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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

Kunstrichtung besitzt eine Eigenart. In Rom entwickelt sich die Sache anders. Hier beschränkt sich die Kunstthätigkeit zunächst auf das bloße Nachbilden (Kopiren), der griechischen Werke. Der Umstand, daß man in Rom alle bedeutsamen Schöpfungen der griechischen Kunst aufgehäuft hatte, macht dies verständlich. Besseres zu schaffen, schien unmöglich, und es konnte daher eine selbständige Regung nicht aufkommen.

Seit der Eroberung Griechenlands (146 v. Chr.) hatte man übergenug "Originalwerke", nicht nur um die Stadt, ihre Plätze und öffentlichen Gebäude zu schmücken, sondern auch für die Heimstätten der römischen Beamten und Feldherren, welche auch "für eigene Rechnung" plünderten. Den Anderen, welche nicht in der Lage waren, sich auf diese Weise Kunstschätze zu verschaffen, genügten aber die Nachbildungen.

Nachbildung griechischer Werke. In der letzten Hälfte des 2. und bis zu Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. sind daher in Rom griechische Künstler aus Athen und Kleinasien thätig, welche die alten Meisterwerke nachbilden. Aus Eigenem leisten sie nichts anderes, als daß sie verschiedene Züge oder Einzelwerke zu Gruppen zusammenstellen.

Es entstehen unter anderen auch Bildnisstandbilder, bei denen der Körper nach einem berühmten Vorbilde geformt ist, dem nur der Kopf mit den Zügen des Darzustellenden aufgesetzt wurde. Die Behandlung ist natürlich ungleich, je nach der Fertigkeit der einzelnen Künstler, manche Nachbildungen sind ungemein sorgfältig gearbeitet, andere wieder unbeholfen, auch wurde vielfach willkürlich das Vorbild abgeändert.

Erscheint diese Thätigkeit an und für sich geringwertig, so müssen wir doch dankbar für dieselbe sein, denn ihr verdanken wir überhaupt das Meiste, was wir von der griechischen Kunst wissen, da die ursprünglichen Werke mit verschwindenden Ausnahmen verloren sind und nur die Nachbildungen auf uns kamen.

Vorwiegend wurde Marmor zu den Nachbildungen verwendet - auch für Bildwerke, die ursprünglich aus Erz geformt waren - verhältnismäßig seltener die Bronze, obwohl die einheimisch-italische Kunst im Erzguß eine ziemlich hohe Stufe erreicht hatte. Auch dies zeugt dafür, daß kein Zusammenhang zwischen jener und der eingeführten Kunstweise

^[Abb.: Fig. 122. Dionysos. Torso.

Neapel, Museo Nazionale.]

^[Abb.: Fig. 123. Kopf des Apollon vom Belvedere.

Rom, Vatikan.]