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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Germanische Kunst

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Germanische Kunst.

des Bischofs Bernward von Hildesheim, der als Erzieher und Reichskanzler Kaiser Ottos III. von großem Einfluß, eifriger Kunstfreund und selbst ausübender Künstler war. (+ 1053.) Aus seiner Zeit stammen u. a. die Erzthüren des Hildesheimer Domes, dann die eherne 15 Fuß (4,7 m) hohe Christussäule im Domhof, auf welcher in Nachahmung der Trajanssäule die Geschichte des Erlösers in Flachbildnerei dargestellt ist. (Sie war vielleicht ursprünglich dazu bestimmt, die Osterkerze zu tragen.) In der Magdalenakirche, welche das Grabmal Bernwards enthält, finden sich ferner zwei aus einer Silbermischung gegossene Leuchter, die aus seiner Werkstätte herrühren. Diese Arbeiten sind allerdings noch unbeholfen und lassen erkennen, wie wenig die Arbeitsfertigkeit noch ausgebildet war; sie bezeugen aber auch, daß die Künstler nicht sklavisch sich an Vorbilder hielten, sondern selbständig und unbefangen ihre Gedanken zum Ausdruck zu bringen versuchten.

Im Gegensatze zu der starren, schulmäßigen Darstellungsweise der Byzantiner erscheint hier die Auffassung als eine naturalistische, und wenn auch noch die Fähigkeit fehlt, die natürlichen Formen sicher wiederzugeben, das richtige Gefühl für dieselben giebt sich doch immer kund. Dies gilt von allen Werken aus dieser Zeit, unter denen namentlich verschiedene Grabplatten aus Bronzeguß - in den Domen zu Merseburg, Magdeburg, Quedlinburg u. a. O. - bemerkenswert sind.

Der Ruf der sächsischen Erzgießer war damals weit verbreitet und ihre Werke scheinen auch ins Ausland gegangen sein. Nur in den Niederlanden, zu Dinant an der Maas, findet sich um 1100 eine Werkstätte, die mit den sächsischen wetteifert und treffliche Arbeiten liefert. Der Erzguß herrscht im ganzen 11. Jahrhundert vor, von Werken in Holz und Stein sind nur sehr wenige vorhanden und diese sind durchweg plump und roh. Die eigentlichen Künstler verschmähten offenbar diese Stoffe. Das älteste Flachbildwerk in Stein, welches künstlerisch bedeutsam erscheint, stammt aus dem Jahre 1115; es ist die in die Felswand gehauene Kreuzabnahme an den Externsteinen (Eggestersteinen) im Teutoburger Walde. In der Zusammenstellung der Gruppe, wie in der Behandlung der einzelnen Gestalten giebt sich ein bedeutender Fortschritt kund, die Formen sind kraftvoll und bezeichnend, die Bewegungen edel und maßvoll. (Fig. 258.)

Im Laufe des 12. Jahrhunderts gewannen die deutschen Bildner nun immer mehr Gewandtheit und Sicherheit in der Beherrschung der Form, und im 13. Jahrhundert schaffen sie Kunstwerke von vollendeter Schönheit. Der Stoff ist jetzt nur selten noch Bronze,

^[Abb.: Fig. 274. Miniatur aus den Psalmen Davids.

München, Staatsbibliothek.]