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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zwieselalpe - Zwingli

Großen und Kleinen Regen, im Bayrischen Walde, an der Linie Rosenheim-Plattling-Eisenstein und der Nebenlinie Z.-Grafenau (31,6 km) der Bayr. Staatsbahnen, Sitz eines Hauptzoll- und Rentamtes, hat (1895) 3512 E., darunter 43 Evangelische, Postexpedition und Telegraph, Bahnpost und -Telegraph, einen Handels- und Fabrikrat, neue kath. und neue evang. Kirche; bedeutende Fabrikation von Hohl-, Krystall-, Tafel- und Kathedralglas und Glaswaren, Radfelgen, Holzdraht, Zündhölzern und Sesselholz, Brauereien, Bergbau auf Schwefelkies, Märkte, Handel mit Glas- und Holzwaren und Viehzucht.

Zwieselalpe, s. Gosau.

Zwieselbeere, s. Kirsche.

Zwieselkette oder Quengelkette, die doppelte oder mehrfache Verbindungskette zwischen Fördergefäß und Seil.

Zwillen, s. Zwiesel (beim Bocksattel).

Zwillich, soviel wie Drell (s. d.).

Zwillinge (Gemelli oder Didymi), zwei zu gleicher Zeit in derselben Mutter reifende Früchte. Eine Zwillingsschwangerschaft kommt entweder dadurch zu stande, daß bei der Menstruation statt eines Eierstocksfollikels mehrere platzen und die ausgestoßenen und befruchteten Eier sich zusammen in der Gebärmutter weiter entwickeln, oder dadurch, daß ein Ei mehrfache Keime enthält oder der einfache Keim durch Spaltung zur Bildung mehrfacher Früchte Veranlassung giebt. (S. Schwangerschaft.) Da Z. wegen des beschränkten Raums in der Gebärmutter und wegen der geringern Ernährung nicht gut zur gewöhnlichen Größe des Fötus gelangen können, so erfolgt die Geburt, bei der die eine Frucht der andern meist um einige Stunden, zuweilen um einige Tage vorangeht, gewöhnlich leicht. Die Sterblichkeit der Z. ist bedeutender als die anderer Kinder, Zwillingsschwangerschaften lassen sich wohl aus gewissen Anzeichen vermuten, haben aber keine andern bestimmten Merkmale als das Wahrnehmen der Herztöne beider Kinder an verschiedenen Stellen des schwangern Leibes. Während von Zwillingsgeburten eine auf ungefähr 89 Geburten gerechnet werden kann, stellt sich das Verhältnis der andern mehrfachen Geburten so, daß eine Drillingsgeburt (Drillinge) auf 7‒8000, eine Vierlingsgeburt (Vierlinge) auf 20‒50000 und eine Fünflingsgeburt (Fünflinge) auf mehrere Millionen anderer Geburten kommt. Die Z. sind entweder gleichen oder gemischten Geschlechts; am häufigsten kommen Paare ungleichen Geschlechts, dann ein männliches und am seltensten ein weibliches Paar vor. Über die Siamesischen Zwillinge s. d. – Vgl. D. Hellin, Die Ursache der Multiparität der Uniparen überhaupt und der Zwillingsschwangerschaft beim Menschen insbesondere (Münch. 1894).

Wo die frühere Geburt des einen Kindes vor dem andern rechtliche Wirkungen zur Folge hat, treten diese auch bezüglich der Z. ein. Ist nicht zu ermitteln, welcher Zwilling früher geboren war, so entscheidet nach Preuß. Landr. Ⅰ, 1, §. 16, das Los, doch tritt diese Bestimmung 1900 außer Kraft.

Zwillinge, das dritte Zeichen des Tierkreises (s. d.), von 60 bis 90° Länge reichend; Zeichen ♊.

Das Sternbild Z. (Gemini) am nördl. Himmel (s. die Sternkarte des nördlichen Himmels, beim Artikel Sternkarten) hat die beiden Sterne (zweiter Größe) Kastor (s. d.) und Pollux als Hauptsterne. Ferner enthält es einen der schönsten Sternhaufen, der schon dem bloßen Auge erkennbar ist. Die Auffassung des Sternbildes als zweier einander umfassender Jünglinge ist ursprünglich jedenfalls babylonisch. Die Griechen deuteten diese als die Dioskuren (s. d.), als Herakles und Apollon, oder als Triptolemos und Jasion.

