollstreckungsgericht kann übrigens auf Antrag eine von der vorbezeichneten abweichende Verwertungsweise anordnen. Die Nach- oder Anschlußpfändung bereits gepfändeter Sachen wird durch protokollarische Erklärung des Gerichtsvollziehers, daß er dieselben für seinen Auftraggeber pfände, bewirkt. Von dieser Erklärung ist demjenigen Gerichtsvollzieher, welcher zuerst gepfändet hat, und dem Schuldner Kenntnis zu geben. Die Verwertung erfolgt dann durch den Gerichtsvollzieher der ersten Pfändung für alle Gläubiger. Reicht der Erlös zur Befriedigung aller nicht aus, so hat der Beamte denselben zu hinterlegen und dem Vollstreckungsgericht Anzeige zu machen. Entsprechend ist bei gleichzeitiger Pfändung für mehrere Gläubiger zu verfahren. – Richtet die Z. sich gegen eine Geldforderung des Schuldners, so erfolgt deren Pfändung regelmäßig durch das Vollstreckungsgericht in der Art, daß dem Drittschuldner (s. d.) die Zahlung an den Schuldner verboten und dem Schuldner geboten wird, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten. Mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner, welche dem Gläubiger überlassen bleibt, gilt die Pfändung als bewirkt. Nur ausnahmsweise werden Forderungen aus indossablen Papieren (s. Orderpapiere) durch Besitznahme derselben seitens des Gerichtsvollziehers gepfändet. Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungsstatt zum Nennwerte zu überweisen. Im letztern Falle gilt der Gläubiger als befriedigt, soweit die überwiesene Forderung besteht. Die Überweisung ersetzt die sonst nach bürgerlichem Recht erforderliche Übertragung des Rechts zur Einziehung. Der Drittschuldner hat auf Verlangen des Gläubigers, sei es gleich bei der Zustellung des Pfändungsbeschlusses oder binnen zwei Wochen danach, zu erklären, ob und wieweit er die Forderung anerkennen und Zahlung leisten wolle, welche Ansprüche daran sonst noch erhoben würden, und welche sonstigen Pfändungen daran bereits erwirkt seien. Der die Forderung einklagende Gläubiger ist verpflichtet, dem Schuldner gerichtlich den Streit zu verkünden, und haftet diesem bei verzögerter Einziehung auf Schadenersatz. Schon vor der Pfändung kann er auf Grund eines vollstreckbaren Schuldtitels durch einen Gerichtsvollzieher dem Drittschuldner und dem Schuldner Nachricht von dem Bevorstehen der Pfändung zustellen lassen, mit Aufforderung an erstern, nicht an den Schuldner zu zahlen, und mit Aufforderung an letztern, sich der Verfügung über die Forderung zu enthalten. Diese Benachrichtigung hat die Wirkung eines Arrestes, sofern die Pfändung binnen drei Wochen nachfolgt. – Die Pfändung von Ansprüchen auf Herausgabe oder Leistung körperlicher Sachen erfolgt in analoger Weise, mit der Maßgabe, daß bewegliche Sachen an einen Gerichtsvollzieher zur Verwertung, unbewegliche an einen Sequester zur Z. herauszugeben sind. Gewisse Forderungen sind, ganz oder teilweise, der Pfändung gesetzlich entzogen; so der Arbeits- und Dienstlohn (Reichsgesetz vom 29. März 1897), gesetzliche Ansprüche auf Alimente, Einkünfte aus Stiftungen, soweit solche zum notdürftigen Unterhalt für den Schuldner, dessen Ehefrau und unversorgte Kinder erforderlich, Hebungen aus Kranken-, Hilfs- und Sterbekassen, Sold und Invalidenpension der Unteroffiziere und Soldaten, Witwen- und Waisenpensionen und ähnliche Bezüge, Invalidenpensionen für Arbeiter, Diensteinkommen und Pension der Offiziere, Beamten, Geistlichen und Lehrer. Wird ein Anspruch für mehrere Gläubiger gepfändet oder überwiesen, so kann oder muß der Drittschuldner unter Anzeige der Sachlage den Schuldbetrag hinterlegen oder die Sache zur Verwahrung herausgeben. Auch auf Z. in andere bewegliche Vermögensrechte finden vorstehende Vorschriften Anwendung. – Wegen der Z. in das unbewegliche Vermögen s. Subhastation, wegen des Verteilungsverfahrens bei Hinterlegung von Geldbeträgen s. Verteilungsverfahren. Das Reichsgesetz vom 24. März 1897 über die Zwangsversteigerung u. s. w. stellt die Z. in ins Schiffsregister eingetragene Schiffe der Z. in das unbewegliche Vermögen gleich (§§. 162 fg.). Für Binnenschiffe gilt bis 1. Jan. 1900 (Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch von 1897, Art. 12) §. 136 des Binnenschiffahrtsgesetzes vom 15. Juni 1895. 2) Besondere Vorschriften gelten für die Z. zur Erwirkung teils der Herausgabe von Sachen, teils von Handlungen oder Unterlassungen. Hat der Schuldner bewegliche Sachen herauszugeben, so werden solche vom Gerichtsvollzieher ihm weggenommen und dem Gläubiger übergeben. Werden dieselben nicht vorgefunden, so muß der Schuldner auf Antrag des Gläubigers den Offenbarungseid leisten. Hat der Schuldner eine un-^[folgende Seite]