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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Volksbrausebäder
An Benutzungseinrichtungen giebt es zu-
nächst regelmäßig die Lesesäle, gewöhnlich zwei; in
dem einen, Relerence room, steht eine Hand-
bibliothek, K6k6r6nc6 iidi-ki-7, enthaltend Encyklo-
pädien, Atlanten, Wörterbücher und andere Nach-
schlagewerke zur freien Verfügung, auch dürfen nicht-
belletristische Bücher zum Lesen dorthin bestellt wer-
den; in dem andern, <?6ri0äic3i) Ii6ÄäinZ room,
Zeitschristen aus allen Gebieten, aus denen Bücher
da sind (auch illustrierte Familienblätter), und Zei-
tungen; sür letztere hat man oft einen besondern 51^8
rooin. Alle religiösen und polit. Parteien sind ver-
treten. Diese Räume sind, wie auch die Ausleihe-
stelle, bis abends 9 oder 10 Uhr geöffnet. Neben
der Centralbibliothek giebt es in den großen Städten
Zweigstellen, vielfach auch mit Lesesaal, und im
tleinen entsprechend eingerichtet. In den Lesesälen
wird nicht nach einem Ausweis gefragt, zum Ent-
leihen berechtigt eine Lesekarte, die meist ohne Pfand
oder Bürgschaft ausgestellt wird, wenn der An-
suchende sich als Eingesessener ausweist. Gleichwohl
sind die Verluste an Büchern gering. Die Benutzung
ist unentgeltlich.
Die Kataloge werden gedruckt und sind, unter
Umständen heftweise, zu geringem Preife käuflich; sie
sind so eingerichtet, daß auch der Ungebildete sich
leicht zurechtfindet. Man bevorzugt Kataloge, die in
einem durchlaufenden Alphabet Verfasser- und Sach-
register vereinigen, sog. victionai-^ ciUHioFu68. Die
?ud1io lidrarieg werden stets von Fachleuten, in
Amerika überwiegend Frauen, verwaltet, die sich in
Amerika wie in England zu einem Berufsverband
organisiert haben, das Organ ist dort das "I^idrar^
Journal", hier die "I^idi-ar^". Die Aufsicht führt
eine meist kommunale Vibliothekskommission. In
beiden Ländern sind seit 1849 die ?ud1io 1idrari68
durch Staatsgesetze gefördert worden, die in erster
Linie die fakultative Aufbringung der Mittel durch
Steuerzuschläge der Kommunen regeln, in verschie-
denen amerik. Staaten außerdem durch staatliche
Bibliothekskommissionen, die durch Geld, Nat und
Überwachung wirken. Der Bund wendet ihnen ge-
mäß Gesetzes amtliche Publikationen reichlich zu.
Zahllos sind die Stiftungen, Schenkungen und
Vermächtnisse Privater, besonders in Amerika, die
größten die von Enoch Pratt für Baltimore, von
A. Carnegie für Pittsburgh und Umgegend und
die von S. Tilden für Neuyork.
Die Zahl der ?ud1ie lidrari^ hat in England
besonders seit 1885 zugenommen; 1895 betrug sie
297. Die von den Gemeinden in England und Wales
zu ?udlio lidi-aries- und Museumszwecken aufge-
nommenen Anleihen wurden 1895 auf 16 Mill. M.,
die jährlich darauf verwandten Steuerbeträge auf
10 Mill. M. geschätzt. Die Vereinigten Staaten
zählten 1891 an Bibliotheken mit mehr als 1000
Bänden: 3800 mit 27 Mill. gebundenen Bän-
den, darunter 1196 mit "FenErai" Charakter, also
wohl?ud1io iidrHi-168. Der führende Kulturstaat
Massachusetts (2^ Mill. E.) hatte 508 Biblio-
theken mit 42/3 Mill. Bänden, darunter 285 I^udlio
iidrai-168 mit 2^ Mill. Bänden; die jährlichen
Aufwendungen für letztere betrugen im 1.1891/92
2^/2 Mill. M.
