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Abhandlung von der Stadt Ulm

Bruder Felix Fabris, Druck der Buchdruckerei von Heinrich Frey, Ulm, 1909

Nach der Ausgabe des litterarischen Vereins in Stuttgart verdeutscht von Professor K. D. Haßler.

Schlagworte auf dieser Seite: Bitterlin; Öttinger

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ihnen, wenn sie ihm folgen wollten, eine Reformation und Zurückführung der Monarchie in die Stadt Rom versprach. Dieser Mann aber hieß Rentius, 1) weil er aus der edlen Familie der Rentier war. Mit einem Heer, das er gesammelt hatte, wütete er gegen die vom Papst eingesetzten Dienstleute und Vögte, tötete eine große Menge und versuchte eine andere Verfassung einzuführen und den Senat wiederherzustellen. Alle Bewaffneten dieses Heeres nun wurden nach ihrem Hauptmann Rentii genannt, und unter diesen waren viele Deutsche und hauptsächlich Schwaben, die aus Italien den Namen in ihre Gegenden brachten. Überdies gibt es einen dritten Grund. Als nämlich Ludwig der Bayer gegen die Kirche wütete und oftmals excommuniciert, Schismatiker und Ketzer genannt worden war und doch gegen Papst und Kirche als Kaiser auftrat, wurde er durch den Papst abgesetzt und Karl IV gegen ihn in einem Ort, Renz 2) genannt, gewählt, und deswegen wurden alle seine Anhänger Renze genannt, und aus diesen Gründen blieb dieser Name an manchen Adeligen und Nichtadeligen, Reichen und Armen, Großen und Kleinen hängen.

Bitterlin.

Die Familie der Bitterlin, die immer zu den Adeligen gehörte und in höchster Ehrbarkeit stand, zierte Ulm von Alters her und vielleicht von seinem Anfang an durch ihre Würde (pag. 119). So sehr aber galt diese Familie, obwohl sie zünftig ist, als adelig, daß sie mit den Höchsten und Ältesten vielfach durch Heirat verbunden sich findet. Auch wenn sie an den Höfen der Fürsten dem Kriegsdienst sich widmeten, wurden sie unter den adeligen Dienstleuten für nicht geringer angesehen. Als daher bei einem Kampfspiel einer von dieser Familie bewaffnet auftrat und mit seinem Wappen geschmückt unter den Adeligen kämpfte, griff ihn ein Adeliger mit dem Vorwurf an, warum er sich herausnehme, ein seinem Geschlecht gehöriges Wappen zu tragen. Als dieser aber sagte, dieses Wappen gehöre seiner Familie, wurde die Sache vor das Gericht des Kaisers gebracht, und dieser machte die Änderung, daß der Adelige eine Ziege mit Hörnern, Bitterli aber eine Ziege ohne Hörner in denselben Farben führen solle. Woher aber dieser Name Bitterli dieser Familie gekommen sei, habe ich nicht gehört. Aber weil das Verkleinerungswort einen kleinen Bitteren bezeichnet, so glaube ich, daß in irgend einer Generation einmal entweder ein ernster Knabe oder ein kleines mächtiges und strenges Männlein gewesen sei, das das Volk Bitterle zu nennen pflegte. Von diesen Bitterlin haben wir in unserer Zeit Zunftmeister, Richter, Ratsherren, Einunger, Rechner, Fünfer, einen Spitalhofmeister und würdige Männer gesehen, die sogar vom Rat an Kaiser, an Könige, Fürsten und zu Reichstagen geschickt wurden teils wegen ihres Verstandes, teils auch wegen des ehrwürdigen Aussehens ihrer Person.

Öttinger.

Die Familie der Öttinger, in würdigem Ansehen stehend, war immer in Ulm mit den Höchsten verbunden und befreundet. Diese kam einst, wie manche vermuten, aus Rhätien nach Ulm, indem sie aus ihrem Namen die Gelegenheit nahmen, wie wenn sie deswegen Ötten genannt würden, weil sie von der Stadt Öttingen 3) wären. Ob jedoch dies wahr sei, kann durch kein einleuchtendes Zeugnis bewiesen werden, weil das Alter dieser Familie, seitdem sie Ulm

1) Cola Rienzi (Nikolaus Laurentius) ist gemeint.

2) Veesenm.: Rhense, am Rhein, oberhalb Coblenz.

3) Veesenm.: Das Städtchen Ötting am Inn ist wohl gemeint, nicht Öttingen an der Wernitz.