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Illustrierte Kunstgeschichte

Johannes Emmer, Deutsche Volksbibliothek A.-G., Berlin, ohne Jahr [1901]

Schlagworte auf dieser Seite: Germanische Kunst

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Germanische Kunst.

Amiens letztere bereits ausgebildet. Ganz ohne Rest ist freilich auch an ihrem Aeußern (Fig. 281) die Eigentümlichkeit der älteren französischen Bauweise in den neuen Stil noch nicht aufgegangen. Die Anordnung der Teile ist die gleiche, auch hat sich die kräftige Betonung wagerechter Glieder in den Galerien erhalten, doch sind in der Ausgestaltung der Einzelheiten und auch im Innern die gotischen Grundgedanken folgerichtig durchgeführt. Von den auf S. 292 als bezeichnende Schmuckstücke genannten Baugliedern finden wir an den drei Portalen des Unterstockes die Spitzgiebel und an den Pfeilern zahlreiche Fialen. Das Radfenster ist durch reiches Maßwerk zur sogen. Fensterrose umgewandelt. In der Bogenstellung unter derselben sind wie bei Notre Dame zahlreiche Bildsäulen aufgestellt. Auch die Portale sind sehr reich mit Bildwerken geschmückt. Vollkommener noch wie am Aeußern hat sich im Innern die Umwandlung vollzogen. (S. 281.) Die schlanken Stützen der Gewölberippen steigen von unten auf, nur durch leichte wagerechte Gliederungen, die sich durch das ganze Innere hinziehen, unterbrochen. Das Aufstreben der für den Eindruck maßgebenden Teile ist vollkommen durchgeführt. Die Hauptkirche von Amiens wurde wahrscheinlich im Jahre 1220 begonnen und 1288 bis auf die Türme vollendet.

Hauptkirche zu Rouen. Der "hochgotische" Stil erscheint ausgeprägt in dem Aeußeren der Hauptkirche zu Rouen (Fig. 282). Auffällig ist zunächst die reichere Verwendung der Schmuckformen. Die Portale und Fenster haben sämtlich zierlich durchbrochene Spitzgiebel, so daß z. B. über dem Hauptportal die Giebelfläche in ein Netz zartesten Maßwerks aufgelöst ist. Die Türme haben alle Massigkeit verloren, sie verjüngen sich in zwei Stockwerken, die durch hohe Fenster durchbrochen sind. Zahlreiche Fialen schmücken ihre Pfeiler.

Im Maßwerk der Spitzgiebel und der Bogenfelder zeigt sich eine große Vorliebe für die Verwendung des Kreises als Mittelstück. Der Beginn des Baues fällt in die Zeit bald nach 1207, die Einweihung erfolgte 1280, doch wurden die Schauseite und die Türme erst im 15. Jahrhundert vollendet.

^[Abb.: Fig. 314. Inneres der Domkirche in Perugia.]