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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Seife

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Seife - Seife

ihrer Kohlensäure beraubt und somit ätzend geworden sind. Übrigens sind Ätzlaugen jetzt käuflich und Fabrikartikel. Zu Talgseife wird der Talg von unreiner Beschaffenheit erst mit Dampf geschmolzen und durch Stehenlassen geläutert. Das Sieden der S. geschieht in Kesseln, die einen hohen Randaufsatz haben, weil die siedende Masse hoch aufsteigt, entweder über freiem Feuer oder neuerdings in Fabriken vorteilhafter durch einströmenden Dampf. Das Sieden unter fortwährendem Rühren ist eine langwierige, viele Stunden dauernde Arbeit, weil sich die Fette und Alkalien nur sehr allmählich mit einander verbinden. Die Lauge wird in verschiednen Portionen allmählich zugesetzt. Schließlich hat sich der Kesselinhalt in eine gallertartige, dünne Masse, den Seifenleim, verwandelt. Es macht nun aber einen Unterschied, ob mit Kali- oder Natronlauge gearbeitet wird. Die Natronseifen sind die gewöhnlichen harten Seifen, während das Kali nur Schmierseifen gibt.

Wenn gleichwohl seit alten Zeiten immer mit Holz- oder Pottasche gearbeitet und doch harte S. erhalten wurden, so geschah dies, weil man immer Kochsalz mit in Anwendung brachte. Das Salz, welches nach und nach der verkochten Masse zugegeben wird, hat die Wirkung, daß Lauge und S. sich trennen und letztere in einer Schicht oben aufschwimmt, weil S. in einer salzhaltigen Lauge nicht löslich ist. Neben dieser sichtbaren Wirkung geht aber noch eine unsichtbare her; das Kochsalz (Chlornatrium) tritt seinen Natriumgehalt an die S. ab und nimmt dafür Kalium auf, wird also zu Chlorkalium, das in der Lauge bleibt. Die Kaliseife wird also nachträglich in Natronseife verwandelt. Wird direkt mit Natronlauge gesotten, wie dies jetzt ganz gewöhnlich ist, so hat das Aussalzen (hier mit weniger Salz) nur den Zweck der Trennung von S. und Lauge.

Diese Lauge hat den Namen Unterlauge; sie bildet jetzt einen Handelsartikel und wird von Fabrikanten behufs Gewinnung des darin enthaltenen Glycerins aufgekauft. Die infolge des Aussalzens im Kessel emporgetretene und eine Decke bildende S. heißt der Kern; um eine wirkliche reine Kernseife darzustellen, wird das Aussalzen zweimal und nach Umständen mehrmals vorgenommen, also nach dem ersten Mal die unreine Lauge unter der Seifenmasse abgelassen, frische gegeben und die S. wieder zu Leim aufgesotten, wieder gesalzen u. s. f. Das Salzen ist daher auch das Mittel, um die S. zu reinigen und von überschüssigen Laugenteilen zu befreien. Schließlich wird die Masse nur noch mit etwas Wasser wieder gelöst und gesotten, bis die verlangte Konzentration, also der gehörige Wassergehalt vorhanden ist.

Diese Verrichtung, wobei einströmender Dampf nicht gebraucht werden kann, heißt das Klar- oder Kernsieden; die S., die bisher eine klümperig schaumige Beschaffenheit hatte, kommt dabei in ruhigen klaren Fluß, wird endlich zäh und bildet eine sich plattenartig übereinander schiebende Masse. Diese wird noch heiß zum Abkühlen und Festwerden auf die Formen gefüllt, große, zum Auseinandernehmen eingerichtete hölzerne Kästen mit durchlöchertem Boden, über welchen ein Tuch gebreitet ist. Es ziehen sich hier die Reste von Flüssigkeit durch und in acht bis zehn Tagen ist die Masse zu einem großen Block erhärtet, der nach Wegnahme des Holzwerks erst in horizontale Platten und dann weiter zerschnitten wird.

Während des langsamen Abkühlens bildet sich in der Masse die bekannte Marmorierung (Fluß oder Flaser), ungefärbt oder gefärbt, das letztere infolge von Unreinheiten, die sich in dies Geäder hineinziehen. Man betrachtet dieselbe als ein Zeichen von Güte und mit Recht, wenn sie echt ist, denn sie bildet sich nur in S. mit nicht zu viel Wassergehalt und die marmorierten S. sind daher in der Regel die härtern. Freilich gibt es auch unechten oder künstlichen Marmor, indem man gefärbte Seifenmasse in kleinen Portionen unter schlechte S. einrührt, wenn sie halb erkaltet ist, was also höchstens als eine Verzierung der Ware, wenn nicht als ein Täuschungsversuch anzusehen ist. Bei Verarbeitung auf Kernseife geben 100 kg Talg 150-155 kg Ware. Diese Menge kann um 15-20 kg vermehrt werden, wenn man der S. so viel mehr Wasser oder schwache Lauge beläßt oder schließlich wieder hinzurührt, wodurch sie die Fähigkeit, Marmorierung anzunehmen, verliert. Solche schlechtere S. nennt man geschliffene.

Eine Hauptrolle bei der Seifenbereitung spielen jetzt das Palmöl und Palmkernöl; sie liefern gute Seifen; das Kokosnußöl dagegen wird nur noch in betrügerischer Weise in der Seifensiederei benutzt; es verbindet sich nämlich leicht mit starker Natronlauge zu sehr harten und stark schäumenden Seifen, die einen unangenehmen, lang anhaftenden Geruch und das Eigne haben, daß sie eine große Menge Wasser oder Lauge (70-100%) binden können und dabei doch ungewöhnlich hart und trocken sind. Auch wenn dieses Fett nur zu einem kleinern Teil in einer S. mit verwendet wird, erhält das Ganze die Fähigkeit, reichlich Wasser zu binden. Es ist sogar thunlich, ohne auszusalzen, gleich den ganzen Kesselinhalt, also S. und Lauge mit allen ihren Unreinheiten im Gemenge, erstarren zu lassen. S. aus bloßem Kokosöl oder solche, in welcher dasselbe einen Bestandteil bildet, kann gar nicht durch Aussalzen gereinigt werden, da sie auch in Salzwasser löslich ist; man hat also in solcher stets den ganzen erhärteten Kesselinhalt.

Man nennt solche S. gefüllte Seifen; es sind solche noch häufig an den Markt kommende Produkte oft sehr wohlfeil, aber doch immer über ihren wahren Wert bezahlt. Es kommen S. vor, die 50-75% Wasser, daneben noch Soda und Kochsalz enthalten und dennoch sehr hart sind und gut aussehen. Gute Kernseife soll nicht mehr als 30% Wasser enthalten. Die jetzige raschere Fabrikationsweise, nach welcher man sich das Aussalzen ganz oder größtenteils erspart, bringt es mit sich, daß die S. jetzt zuweilen Überschuß an Ätznatron haben, am meisten gerade die Toiletteseifen, weil diese weich und stark schäumend sein sollen. Um sie weicher zu machen, setzt man ihnen auch wohl etwas Kalilauge zu. Diese und wohl auch andre Sorten werden gar nicht mehr eigentlich