Zwillinge, in der Krystallographie soviel wie Zwillingskrystalle (s. Krystalle nebst Tafel Ⅱ, Fig. 29‒33).

Zwillingsbrenner, s. Gasbeleuchtung.

Zwillingsdampfpumpe, s. Pumpe und Tafel: Pumpen Ⅰ, Fig. 17 u. 18.

Zwillingsebene, Zwillingskrystalle, s. Krystalle nebst Tafel Ⅱ, Fig. 29‒33.

Zwillingsmaschine, Zwillingsmotor, Dampf- oder Gasmaschine mit zwei gleichen Cylindern, worin der Dampf oder das explodierbare Gasgemisch in gleicher Weise wirkt. (S. Dampfmaschine und Gasmotor nebst Tafel: Gasmotoren Ⅰ, Fig. 4 und Tafel Ⅱ, Fig. 4.)

Zwillingsrotationsschnellpresse, s. Schnellpresse und Tafel: Schnellpressen Ⅱ, Fig. 3.

Zwillingsschrauben, s. Propellerschraube.

Zwillingsschwangerschaft, s. Zwillinge.

Zwillingsstock, von Dzierzon erfundene Bienenwohnung mit beweglichem Bau und zwei Abteilungen, von denen die eine als Winterlager und Brutraum, die andere als Honigraum dient.

Zwinge, ein Werkzeug zum Einzwängen von Holzteilen u. s. w.; bei der Zimmerarbeit das Eisenband um das Ende eines Holzes; auch der metallene Ring um einen Stock oder das Heft eines Werkzeugs wird Z. genannt.

Zwingenberg. 1) Z. in Hessen, Stadt im Kreis Bensheim der hess. Provinz Starkenburg, am westl. Fuß des Melibocus, an der Linie Frankfurt a. M.-Heidelberg der Main-Neckar-Bahn, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Darmstadt), hat (1895) 1589 meist evang. E., Post, Telegraph, Granitsteinbrüche und Steinindustrie. – 2) Z. in Baden, Dorf im Amtsbezirk Eberbach des bad. Kreises Mosbach, rechts am Neckar, an der Linie Heidelberg-Würzburg der Bad. Staatsbahnen, hat (1895) 262 E., darunter 53 Katholiken und 14 Israeliten, Postagentur, neu hergestelltes Schloß des Großherzogs von Baden; Fischerei, Flößerei und Landwirtschaft.

Zwinger, der bei der mittelalterlichen Befestigung der Städte und bei Burgen (s. d.) zwischen der äußern und innern Ringmauer befindliche Umgang oder zur Vorburg gehörende freie Platz, der bei Städtebefestigungen einen Rondengang bildete, bei den größern Hofburgen zu ritterlichen Übungen, zur Aufstellung der Mühlen, als Baumgarten und nötigenfalls auch als Ackerfeld diente. Auch die platzartigen Erweiterungen der Rondengänge, deren Mauer zur niedern Grabenbestreichung diente, wurden Z. genannt. Berühmt ist der Z. in Dresden (s. d.).

Zwingli, Ulrich (Huldreich), neben Calvin (s. d.) der Begründer der reform. Kirche, geb. 1. Jan. 1484 in dem toggenburgischen Bergdörfchen Wildhaus im Kanton St. Gallen, besuchte Schulen in Basel und Bern, bezog 1500 die Universität zu Wien, wo er sich der Philosophie und den humanistischen Fächern, und endlich die zu Basel, wo er sich unter Thomas Wyttenbach der Theologie widmete. 1506 wurde Z. Pfarrer in Glarus und studierte anfangs mit großem Eifer die lat. Klassiker und die Kirchenväter, später aber das Neue Testament. Als Feldprediger machte er 1512 vielleicht den Kriegszug der Eidgenossen gegen Pavia, 1513