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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Renzen

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genannt, was das Volk Greggi von Kochadorff zu nennen anfing, und so blieb dieser Name bis jetzt. Nach Verlauf einer langen Zeit aber leisteten die genannten Gregg unter dem Pfalzgrafen vom Rhein Kriegsdienste. Von diesen kamen einige nach Ulm und (pag. 117) bauten sich bei der Gründung dieser Stadt in dieser ein festes Haus, das heute noch "uff der Veste" genannt wird, beim Rathaus und der Kanzlei der Stadt an der Stelle, wo jetzt ein hölzernes Haus und öffentliches Gasthaus 1) steht. Endlich aber, vom Unglück betroffen, begannen sie in ihrem Vermögen herunterzukommen und suchten sich daher den nötigen Unterhalt, indem sie sich den Geschäften widmeten. Und damals stand es in der Stadt Ulm mit dem Recht als Bürger noch nicht so wie heutzutage, sondern jeder Geschäftsmann wurde unter die Höheren gerechnet. Aber nachdem diese bürgerliche Rangordnung eingeführt worden war, beschlossen die Gregg, in der Zahl der Zünftigen zu bleiben, um freier ihren Geschäften nachgehen zu können. Als sie dann nach Verlauf einiger Zeit wieder Reichtum gesammelt hatten und berühmt geworden waren, versuchten sie in den Rang der Dritten aufzusteigen, konnten es aber nicht, weil schott dafür gesorgt war, daß kein Zünftiger in diesen Rang aufgenommen wurde. Daher gingen sie, da bei ihren Mitbürgern ihr Drängen nichts nützte, die Hilfe des Kaisers Friedrich III. an, und trotz vieler Kosten, die beide Teile aufwendeten, blieben diese Gregg zünftig und sind es noch heute, blühend durch Reichtum, Ämter und Ehren, und unter ihnen haben wir sehr würdige und verständige Männer gesehen. Von ihnen gab es Zunftmeister, Richter, Ratsherren, Vögte von Grafschaften, Einunger, Fünfer, Stadtrechner u. s. w.

Renzen.

Die Familie der Renzen ist so ehrbar, daß sie immer als Genossen der Dritten und der Adeligen angesehen und mit ihnen durch Heirat verbunden wurden, trotzdem daß sie zünftig waren. Diese haben zum Unterschied von andern Adeligen desselben Namens ein ziemlich bedeutendes Wappen. Ihr Schild hat nämlich ein silbernes Feld oder Fläche, auf der ein roter Panther gesehen wird, der grimmig, aufgerichtet, mit zum Zerreißen ausgestreckten Pranken und aufgerissenem Rachen einen nackten Menschen verschlungen zu haben scheint, der, wie ein zweiter Jonas, aus dem Leib des Tieres heraufkommend in den Rachen heraufsteigt und eine bloße Hand samt dem Arm durch die Zähne des Rachens gleichsam (pag. 118) hilfeflehend herausstreckt. Von diesen Renzen haben wir in Ulm Richter, Ratsherren, Vögte der Grafschaften und in edlen Waffen Dienende gesehen. Es gibt aber außer diesen Renzen noch viele dieses Namens in der untersten Stellung in Ulm und andern Orten Schwabens. Ein Grund davon, daß dieser Name verschiedenen beigelegt worden ist, ist der, weil Friedrich der zweite Kaiser dieses Namens einen Sohn hatte namens Renz, 2) einen sehr kriegerischen Mann, der gegen die Lombarden, Italiener und Sizilianer viele schwere Kriege führte; daher wurden alle in seinem Heere Renze genannt, weshalb dieser Name bei mehreren als Eigenname blieb, besonders in Schwaben; denn er hatte sein Heer aus Schwaben in die ebengenannten Gegenden geführt. Ein anderer Grund der Vermehrung dieses Namens ist der: zu der Zeit nämlich, da Papst Clemens 3) in Avignon residierte, war in Rom ein öffentlicher Schreiber, ein hochherziger Mann, der die Römer versammelte und

1) Veesenm.: Das Gäßchen hinter dem Rathaus heißt heute noch das Vestgäßchen, und da war in alten Zeiten der "Herrenkeller", ein hospitium publicum, öffentliches Wirtshaus.

2) Veesenm.: Ist vielleicht Enzius gemeint?

3) Es ist Clemens VI, 1342-1352.