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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Sternanis

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Steinzeug - Sternanis

schiedenen Orten des Nassauischen, in Flandern und Holland schöne, reich ornamentierte und vielartige Waren erzeugt, deren Überreste jetzt Sammlungsstücke sind. In neuerer Zeit erhob sich dieser Industriezweig zuerst wieder in England durch Wedgwood. Die mit seinem Namen belegten mannichfachen und schönen Artikel sind bekannt genug. Die Dekorierung der feinen Steinzeugwaren, die sich noch in weiße und farbige sondern lassen, fällt mehr in das Gebiet der Plastik, als in das der Malerei. Die Zeugmasse ist weit bildsamer, als der Porzellanthon und alle Verzierungen erscheinen daher weit schärfer, umsomehr, als sie von keiner Glasur nachträglich abgestumpft werden. Sehr schöne Effekte werden dadurch erzielt, daß man auf den Grund der Gefäße reliefartige Ornamente von anders gefärbter Thonmasse setzt (Applikation).

Die verschiedenen Färbungen erteilt man der Thonmasse, wie gesagt, durch Zusatz gewisser Metalloxyde, die, wenn sie teurer sind, nicht durch die ganze Masse gegeben werden, sondern man bringt nur eine farbige Oberfläche durch Anguß einer verdünnten farbigen Masse hervor. Manche Waren werden bronziert, andre mit Firnißfarben überzogen; sehr häufig ist die Anwendung der sog. Metalllüster. Die feinen Steinzeugwaren werden sämtlich in Kapseln bei hoher Hitze gebrannt. -

Die Fabrikation derselben nach Art der englischen ist in Deutschland durch verschiedne Fabriken vertreten. Am bekanntesten sind die zu Mettlach und Wallerfangen im Trierschen, zu Steinau in Hessen. Manche Waren haben sich aus alter Zeit bis heute erhalten, so das beliebte zart graue Kölner Geschirr, die in Bayern noch gebräuchlichen Bierkrüge mit smalteblauen Verzierungen, das braune Bunzlauer Geschirr. Letzteres ist auch eine Angußware mit gelblichem Körper und braunem Überzug, nicht der Ersparung halber, sondern weil die braune Masse ihres hohen Eisenoxydgehalts wegen für sich allein im Feuer erweichen und einsinken würde. -

Von ordinärem S. werden einzelne Artikel, namentlich die Mineralwasserkrüge, in ungeheuern Mengen gefertigt und verbraucht. Wegen der Undurchdringlichkeit der Masse für Flüssigkeiten und Gase, auch ohne Glasur, sowie wegen ihrer Unangreifbarkeit durch ätzende Flüssigkeiten wird sie aber noch für viele gewerbliche Artikel angewandt, so zu Wasserleitungsröhren, großen Säureflaschen, Woulf'schen Flaschen, Retorten und andern Apparaten der chemischen Industrie, oft von riesigen Dimensionen, ebenso für große Wasserständer, Einlegfässer u. dgl.

Solche Großstücke werden seit lange schon in England hergestellt; ihre Formung und Brennung ist mit großen Schwierigkeiten verknüpft. In Deutschland ist dieser Zweig unter anderm durch die Fabrik von Fikentscher in Zwickau würdig vertreten. Die vorzüglichen Wasserleitungsröhren, die diese Fabrik bis zum größten Kaliber herstellt, werden gern und häufig statt eiserner gebraucht. In den Rheinlanden wird die Fabrikation gewöhnlichen S. schwunghaft und von alten Zeiten her in einer Gruppe von Dörfern des Regierungsbezirks Koblenz betrieben, deren Hauptgeschäft diese Industrie ist. Die Gegend heißt daher allgemein das Krugbäckerland.

Den Grundfonds bildet ein vortrefflicher Thon, der sog. Kölner, der in dortiger Gegend massenhaft lagert, selbst Handelsartikel ist und weit verführt wird. Das dortige Geschäft hat sich von langer Hand her in verschiedne Zweige geteilt; es gibt da 1) Krugbäcker, welche die bekannten Mineralwasser- und Branntweinflaschen (zu Genèvre, Steinhäger u. a.) anfertigen; sie haben großartigen und steigenden Absatz. 2) Kannenbäcker; sie drehen hauptsächlich die in Bayern üblichen Bierkrüge und bauchigen Kannen in allen Größen und verzieren sie durch Bemalen in Smalte. Manche fertigen auch mit Relieffiguren versehene, in Metallformen gepreßte, Krüge, Tabaksköpfe und sonstige Luxusware, zum Teil mit Applikationsverzierung in gefärbter Masse. 3) Weißwarenfabrikanten; diese stellen die für den Haushalt gebrauchten Geschirre her, Töpfe, Schüsseln, Einmachebüchsen, außerdem Büchsen für Apotheker, zu Wichse, Senf u. dgl., und endlich für chemische Fabriken Säureballons, Woulf'sche Flaschen, Retorten etc., wie auch Wasserleitungs- und Abtrittsröhren. Zu bemerken ist noch, daß Steinzeuggeschirre zum Gebrauch über Feuer nicht dienlich, weil dem Zerspringen sehr unterworfen sind. - Statistisches und Zoll s. Thonwaren.

Sternanis (Badian, lat. semen, besser fructus anisi stellati, sonst auch semen badiani, frz. badiane, engl. staranis seed), die würzhaften Früchte eines im östlichen Asien heimischen, in China häufig kultivierten, immergrünen Baumes von niedrigem Wuchs, Illicium anisatum, zur Familie der Magnoliaceen gehörig, der jetzt auch in Japan und auf den Philippinen angebaut wird.

Der Name rührt von der sehr charakteristischen Form der Frucht her, welche aus fünf bis acht schotenförmigen, mit den Spitzen aufwärts gebogenen Fächern zusammengesetzt ist, die vom Ende des Fruchtstiels sternförmig und horizontal auslaufen. Bei der Fruchtreife springen die Fächer oben auf und bilden nun kahnförmige Gestalten, in deren jeder ein linsenförmiger, glänzend hellrotbrauner Samenkern sichtbar ist. In der Handelsware finden sich die Früchte meist nur teilweise unversehrt, das Übrige besteht aus Bruchstücken und ausgefallenen Körnern. Die holzigen zerbrechlichen Hülsen oder Kapseln sind außen graubraun und runzlig, innen glatt und braunrot.

Die Drogue hat einen starken Geruch nach Anis, aber noch feiner, und einen würzhaft süßlichen, etwas brennenden Geschmack, beides infolge eines Gehalts an ätherischem Öl, das in seinem ganzen Wesen dem eigentlichen Anisöl sehr ähnlich ist. Die Kapseln sind daran am reichsten und geben bis 5%, die Kerne noch nicht volle 2%. Da das ätherische Öl (oleum anisi stellati) jetzt in ziemlicher Menge fertig aus China bezogen wird, so ist die Trockenware zur Nebensache geworden; immerhin versendet China jährlich noch, je nach Ausfall der Ernte, zwischen 3000 und 6000 Pikuls (à 60½ kg) S. Wir beziehen den S., sowie auch das Öl, teils über London, teils direkt von Kanton, in dessen Nähe die Kulturgegenden liegen.