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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Die hellenische Kunst

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Die hellenische Kunst.

Nachbildung des Kopfes eines großen Standbildes des Zeus, das in der Zeit des Praxiteles entstanden sein dürfte.

Homer. Die Büste des Homer (Fig. 149) erscheint in zahlreichen Wiederholungen erhalten, was auf ein sehr berühmtes Urbild schließen läßt, das vielleicht hellenistischen - alexandrinischen - Ursprungs gewesen ist (S. 118). Der Dichter ist als Greis aufgefaßt, der sinnend in die Ferne blickt. Daß der Künstler auch die dem Homer angedichtete Blindheit andeuten wollte, erscheint mir doch sehr zweifelhaft, da alle dafür angegebenen Kennzeichen, wie Eingesunkensein der Augäpfel, Kleinheit der Augenöffnung u. s. w. auch bei sehenden Greisen zu finden sind.

Aber nicht nur bei diesen frei erfundenen Gestalten suchten die Künstler Idealbilder derselben zu geben, sondern auch in den Bildnissen der Zeitgenossen, die nicht ein getreues Ebenbild, eine Nachbildung der Natur sein sollten, sondern veredelte Wiedergabe derselben, in der die "Zufälligkeiten", die jedes Menschenantlitz besitzt, unterdrückt wurden, und dafür der geistige Gehalt der Person gesteigert zum Ausdruck kommt.

Perikles. Eines der schönsten Beispiele dieser veredelten Bildnisse ist die Büste des Perikles (Fig. 150), die die ausgezeichnete Marmornachbildung eines Bronze-Urbildes von Kresilas sein dürfte.

Seneca. "Realistischer" d. h. naturwahrer ist der sogen. Kopf des Seneca (Fig. 148), der aus dem ersten Jahrhundert nach Chr. stammt und schon die römische auf Lebenstreue abzielende Auffassung zeigt.

Standbild des Sophokles. Doch nicht nur durch Aufstellung von Büsten und Hermen ehrten die Griechen ihre großen Männer, auch lebensgroße Standbilder wurden ihnen errichtet. Ich gebe hier in Fig. 151 die Abbildung eines etwas überlebensgroßen Standbildes des Dichters Sophokles, dessen Urbild wahrscheinlich dem 4. Jahrhundert angehörte. Die Schönheit dieses Werkes besteht neben der ungezwungenen, doch vornehmen Haltung in der Großzügigkeit und in der Gewandbehandlung, die dadurch, daß die einfachen Falten nach einer Hauptrichtung laufen, den Schwung der Haltung unterstützt, ferner in dem geistvollen Kopf mit den sinnend blickenden Augen. Das Werk ist eine Nachbildung eines verlorenen Urbildes aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., dessen Künstler nicht bekannt ist.

Herakles Farnese. Zur Ergänzung der Darstellung des nackten männlichen Körpers gebe ich in Fig. 152 die Abbildung des sogen. Herakles Farnese, der wahrscheinlich nach einem Vorbilde des Lysippos in römischer Zeit von dem Athener Glykon geschaffen wurde. Im Gegensatz zu den jugendlichen Gestalten der Fig. 97-122 zeigt dieses Werk den gereiften Manneskörper mit kraftvollen Formen. Durch einen feinen Zug hat der Künstler eine starke

^[Abb.: Fig. 172. Flachbild des Antinous.

Rom, Villa Albani.]