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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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aus feingeschnittenem Fleisch bestehend, gar nicht zu verachten; auch Schinkenschnitten, wie Bröselschnitzel paniert und gebacken, sind vorzüglich. So ist die Zahl der Verwendung von kleinern Fleischresten so vielfach, daß Abwechslung keine allzugroße Kunst ist, und findet jeder etwas, was ihm mundet.

Ist ein Stück Braten (Rind-, Schweine-, Hammelsbraten), derart, daß man es aufwärmen möchte, so tue man dies nicht im Rohr oder direkt in einer Pfanne auf offenem Herde, sondern man stelle ihn mitsamt dem Geschirr, worin er sich befindet, in eine Pfanne mit heißem Wasser, decke zu und wärme so das Gericht im Dunst, so wie man einen Pudding kocht. So behält das Fleisch den ursprünglichen Wohlgeschmack, und die Sauce verringert und verschlechtert sich nicht. Diese letztere aber ist manchem Esser die Hauptsache und wird oft sogar dem Braten vorgezogen. Aehnlich oder besser gesagt, ebenso werden Buttersaucen, Eiersaucen, Zwiebel-, Tomatensaucen, u. a. aufgewärmt. Gänse und Enten werden ebenfalls in Dunst aufgewärmt; gebratene Hühner und Tauben gebe man jedoch kalt, ebenso können auch Ente und Gans serviert werden.

Fische lassen sich nicht lange aufbewahren. Blaugesotten oder abgekocht ißt man sie kalt mit Senfsauce oder Mayonnaise. Resten ergeben Fischsalat, Fischpudding, Fülle zu Pastetchen, oder Aspik.

Alle feinern Gemüse sollten niemals offen, sondern in Dunst aufgewärmt werden. Dagegen vertragen Kohl, Kabis, Rüben, Bohnen, besonders aber Sauerkraut ein offenes Aufwärmen in der Pfanne; ja, letzteres wird, wie der Volksmund sagt, durch das Wiederaufkochen "zehnmal, zehnmal besser." Reste von Blumenkohl, Erbsen, Spargelköpfchen und Sauce gebe man in Suppen. Gekochte weiße Böhnchen, kalt als Salat angemacht, gehen als Beilage zu Rindfleisch, gekochte dürre Zwetschgen können ebenso verwendet werden. Gekochtes Obst kann zu Auflauf, zu einem spanischen Brotberg, zu Schnitten und Früchtepudding und zu kleinen Fruchttörtchen vollends aufgebraucht werden. Spinatreste geben einen schmackhaften Spinat-Pudding, eine "Fülle" zu Maultaschen und grüne Omeletten.

Uebrig gebliebene gekochte Kartoffeln in der Schale lassen sich noch zu einem warmen Kartoffelsalat brauchen, indem man sie ungeschält in heißes Wasser legt und einmal darin aufkocht, nachher schält, in Scheiben schneidet, mit gehackter Zwiebel, frischer Butter, Pfeffer und Salz mischt, mit einem Löffel voll warmer Fleischbrühe übergießt und dann mit Essig und Oel anmacht. Kalt geschält und in Scheiben geschnitten, werden sie als "Rösti" oder das bekannte volkstümliche "Bräusi" zu Milch oder Milchkaffee als Frühstücksgericht gegeben. Kalt gerieben, mit Mehl, Eiern und Rahm gemischt und wie Koteletten oder talergroße Küchlein, als kleine Birnen oder Aepfelchen geformt und in Butter gebacken, sind sie zu Gemüse und Obst, Salat und Saucen eine angenehme Zuspeise.

Gekochten Reis verwendet man in Suppen, Milchreis, Griesbrei, süßen Mehlbrei zu Aufläufen. Uebriges Eiweiß wird in den Spätzli- oder Omelettenteig, so bald wie möglich verbraucht, da es längeres Aufbewahren nicht erträgt. Größere Reste können namentlich in der warmen Jahreszeit zu Fruchtschaum verarbeitet, im Winter dagegen als Meringen oder Chokoladebusserl gebacken werden.

Suppen sollen stets rasch, Ragout dagegen langsam aufgewärmt werden. Altes Weißbrod taugt für alle die zahlreichen Speisen aus Brösel, Würfeln und Schnitten, zu Aufläufen, Puddings, Charlotten, sowie zu Suppen. Alte Hausbrodreste können eingeweicht und dann zu Panadesuppe verkocht werden.

Uebrig gebliebener Saft von Essigzwetschgen ist noch gut zum Angießen des Rotkrautes. Geleestücklein geben eine hübsche Kompotverzierung; getrocknete Quittenschalen, gedämpften Aepfeln während des Kochens beigefügt, verleihen ihnen ein angenehmes Aroma. Die äußere feine Orangenschale und Zitronenschale wird fein zerschnitten und getrocknet, woraus man sie zu beliebiger Zeit als Würze für die Creme oder Kuchen verwenden kann - oder man legt die frische Schale in ein kleines Töpfchen, streut eine Lage gestoßenen Zucker darüber und gibt wieder Rinde und zuoberst Zucker.

Zwiebelschalen werden als Eierfärbemittel um die Osterzeit viel verwendet. Eine kleine Schale verleiht einer trüben Fleischsuppe, wenn sie eine halbe Stunde mitgekocht wird, eine schöne gelbliche Farbe. Schalen von rohen Kartoffeln werden fein zerschnitten und mit Wasser in trübe Flaschen (Wein-, Wasser-, Medizinflaschen) gegeben und einige Stunden so stehen gelassen. Sie lösen alle alten Unreinigkeiten, und spült man die Gläser noch mit reinem Wasser nach, sind sie wieder hell und klar. Schalen von gekochten Kartoffeln, ins Herdfeuer geworfen, sollen den Ruß verzehren. Oel aus Fischbüchsen dienen zum Einölen der Schuhsohlen, ebenso Reste von Leinöl oder Eiweiß. Die Haltbarkeit der Sohlen gewinnt dadurch bedeutend. Ranziges Oel, mit Petroleum gemischt, dient zum Einölen von Schlössern und Türangeln, Speckschwarten zum Entfetten der Gartengeräte. Seifenreste geben zu Wollwäsche ein gutes Seifenwasser oder werden zur Bereitung von Gallenseife verwendet.

Gebrauchte Theeblätter sind zur Reinigung von zartfarbtgen Bodenteppichen noch sehr wertvoll. Asche und Ruß sind gute Rasendüngmittel, Buchenasche in heißes Wasser gegeben und durch ein Tuch geseiht, gibt die von unsern Müttern und Großmüttern seinerzeit so geschätzte kräftige Waschlauge.