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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Galletseide; Gallussäure

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Galläpfel - Gallussäure

lichst vor dem Zeitpunkte des Auskriechens zu sammeln; sie sind dann schwer, grün oder schwarzblau und am reichsten an Gerbsäure. Die vom Tiere verlassenen, die also angelöchert sind, sind daran ärmer, heller von Farbe, schwammig und leicht. Die Gerbsäure oder der Gerbstoff, der zwar in allen Teilen der Eiche anzutreffen, aber nirgends so angehäuft ist wie in diesen krankhaften Gebilden, ist aber eben dasjenige, was den Wert der Gallen ausmacht, der sich also ganz nach dessen Prozentgehalte richtet. Die großen Unterschiede, welche dabei vorkommen, können vom Klima, von der betreffenden Eichenart und von der Tierart abhängen, denn es konkurrieren dabei verschiedne Eichen und von Gallwespen sind gegen 30 Arten bekannt. Die besten orientalischen Gallen können 60-65 Proz. Gerbsäure enthalten, und darum war Europa mit diesem Artikel früher immer an den Orient - Kleinasien, Syrien - gewiesen. Was das südliche Europa hervorbringt, hat weniger Gehalt und Bedeutung und die Länder der gemäßigteren Klimate kommen gar nicht für den Handel in Betracht, obschon die Eichen Galläpfel genug tragen, die auch hier und da lokal benutzt werden mögen. In neurer Zeit haben sich die Handelsverhältnisse in Gallen zum Vorteil der Konsumenten wesentlich geändert und zwar durch Einführung wohlfeilerer chinesischer und japanischer Ware, welche, obschon ihre Natur und ihrem Ursprünge nach von der allbekannten Ware verschieden, doch ganz geeignet ist, diese zu verdrängen, oder doch wenigstens, wie bereits geschehen, deren Preise herabzudrücken. Es gibt also von Gallen drei natürliche Gruppen: levantische (türkische, orientalische), europäische und chinesisch-japanische. Die erstern, welche wieder mehre Sorten bilden, sind meistens das Produkt von Quercus infectoria, der stets strauchförmig bleibenden, speziell sog. Galleiche. Kleinasien, Syrien, Mesopotamien sind die Sammelländer, Smyrna und Konstantinopel die Hauptversandtplätze. Alle levantiner Ware unterscheidet sich leicht von der übrigen durch die höckerige stachelige Beschaffenheit der Oberfläche, welche bei jener glatt oder höchstens runzlig erscheint. Die immer rundlichen levantinischen Gallen variieren von der Größe einer Erbse bis zu 2½ cm Durchmesser. Bei allen Sorten unterscheidet man dunkel- und hellfarbige; sie sind entweder noch in Mischung, wie sie die Natur gibt (in sortis), oder durch Auslesen gesondert (elegiert). Gesammelt werden die Gallen zweimal, und die der ersten Ernte bilden die bessere Sorte, dort Jerli genannt und auch in Preiskuranten so bezeichnet. Die gangbarste Sorte sind die Gallen von Aleppo (gallae aleppenses), mittelgroß, sehr höckerig; noch größer und durch eine feine Bestäubung kenntlich sind die G. von Mossul am Tigris, in Mesopotamien gesammelt und gewöhnlich über Bombay nach London gebracht, woher es kommt, daß auch ostindische Gallen als eine vorzügliche Sorte erwähnt werden. Neuerdings findet diese Ware auch einen direktem Handelsweg vom persischen Meerbusen über Bassora. Geringere levantinische Sorten von schwammiger Beschaffenheit sind die Tripolitaner und die Syrischen oder Smyrnaer, aus Natolien kommend. Europäische Gallen sind wie gesagt sämtlich von geringerer Qualität als die vorigen, leichter, hellfarbiger, öfter gefleckt, verschieden und unregelmäßig gestaltet, glatt oder runzlig, nie stachelig oder höckerig. Unter den Eichbäumen, welche solche Auswüchse geben, spielt die Cerris- oder Burgundereiche die Hauptrolle. Als Sorten werden gewöhnlich aufgeführt: Morea-G., cyprische, istrianer, ungarische, italienische, französische, deren geringe Bedeutung um so mehr schwinden muß, da gute Ware jetzt so reichlich aus Asien an den Markt gebracht wird. Die chinesischen und japanischen Gallen sind weder Produkte von Eichen noch Gallwespen, sondern sind Gebilde, die aus Veranlassung von blattlausartigen Insekten auf den Blättern einer Sumachart (Rhus) entstehen, hohle dünnwandige Blasen mit geräumiger innerer Höhlung, die den Tieren zur Brutstätte und Wohnung dient, wie denn auch Reste abgestorbener Bewohner sich darin finden lassen. Im Handel erscheinen diese Gebilde teils zerbrochen, teils noch vollständig, sie sind keulenförmig gestaltet und hier und da mit vorspringenden stumpfeckigen Ausbuchtungen besetzt. Die sehr leichten Hülsen sind knorpelig, spröde, auf dem Bruche harzglänzend. Die Drogue enthält indeß trotz aller dieser Unterschiede ganz dieselbe Gerbstoffart wie die andre, und mindestens in ebenso großer Menge oder noch mehr als die aleppischen Gallen (bis 70 Proz.), bei einem Preise, der in der Regel nur zwei Drittel oder drei Viertel von dem der letztern beträgt. Die Gerbsäure läßt sich aus beiden mit gleicher Leichtigkeit ausziehen, doch benutzt man jetzt hierzu allgemein die billigeren chinesischen G. Die Galläpfel wie die chinesischen Gallen haben ihre hauptsächliche Verwendung in der Färberei, zum Schwarz-, Braun-, Graufärben von Wolle, Leder, Rauchwaren etc.; ferner zur Tintenbereitung. Wie bei der Tinte beruht auch bei der Färberei der Nutzen der G. darauf, daß ihr Gerbstoff mit Eisensalz schwarze Niederschläge von gerbsaurem Eisen bildet; bei vielen andern Gerbstoffen erscheint die Fällung anders gefärbt, schmuzig ^[richtig: schmutzig] grünbraun etc. Als Gerbstoff benuzt ^[richtig: benutzt] man die G. nur bei gewissen dünnen feinem Ledern, Saffian u. dgl., während die chinesischen Gallen als zum Gerben ganz untauglich erklärt werden. Bei allen vorstehenden Anwendungen werden wässerige, heißbereitete Auszüge aus dem gepulverten Material gebraucht; das Wasser übernimmt den gesamten Gerbstoffgehalt. - G., wie der Extrakt daraus, zollfrei.

Galletseide ist ein Gesamtname für alle von den Seidenkokons erhaltenen verspinnbaren Abfälle, über die das Nähere im Artikel Seide enthalten ist. - Verzollung: Zolltarif Nr. 30 a (zollfrei).

Gallussäure (Acidum gallicum). Ein Zersetzungsprodukt der Gerbsäure; die Umwandlung der einen Säure in die andre geschieht bei sehr verschiednen Einwirkungen mit großer Leichtigkeit und beginnt schon während der Bereitung von wässerigem Galläpfelabsud. Wird solcher oder Tanninlösung der Luft ausgesetzt, so geht