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Merck's Warenlexikon

Autorenkollektiv, Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig, Dritte Auflage, 1884

Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.

Schlagworte auf dieser Seite: Steinzeug

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Steinkohle - Steinzeug

weitem Vorteil, daß sie eine reinere, rußfreie und hauptsächlich gleichmäßige Feuerung ermöglichen, wie sie für viele technische Zwecke, namentlich bei der Metallbearbeitung nötig ist; denn während rohe Kohlen erst mit vieler Flamme brennen und dann verglimmen, geben Koks durchgängig das gleiche helle Glühfeuer. Endlich sind dieselben auch von dem großen Übelstande, der der S. so häufig anhaftet, dem Schwefelgehalte, wenigstens zum größten Teile befreit und brennen daher ohne den Geruch von brennendem Schwefel, den rohe Kohlen gewöhnlich entwickeln.

Den Schwefelgehalt bedingt der Schwefelkies, ein aus Eisen und Schwefel bestehendes messinggelbes Mineral, das den meisten Kohlen in Form von dünnen Häutchen, Flecken oder Punkten anhaftet oder auch in größern Stückchen dazwischen liegt. Dieser Stoff verliert nun bei der Verkokung die Hälfte seines Schwefelgehaltes durch Verbrennung und wird aus Zweifach- zu Einfachschwefeleisen, das bei der nachgehenden Verfeuerung der Koks keinen Schwefel weiter abgibt. Ein andrer Teil des Schwefelkieses verliert aber auch seinen Schwefelgehalt durch Verbrennen vollständig, da die Luft nicht vollständig abgeschlossen ist.

Koks werden selten aus Stückkohlen, in großen Massen aber aus Kohlenklein bereitet, das außerdem schwer abzusetzen wäre. Bei gutem Betriebe werden diese Klarkohlen mittels Maschinen bergmännisch aufbereitet, dadurch gereinigt und zugleich in verschiedne Korngrößen sortiert und zu sehr wertvollen Produkten umgewandelt. Das Brennen geschieht entweder in einfachen gewölbten Öfen, sog. Backöfen, neuerdings aber auch häufig in solchen von verbesserter Konstruktion, deren es verschiedne Systeme gibt.

Die Koks sind um so besser, je dichter sie in ihrer Masse sind; während es aber als gewöhnliche Regel gilt, dieserhalb den Prozeß möglichst langsam zu leiten, arbeitet man neuerdings grade im entgegengesetzten Sinne. Die jetzigen Öfen sind gewöhnlich mit Seiten- und Sohlenfeuerung versehen und so konstruiert, daß die flüchtigen Destillationsprodukte gleich im Ofen mit verbrannt und solchergestalt für die Erhitzung nutzbar gemacht werden. Man erhält damit eine weit höhere Temperatur als gewöhnlich, die Verkokung geht wesentlich rascher und die Koks erhalten die gewünschte Dichtigkeit. -

Koks bilden öfters das Feuerungsmaterial der Lokomotiven, dienen in Eisenschmieden und zum Ausschmelzen des Eisens aus seinen Erzen im Eisenhüttenbetrieb und sonst in vielen Fällen, wo starke und reinliche Feuerung verlangt wird, wie auch im Hauswesen (Stubenkoks). Sie haben daher starken Konsum und bilden eine flotte Handelsware, die einen weitern Verbreitungskreis hat als die rohe Kohle, da sie als ein wertvolleres Produkt auch höhere Frachtspesen übertragen können. -

Die Rückstände in den Retorten der Gasanstalten sind ebenfalls Koks, hier also ein Nebenprodukt. Man nennt sie zur Unterscheidung Gaskoks. Sie bilden eine geringere Qualität, die meist nur im Kleinhandel für häuslichen Gebrauch abgesetzt, sonst aber häufig in den Anstalten selbst unter den Retorten mit verbrannt wird. Es macht bei dieser Ware noch einen wesentlichen Unterschied, ob sie aus großen Gasfabriken stammt, wo die Kohle in Thonretorten bis zur Weißglut erhitzt und dadurch eine große Menge dünnen Gases abgetrieben wird, das man durch Zuschlag einer sehr gasreichen Kohle leuchtender macht, oder ob die Koks in kleinen Anstalten erzeugt wurden, wo die Kohlen in Eisenretorten bei nur Kirschrotglut entgast wurden. Solche Koks können noch recht brauchbar sein, während solche aus der ersten Quelle zu sehr an brennbaren Teilen verarmt sind, um viel nützen zu können. Aus Gaskoks fertigt man auch die Kohlencylinder für die Bunsensche Kohle - Zinkbatterien. -

Cinders (oft in Zünder umgetauft) bestehen aus den kleinen Stücken Koks, welche brennend durch die Spalten des Rostes fallen und sich in dem Wasserbecken des Aschenfalls löschen. Sie sind eine geringwertige, nur im Kleinverkehr gehende Sorte. - S. und Koks sind zollfrei.

Steinzeug. Dieser Begriff umfaßt eine Klasse harter Thonwaren, welche in zwei sehr verschiedene Gruppen auseinandergeht, nämlich in feine Ware, die mehr oder weniger Luxusartikel ist, und in ordinäre, welche diejenigen verschiedenartigen Gebrauchsartikel bildet, die man gewöhnlich steinerne nennt. Das unterscheidende Merkmal beider Klassen von S. liegt darin, daß die Masse durch heftiges Brennen gesindert, daher bedeutend hart, dicht und glattbrüchig ist. Sie unterscheidet sich demnach sofort von der erdig brechenden gewöhnlichen Töpferware und nähert sich dem Porzellan, von dem sie aber, abgesehen von etwaiger Färbung, wieder dadurch abweicht, daß sie niemals irgend eine Durchscheinbarkeit zeigt.

Die Masse brennt sich, je nach der Thonsorte, entweder ganz weiß, oder öfter grau, bläulich, braun etc. Man gibt ihr aber auch bestimmte Farbentöne durch Zusatz von Eisen- und andern Metalloxyden, welche dann zugleich als Flußmittel dienen; andre, nicht färbende, Flußmittel sind Feldspat, Gips, Kalk, Baryt, Knochenasche. Da die Masse schon an sich wegen ihrer Dichtheit für Flüssigkeiten undurchdringlich ist, so ist eine Glasur nicht erforderlich; wird eine solche bei ordinären Waren angewandt, so ist es in der Regel die Salzglasur.

Diese besteht aus Folgendem: wenn sich der Brennofen mit den Waren in höchster Glut befindet, werden ein paar Hände voll Kochsalz (Chlornatrium) ins Feuer geworfen. Dieses verflüchtigt sich bei der hohen Temperatur rasch und die Dämpfe ziehen in den Ofen, kommen mit den Waren in Berührung und zerlegen sich an den kieselreichen glühenden Thonmassen dergestalt, daß, unter gleichzeitiger Zerlegung der vom Feuer erzeugten Wasserdämpfe, Chlorwasserstoff (Salzsäure) und kieselsaures Natron gebildet wird, das als eine Art Glas, in welches auch Thonerde und Eisenoxyd mit eingehen, einen festhaftenden dünnen, aber sehr harten, Überzug auf dem S. bildet. -

Im 15. und 16. Jahrhundert, bevor das Porzellan erfunden war, bestanden die Luxusthongeräte aus S. und es wurden am Rhein, namentlich in Siegburg bei Köln, in Raeren bei Aachen und an ver-^[folgende Seite]