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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Die Kunst zu heizen

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teren Wachstuche aus. Eine Seitenwand dient dann als Boden, die andere als Decke, der Kistenboden wird zur Rückwand und der Deckel als Einsatz zurechtgeschnitten und eingefügt. Ein Vorhang aus Cretonne entzieht den Inhalt - Schuhe und Schuhputzzeug - den Blicken. Kleinere Cretonne-Reste legen wir zurück, um in den kommenden Tagen Bett-, Bürsten- und Staubtuchtaschen zu verfertigen, und die kleinen und kleinsten Reste, die schenken wir dem kleinen Puppenmütterchen.

Ein umfangreicher Koffer birgt in einem schier unergründlichen Innern ein wahres Chaos der allerverschiedensten Dinge. Da liegen Spitzen- und Bandreste, alte Spitzen- und Tüllschleier, Hutblumen- und Federn, Reste von Strick- und Häkelgarn einträchtig unter der Oberherrlichkeit etlicher alter Filz- und Strohhüte. Da werden wir ziemlich erbarmungslos vorgehen. Sind die Hüte so schlecht, daß sie nicht mehr getragen werden können, so sind sie als Almosen auch zu schlecht; aus den einen Badepantoffeln, aus andern Lampenteller herzustellen, lohnt sich unter heutigen Verhältnissen nicht, darum ruhig fort mit ihnen. Kleine Wollreste geben wir dem kleinen Gretchen zu Strick- und Stickübungen. Größere lassen sich an den langen November- und Dezemberabenden beim Plauderstündchen prächtig zu kleinen Strümpfchen und Pulswärmern, zu Handschuhen und Halstüchern für arme Kinder, sowie zu praktischen Einlagen in Schuhe, zu Fußwärmern oder zu Poliertüchern und Eierhütchen etc. für den Haushalt verarbeiten. Hat man ein ordentliches Quantum kleiner Wollreste, so lassen sich davon sehr schöne und warme Fußdecken fürs Kinderschlafzimmer und Vorlagen vor das Stehpult des Hausherrn herstellen. Sehr hübsch wird ein solcher Teppich, wenn man die Wollreste, nach der Farbe geordnet, in 10 cm lange Faden schneidet, mit starker Baumwolle dann auf einem genügend breiten Anschlage mit langen Stahl- oder Holznadeln rechts abstrickt. Bei der zweiten Nadel wird je bei der 2., 4., 6., 8. Masche ein Wollfaden derart eingestrickt, daß die beiden Enden auf die rechte Seite zu liegen kommen. Die dritte Nadel wird (wie alle ungeraden) rechts abgestrickt. Bei der 4. Nadel werden die Wollfaden in die 3., 5., 7., 9. Masche eingestrickt, bei der 6. Nadel wieder in die 4. etc. Besonders hübsch wird die Decke, wenn die verschiedenen Farben in schöner Abstufung geordnet werden, so z. B. die äußeren 4 Seiten schwarz, nach der Mitte dann braun, dunlelrot, hochrot, hellrot, grau sich folgen oder Kontrast- und Ergänzungsfarben gewählt werden. Die fertige Decke, mit Watteneinlagen und starkem Futterstoff gefüttert, wird ausgekämmt, daß die Fäden in der Mitte sich strahlenförmig nach den 4 Seiten ausbreiten.

Aehnlich kann man Tuch-Enden, Reste von verbrauchten Herrenkleidern und Flanell in Streifen schneiden und zu Fußdecken verwenden. Die Streifen werden jedoch nur 5 cm lang und 1/2-2/3 cm breit geschnitten. Die Decken werden besonders schön, wenn man zu grauen und schwarzen Resten blaue oder rote Streifen nehmen kann. Diese Teppiche werden weit schwerer und fangen auch den Staub etwas mehr auf, als die oben beschriebenen Wollteppiche. Für alltäglichen Gebrauch, namentlich für tan-^nene Fußböden, möchte ich aus dem letztern Grund eher die zusammengenähten Teppiche und Bettvorlagen empfehlen, wobei man die Stoffresten in kleine, regelmäßie Vierecke, Achtecke etc. schneidet und sie mit Zierstich zusammennäht. Es lassen sich so prächtig wirkende Muster herstellen.

Alle alten verblichenen Bandreste, zerdrückte Hutblumen, "löcherige" Hutschleier und zerknitterte billige Spitzen werfen wir lieber fort, als die vergangene Zier, den wertlosen Tand unsern weiblichen Dienstboten zu schenken. Gute Spitzen und Bänder werden aufgefrischt und schön zusammengelegt. Schwarze Spitzen werden in Salmiaklösung gewaschen durch Aufguß von Pfeffermünzthee, Schwarzen Kaffee oder Bier gezogen und halbfeucht geglättet. Bänder werden in Panamawasser gereinigt, in alte Leinwand eingeschlagen und auf der linken Seite mit heißem Eisen rasch "überfahren", und zur Garnitur von Werktagshüten und Kinderhüten und Hauben verbraucht.

Die Finger alter Glacehandschuhe geben praktische "Däumlinge" für etwaig verwundete Finger bei Groß und Klein. Das übrige kann man zu Streifen schneiden und diese mit einer Packnadel an einer dünnen Packschnur rosettenartig auffassen. So bekommt man einen praktischen Fenster- und Spiegelputzer, der fast nichts kostet und doch ein teures Hirschleder ersetzt. Die Schäfte defekter Seidenhandschuhe geben Beutel für Spielmarken, Schachfiguren und drgl. Alten Wollhandschuhen schneiden wir bei Gelegenheit die zerrissenen Fingerspitzen ab, säumen die Ränder sauber ein und können die Handschuhe den Winter über beim Staubwischen im kalten Schlafzimmer, bei abendlichen Besorgungen mit dem Muff u. a. Gelegenheiten noch tragen. Schubladen und Koffern sind nun geordnet; ein ordentlicher Korb ist mit Dingen gefüllt, die als wertlos fort müssen, ein anderer birgt all die vielen Sachen, die diesen Winter verarbeitet werden sollen und diese ordnen wir schön ein. Ein Tagewerk ist vollbracht und befriedigt überblicken wir dasselbe.

(Schluß folgt.)

Die Kunst zu heizen.

Ein Kapitel aus der Hygiene v. Dr. C. Rud. Kreuschner

(Nachdruck verboten.)

Die Behaglichkeit des Aufenthaltes in unseren Wohnungen in der kalten Jahreszeit beruht im