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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Burdigala - Bürgerliches Gesetzbuch für das Deutsche Reich
Der damalige Unterrichtsmimster Paul Bert zu sei-
uem Kabincttschef; 1885 wurde er in die Depu-
tiertenkammer entsendet, wo er sich zu den Radi-
kalen hielt und einer der hervorragendsten Redner
war. Im Kabinett Loubet übernahm er 12. Juli
1892 an Stelle des zurücktretenden Cavaignac das
Ministerium für Marine und Kolonien und bedielt
dies auch unter Ribot, trat aber im Jan. 1893 bei der
Umbildungdes Ministeriums zurück. Im Dez. 1893
irat er als Finanzminister in das Kabinett Casimir-
Periers ein, mit dem er im Mai 1891 sein Amt nieder-
legte, worauf er zum Vicepräsidenten und 5. Juli
zum Präsidenten der Deputiertenkammer gewählt
wurde. V. starb 12. Dez. 1894 in Paris. Er über-
setzte einzelne Werke Schopenhauers und die Essays
von Herbert Spencer und verfaßte, außer zahlreichen
Auffätzen in der "ITevuo clesDLux^IoinIes" und der
"I56VU6 Z)1iii030p1ii(iu6", <(1/in8ti'u0tion nioi'aie 3,
I'ecolß" (1883), "1.6 äroit U3U61 6t I'economie
poiiti^UE 3. 1'6coi6" (1881) und "1.68 HU63ti0N3
80cial68 6t c0nt6inpoi'kin63" (1886).
Burdigala, der 381. Planetoid. Dureaus.
Bureaus, internationale,^ Internationale
Burg auf Fehmarn, Stadt im Kreis Olden-
burg des preuß. Rcg.-Bez. Schleswig, an der Eüd-
küste der Insel Fehmarn, Sitz eines Amtsgerichts
(Landgericht Kiel), Seemanns-, Strand- und Neben-
zollamtes, schwcd. und norwcg. Konsuls, bat (1895)
2881 evang. E., Postamt zweiter Klasse, Telegraph,
Dampferverbindung mit Kiel und Lübeck, evang.
Kirche, Hafen, Seebad, zwei Sparkassen; Ackerbau.
Burg inDith m ar s ch en, D orf im Kreis Süder-
dithmarfchcn des preuß. Reg.-Bez. Schleswig, an der
Burger Au in der Dithmarschen Schweiz und am
Kaiser-Nilbclm-Kanal, hat (1895) 1937, als Kirch-
spiel 3610 E., Post, Telegraph, eine evang. Kirche,
alte heidn. Burg (Vökelnburg) und Kreditverein. -
Vgl. Witt und von Rhein, B. Seine Umgebung
und Geschichte (Burg 1896).
Burgebrach, Flecken im Bezirksamt Vamberg II
des bayr. Reg.-Vez. Oberfranken, 13 kin südwestlich
von Vamberg, an der Mittelebrach, ^itz eines
Amtsgerichts (Landgericht Vamberg), bat (1895)
939 kath.E., Post, Telegraph, kath. Kirche, Schloß;
Getreide-, Hopfenbau, Pferde-, Rindvichzucht.
Bürget in Hessen, Dorf im Kreis Offenbach
der hcff. Provinz Starkenburg, hat l1895) 3712 E.,
darunter ein Drittel Evangelische, Post, Telegraph,
neue kath. frühgot. Kirche; Fabrikation von Vuch-
und Steindruckfarbcn und Stärke sowie Gerberei.
^Bürgerliches Gesetzbuch fürdas Deutsche
Reich. Die sachlichen Veratungen des Entwurfs
zweiter Lesung, welche die hierfür eingesetzte
Kommission im April 1891 begonnen hatte, erreich-
ten im Juni 1895 ihr Ende. Die Ergebnisse derselben
wurden 1891 (allgemeiner Teil, Obligationen- und
Sachenrecht) und 1895 (Familien- und Erbrcckt)
der Öffentlichkeit übergeben. Ende Okt. 1895 winde
der Gesamtentwurf dem Bundesrat vorgelegt. Ende
1895 hatte die Kommission auch das Einführungs-
gesetz fertig gestellt und dem Bundesrat unter-
breitet. Am 17. Jan. 1896 ging der Entwurf in der
vom Bundesrat beschlossenen Fassung (Reichstags-
vorlage) dem Reichstag zu. Dieser trat 3. Febr. in
dessen Beratung und überwies ihn, nachdem Ver-
suche, ihn teilweise 6ii Iiloo anzunehmen, gescheitert
waren, einer Kommission von 21 Mitgliedern.
