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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Etwas vom Bideraufhängen

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus. XIII. Band. Nr. 15

Erscheint wöchentlich. Abonnement jährlich Fr. 2.50; als Beilage zum "Schweiz. Familien-Wochenblatt" gratis. Inserate die kleine Zeile 25 Cts.

Verlag von Th. Schröter, Obere Zäune 12, Zürich.

1903. 10. Oktober. Inhalt: Etwas vom Bilderaufhängen. (Forts.) - Verwertung von Konservenbüchsen. - Aus der orientalischen Küche. - Um die Kaffeekanne herum! - Zahnen (Dentition) der kleinen Kinder und Krankheiten. - Vermischtes. - Kleidung. - Haus- und Zimmergarten. - Einmachkunst. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate.

Etwas vom Bideraufhängen.

Von K. Winzer.

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Vergleichen wir nun einmal verschiedene Bilder aus der Natur auf ihre Wirkung hin. Versetzen wir uns an einen Waldesrand. Vor uns sind in einer Entfernung von etwa 50 Meter 20 bis 30 Leute mit dem Heu beschäftigt und laufen hin und her. Dazwischen fahren die Wagen; das müde, abgespannte Auge wird zwar im ersten Augenblick durch die bunten Farben des Bildes überrascht sein, dann aber wird es sich ruhesuchend abwenden. Wohlverstanden in dieser Entfernung, ist die Entfernung größer, ändert sich der Charakter des Eindrucks.

Haben wir dagegen eine saftiggrüne Wiese vor uns und sehen auf derselben einen Landmann gehen, dessen Kleidung sich der Farbe nach von dem Grün abhebt, so werden wir das Auge ruhig ihm folgen lassen. Worin liegt nun der Unterschied bei diesen scheinbar gleichen Voraussetzungen? Sicher doch nur in der Bewegung und Vielseitigkeit des ersten Bildes. Man stelle einmal das Auge auf die Probe, und man wird den Unterschied merken.

Dasselbe ruhige und frohe Gefühl haben wir, wenn wir von der Wiese in das dunkle Violett des Waldes blicken. Vorausgesetzt, daß wir uns in einer Entfernung befinden, bis zu welcher die Bäume für sich in dem Gesamtausdruck des Waldrandes untergehen. Jetzt tritt mit einem Male ein Hirsch aus dem Walde und setzt sein helles Braun auf den dunklen ruhigen Hintergrund. Unwillkürlich wird das Auge sich auf ihn richten und jede seiner Bewegungen verfolgen. Diese ruhige Beobachtung ist aber ausgeschlossen, sobald zehn Hirsche vor dem Auge auftauchen und hin und her gehen. Jeder, der dieses Bild einmal erlebt hat, wird wissen, daß man unwillkürlich Lust hat, die Tiere aufzuscheuchen; mit dem Augenblick der Störung eint sich das dem Auseinandergehen nahe Bild und bietet dem Auge einen geschlossenen Eindruck.

Ebenso ruht das Auge länger auf dem Bild, das die Schnitter an der Mittagstafel auf flacher Erde darstellt; als auf dem Bild, das ganz dieselben Personen eine halbe Stunde vorher bei der Arbeit darstellt. Nicht als ob dem Beschauer die letzte Beschäftigung weniger zusage als die erstere, nein, der Grund liegt in dem Totaleindruck. Bei dem ersten Bilde kann sich das Auge so recht in das Bild vertiefen, kann es voll und ganz erfassen; die Einzelheiten rufen besondere Freuden hervor. Alles dies ist bei der Zerrissenheit des andern Bildes ausgeschlossen.

Doch genug: Wir haben Bilder in der Natur gefunden, die dem Auge Ruhe, Erholung und Freude bieten. Betrachten wir sie jetzt genauer, um die Vorbedingungen für unsere Wohnungsdekorationen zu erkennen. Sehen wir einmal ganz ab von dem eigentlichen Gegenstande der Bilder und betrachten wir die Umgebung, in der sie uns erschienen: die grüne Wiese, der dunkle Wald, das gelbe Feld. Alle drei Hintergründe haben einen einförmigen Ton. Denke man sich jetzt diese Hintergründe dicht hinter jedem der Gegenstände von einer Allee Pyramidenpappeln quer durchzogen, in der jeder Baum die gleiche Entfernung von seinem Nachbar habe, und man wird fühlen, der ruhige Eindruck jedes der Bilder ist vernichtet. Er beruhte also zum großen Teil auf der Einfarbigkeit des Hintergrundes.

Fangen wir darum bet unserm Zimmerschmücken damit an; schaffen wir für die Bilder einen ruhig wirkenden einfarbigen Hintergrund. Man versuche es einmal und klebe statt der blumenreichen Tapete eine an, die von fern einfarbig, wohltuend wirkt, denn sie soll doch nur Hintergrund sein. Dann sieht das Auge von selbst das Bild, weil es nicht versucht ist, ein Tapetenmuster zu erfassen. Soviel vom Hintergrund; nun das Bild selbst.

Ebenso wie das Auge auf den Bildern draußen länger verweilte, die ihm nur ein Objekt boten, ebenso wird es auch im Zimmer ein Bild länger und erfolgreicher anschauen. Man