Schnellsuche:

Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

132

Die hellenische Kunst.

feine Ueberarbeitung auf den Marmor übertrugen. Die Steifheit der Athene läßt sich dadurch erklären, daß die Darstellung dieser, als einer Göttin, an bestimmte Regeln gebunden war. Bei der Athene ist die sorgfältige Ausarbeitung des Gewandes zu beachten, dasselbe fällt in zierlichen Falten bis zu den Füßen. Allen Köpfen des Westgiebels ist der lächelnde Zug gemeinsam, welcher bei denen des Ostgiebels fast ganz verschwunden und einem der Handlung mehr entsprechenden Ausdruck gewichen ist.

Die Tyrannenmörder (Fig. 97 u. 98). Das Streben, die Körper in lebhafter Bewegung darzustellen, finden wir in einem attischen Werke, den Tyrannenmördern. (Harmodios und Aristogeiton töteten im Jahre 514 v. Chr. den Hipparch und gaben dadurch den Anstoß zur Vertreibung der Tyrannen durch die Athener). Die beiden Jünglinge muß man sich zu einer Gruppe ergänzt denken, und zwar so, daß der eine, Harmodios, der den tötlichen Streich führt, durch Aristogeiton mit dem vorgestreckten Arm gedeckt wird. Die ursprüngliche Bronzegruppe, die ungefähr 510 v. Chr. durch Antenor geschaffen wurde, fiel in die Hände der Perser. Deshalb erhielten Kritios und Nesiotes den Auftrag, dieselbe durch eine Nachbildung zu ersetzen. Die letztgenannten Künstler gehören dem 5. Jahrhundert v. Chr. an, deshalb sind einige feinere Durchbildungen des Körpers auf diesen Umstand zurückzuführen; die Haltung dürfte jedoch genau nachgebildet worden sein. Der Kopf des Aristogeiton ist zwar antik, doch aus späterer Zeit und gehört nicht zur Figur.

Zeustempel zu Olympia. Die Zeit nach den Perserkriegen hat uns in den Resten des Zeustempels zu Olympia einen Schatz hinterlassen, welcher es uns ermöglicht, an den ursprünglichen Werken selbst den Stand der Kunstübung dieser Zeit zu erkennen. Ich gebe hier (S. 98 u. 99) neben einer Gesamtansicht des Westgiebels noch ein Bruchstück "Jungfrau und Kentaur" und eine Metope.

Der Schmuck des Westgiebels schildert den Kampf der Lapithen gegen die Kentauren, welche bei der Hochzeit des Peirithoos und der Deidameia die Lapithenfrauen zu rauben suchen. Wie beim Giebel des Aeginatempels nimmt die Mitte eine Gottheit ein, hier Apoll, welcher in gebietender, doch ruhiger Haltung dasteht.

Der Ostgiebel schildert den Ursprung der olympischen Spiele. Im Gegensatze zu der lebhaften Bewegung am Westgiebel ist die Darstellung von größter Ruhe. Der Wettkampf zwischen Oinomaos und Pelops soll erst beginnen. Da im wesentlichen keine Stilunterschiede zu bemerken sind, habe ich von einer Abbildung dieser Bildwerke abgesehen. Die Darstellungen der zwölf Metopenreliefs sind der Heraklessage entnommen. Unsere Probe

^[Abb.: Fig. 138. Demeter von Knidos.

London, British Museum.]