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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

aber auch an anderen Orten entstanden bedeutsame Bauten, so der Zeustempel in Olympia, der Demetertempel in Eleusis und viele andere.

Weltliche Prachtbauten. In diesem Zeitraum bilden nicht mehr die Tempel die ausschließlichen Gegenstände der Baukunst, sondern es entstehen jetzt auch Prachtbauten, die anderen öffentlichen Zwecken dienen. Das gewöhnliche Wohnhaus bleibt allerdings noch immer einfach in seinem Aeußeren, was mit der gesamten Lebensweise der Griechen zusammenhing; Fürsten gab es in den Volksstaaten nicht, und auch die Vornehmen durften die Mißgunst der Massen nicht durch Prunkhäuser erregen. Dagegen ließ das "herrschende Volk" die öffentlichen Gebäude in künstlerischer Weise ausgestalten; vor allem jene, die den Festspielen dienten, welche ja auch eine religiöse Weihe hatten. Den Festspielbauten und Theatern schlossen sich dann Denkmale an, welche zu Ehren von Siegern in den Wettkämpfen oder zum Gedächtnis Verstorbener errichtet wurden; auch Friedhofsanlagen kamen auf. Von letzteren bietet ein Beispiel das Heroon von Giölbaschi in Kleinasien (Lykien), die Familiengrabstätte eines griechischen Vornehmen, die aus der Zeit um 400 v. Chr. stammt.

Städteanlagen. Besonders beachtenswert ist aber, daß man bei Gründung neuer Städte nach baukünstlerischen Gesichtspunkten verfuhr. Bei der Anlage hielt man an der Geradlinigkeit und rechtwinkligen Durchschneidung der Straßen fest; die öffentlichen Plätze stattete man mit Säulenhallen aus. Diese neuen Städte - so Rhodos (408 v. Chr.), Megalopolis (nach 370), Messene u. a. - gewannen daher ein vornehm-prächtiges Aussehen, und zeugten von dem künstlerischen Sinne, welcher das ganze Griechenvolk beseelte.

Dritter Zeitraum bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. Alexander der Große hatte die politische Selbständigkeit der griechischen Staatsgebilde vernichtet, dafür gewann er der griechischen Kultur und Kunst die halbe Welt. Im Gefolge seiner siegreichen Heere verbreitete sie sich über den ganzen Osten; die alten Kulturstätten im Mittelstromlande und Aegypten, auch Indien werden von griechischem Geiste erfüllt und büßen ihre Eigenart zum größten Teile ein. Mit der Aufrichtung des makedonischen Weltreiches beginnt der dritte Zeitraum, dessen Ende sich eigentlich schwer bestimmen läßt. Die meisten rechnen ihn nur bis zur Eroberung Griechenlands durch die Römer, was jedoch nicht zutreffend erscheint, wenn man erwägt, daß die griechische Kunst, insbesondere aber die Baukunst, die italische in einer Weise beeinflußte, daß man beinahe von einer "künstlerischen" Eroberung Roms sprechen könnte. Ich möchte daher als Zeitgrenze eher das 1. Jahrhundert nach Chr. annehmen, bis nämlich die besonderen Eigentümlichkeiten der römischen Kunstübung - von denen später die Rede sein wird - in schärferer Ausprägung hervortreten.

Eigenart dieses Zeitraums. Die Aenderung der allgemeinen Verhältnisse prägt sich

^[Abb.: Fig. 98. Harmodios.

Aus der Gruppe der Tyrannenmörder. Neapel.]