Auf dem europ. Kontinent scheinen die populären
Bibliotheken, vermrMch, weil vielfach Stadtbiblio-
theken gelehrten Charakters vorhanden sind, sich auf
das niedere Programm der deutschen Volksbibliothek
zu beschränken, so in Dänemark, wo sie zur Zeit
große Fortschritte machen, und in Frankreich (didlio-
tü6HU68 8001^11-68). Hier spielen außerdem die
Kommunalbibliotheken, 1803 aus den Departe-
mentsbibliotheken der Revolutionszeit hervorge-
gangen, eine ähnliche Rolle wie die I'ndlie Iidi-ari68;
nur zeigen die Gemeinden weniger Initiative und
die Bürger weniger Wärme für dieses Institut. Die
Bibliotheken werden dort von einem Fachbiblio-
thekar verwaltet unter einem Comite <1'in8p6ctiori
6t ä'ackkt ä6 1ivi'68; auch übt der Staat ein Ober-
aufsichtsrecht aus. In Deutschland und Osterreich
zeigt sich ein starker Aufschwung seit Errichtung der
ganz nach amerik. Art angelegten Ottendorferfchen
Volksbibliothek in Zwittau (Mähren) und feit der
eifrigen Propaganda von Professor Neyer in Wien,
der in Wien und Graz großen Erfolg gehabt hat.
Das Streben geht in Deutschland darauf, statt ge-
trennter "Stadt"- und "Volks"bibliotheken die Ein-
heitsbibliothek im Preuskerschen Sinne zu schaffen
nach dem Vorbild und mit den guten Einrichtungen
der ?ud1ic lidrar^, vorab der bis fpät abends
offenen Lesehalle. Als Name sür diese Anstalt
ist "Bücherhalle" in Aufnahme gekommen. Auf dem
Lande follen Kreisbibliotheken ähnlicher Haltung
die dörflichen individuell verwalteten und elemen-
taren Volksbibliotheten ergänzen. Inzwischen sind
von der Gesellschaft für ethifche Kultur/andern Ver-
einen und Privaten bereits Lesehallen mit großem
Erfolg geschaffen worden in Freiburq i. Vr., Frank-
furt a. M., Berlin, Schweidnitz, Mainz, Ätann-
heim, Düsseldorf, Jena; die kommunalenVolksbiblio-
theken sind mit Lesehallen ausgestattet worden in
Düsseldorf und Berlin. Zur Zeit ist die Bücher-
Hallenbewegung in vollem Fluß. Vermißt wird in
den einzelnen Staaten des Deutschen Mvchs die seste
Grundlage eines Gesetzes, das etwa den Gemeinden,
die einen bestimmten Teil ihrer direkten Steuern
sür öffentliche Bibliotheken mit bestimmter Organi-
sation verwenden, einen festen prozentmäßigen
Staatszuschuß sichert.
Die Tabelle auf S.1009 giebt eine Übersicht nam-
hafter ?ud1ic 1idrai-i63, Volksbibliotheken und
Lesehallen, ihrer Budgets und Benutzung.
Litteratur. K. Preusker, über öffentliche, Ver-
eins- und Privatbibliotheken. Hefti: Stadtbiblio-
theken; Heft 2: Vereins-, Schul-, Dorf- und Privat-
bibliotheken (Lpz.1839-40); I>ud1ic 1,idi-ari68 in tlie
Unit6ä8tat68<Washington1876;amtlichesQuellen-
werk);Iul. Loiseleur, 1^63 diI)1iotü6HU63 coinmu-
nal68 (Orleans 1891); (^taIoAU6 0t' ^(iu6rican)
I^idi-ar^) ^88oeiHtion) I^idrai^ (Washington 1893;
Musterkatalog); West. Flint, 8tati8tic8 ot'^Mio
I^idrari68 in tds IInit6ä 8tat63 anä ^anaäa. (ebd.
1893); E. Reyer, Entwicklung und Organisation
der Volksbibliotheken (Lpz. 1893); ders., Hand-
buch des Volksbildungswesens <Stuttg. 1896);
W. I. Fletcher, ?ud1ie I.idi-ari63 in ^M6lic3. (Bost.
und Lond. 1894); Th. Greenwood, ?ud1io I^idrari^
(5. Aufl., Lond. 1894); W. Bube, Die ländliche
Volksbibliothek (Berl. 1895); Apel, Die Verbreitung
guten Lesestoffs (ebd. 1896); P. F. Aschrott, Volks-
bibliothek und Volkslesehalle, eine kommunale Ver-
anstaltung (ebd. 1896); C. Nörrenberg, Die Volks-
bibliothek, ihre Aufgabe und ihre Reform (Kiel 1896).
Volksbraufeb'äder, Brausebäder, die durch
ihren geringen Preis besonders der arbeitenden Be-
völkerung eine geeignete Hautpflege ermöglichen
sollen. Auf der Berliner Gewerbeausstellung (1896)
hatte der Berliner Verein für V. ein aus 10 Zellen