Der zweite Kommissionsentwurf in der Fassung
der dem Reichstag gemachten Vorlage zeigte gegen-
über dem ersten, 1888 veröffentlichten Kommissions-
entwurf nicht unbedeutende Verschiedenheiten, wenn
auck Anlage und Grundcharatter des ersten Ent-
wurfs, das Streben nach klaren und bestimmten
Normen, wie sie die Rechtssicherheit verlangt, bei-
behalten, insbesondere letzteres nicht durch Aufstel-
lung allgemeiner Principien ersetzt wurde. Daß der
neue Entwurf solche Unterschiede aufwies, war nach
der andern Zusammensetzung und andern Zeit dieser
zweiten Kommission geradezu selbstverständlich. Die
erste Kommission hatte durchweg aus Juristen (17)
bestanden; es war hier nur der Gegensatz von Theo-
rie und Praris und der verschiedenen Rechtsgebiete
gegeben, indem in der Kommission neben der Praris
auch die Theorie und die hauptsächlichsten in Deutsch-
land vorhandenen Rechte, das gemeine, das preuh.,
das franz. und bad. sowie das sächs. Recht Ver-
treter hatten. Die zweite Kommission, die aus 21
Mitgliedern, 11 ständigen und 13 unständigen, d. h.
solchen, die nicht an allen Beratungen teilnahmen,
und drei Kommissaren des Reichsjustizamtes, von
denen zwei später Mitglieder der Kommission wur-
den, bestand, war dagegen außer aus Juristen, un-
ter denen diesmal auch der Anwaltstand (zwei Mit-
glieder) Vertretung fand, aus Repräsentanten der
wichtigsten Berufsstände (Landwirtschaft, Industrie,
Handel und Gewerbe), einem Vertreter der Volks-
wirtfcbaftslcbre und Angehörigen der großen polit.
Parteien des Reichstags zufammengesctzt. Schon
nach dieser Zusammensetzung mußte unter gleick-
zeitiger Berücksichtigung des Einflusses der Indivi-
dualität die Stellung der Kommission gegenüber
vielen fragen eine andere als diejenige der ersten
Kommission werden. Dazu kamen andere jurift. und
polit. Anschauungen, als sie in den zwölf Jahren
der Dauer der ersten Kommission geherrscht hatten.
Die erste Kommission stand rechtswissenschaftlich
unter dem Einfluß der streng logischen, mehr die
Rcchtsform als den Rechtszweck berücksichtigenden
Methode Windsckcids; in den Tagen der zweiten
Kommission herrschte in der Rechtswissenschaft die
mehr rechtspolit. Vctrachtungsweife der Rechtslehrcr
Dernburg und Regclsberger und des verstorbenen
Reichsgerichtsratcs Bahr, insbesondere des letztern
Gegcnentwurf erlangte einen nicht zu unterschätzen-
den Einfluß. Die grundlegenden Arbeiten der ersten
Kommission fallen noch in die Zeiten der Herrschaft
des Inoividualprincips; die Zeit der zweiten Kom-
mission steht unter dem Zeichen der ^ocialpolitik.
Die erste Kommission arbeitete ohne Fühlung mit
und obne Beihilfe der beteiligten Kreise; der zweiten
Konnnission standen die umfassenden kritischen Be-
trachtungen der Regierungen, der jurist. und nicht-
jurist. Welt, vom Reichsjustizamt in sechs stattlichen
Bänden und mehrern Ergänzungsheften gesammelt,
zur Seite, die, soweit sie ablehnend waren, dahin
gingen, daß dcr crstc Entwurf inhaltlich zu wenig
dcutschrechtlichen und zu wenig socialen, sprachlich zn
wenig volkstümliche'.! Charakter an sich habe, Aus-
stellungen, von welchen die letzte die berechtigtste war.
Der erste Entwurf hatte, ganz abgesehen davon,
daß es die schwierigste Aufgabe des Gefetzgebers ist,
,^ für die klare Sache auch eine kurze, deckende Form
zu finden, cntfchieden die Faßlichkeit des Ausdruckes
zu sebr bintcr das Streben nach materieller Klarheit
und Folgerichtigkeit zurücktreten lassen. Steht auch
fest, daß die fachliche Klarheit im Interesse der
Rechtssicherheit eleganter und für den Leser beque-
mer Ausdrucksweise vorgehen muß, immerhin hätten