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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Die sog. Abhärtung der Kinder

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Wesentlichen auf dem richtigen Funktionieren und der zweckdienlichen Einrichtung von drei Gegenständen, die als wichtige Kulturfaktoren wesentlich dazu beitragen, der Menschheit das Wohnen in nördlichen Breiten zu ermöglichen. Es sind dies ein gutes Bett, eine hellbrennende Lampe und ein reichlich Wärme spendender Ofen.

Für die Bedeutung des letzteren kann man als klassischen Zeugen keinen geringeren als Arnold Böcklin anführen, der seinen geliebten amerikanischen Füllofen von der sturmumwehten Hottinger Höhe bei Zürich auch nach dem wonnigen Florentiner Süden mitnahm. Der große Maler pflegte ihn selber zu bedienen und meinte, ein anständiger Ofen benehme sich nur dann zur Zufriedenheit seines Besitzers, wenn man ihn mit Liebe und Verständnis behandle, woran es die Frauen öfters fehlen ließen. Es sei mit ihm wie mit einem Pferde, das nicht unter jedem Reiter seine Schuldigkeit tue, und deshalb stand der Meister auch zu seinem eisernen Amerikaner in einem persönlichen Freundschaftsverhältnis und suchte ihm, wenn die Behandlung mit Schaufel und Hacken nichts fruchten wollte, durch liebevolles Zureden jenes Wärmequantum zu entlocken, mit dem er freiwillig nicht herausrücken wollte.

Auch unter denen, die es sich bezahlen könnten, gibt es Menschen, die hinsichtlich des Heizens wahre Sparmeister sind. Ob sie nun von Hause aus fischblütig angelegt sind oder die Kunst des Ertragens niedriger Ztmmertemparaturen erst allmählig durch lange Uebung erworben haben, - sie fangen nicht eher an zu heizen, als bis die Nasenspitze und die Finger mit dem lieblichen Himmelblau wetteifern das die Rückseite eines Mandrills so geschmackvoll ziert, und so bald der Schnee draußen zu schmelzen beginnt, hören sie auch wieder auf, das kohlenfressende Ungetüm in der Zimmerecke mit den heute leider so teuer gewordenen schwarzen Diamanten zu füttern. Für die wärmeliebende Mehrzahl dagegen wird es meist schon im Oktober immer ungemütlicher in den Zimmern, und lange bevor der erste Schnee den kümmerlichen letzten Blüten des Herbstes ein jähes Ende bereitet, setzen wir den Wärmespender wieder in Tätigkeit.

Leider zeigt sich nun aber in vielen Fällen, daß der Ofen die ihm gestellte Aufgabe nicht leisten will. Der eine will überhaupt nicht warm werden, wie viel man auch einfeuern mag; ein zweiter fühlt sich glühend heiß an, ohne daß sich die Wärme auf einen weitern Bereich als einige Schritte dem Zimmer mitteilt; ein dritter verbreitet nach Schwefel riechende Gerüche, die besonders auffallen wenn man aus der frischen Außenluft in das Zimmer tritt, und ein vierter benimmt sich entweder bei bestimmten Wetterlagen oder ganz allgemein wie ein Vulkan, indem er bei jedem Versuche des Einheizens zum Entsetzen der um ihre Gardinen besorgten Hausfrau dichte schwarze Rauchwollen in das Zimmer hineinspeit.

Die Schuld an allen diesen Unzuträglichkeiten wird ausnahmslos demjenigen zugeschoben, der den Ofen gesetzt hat, und zwar in den meisten Fällen der letztangeführten Art mit Fug und Recht. Obwohl der Typus des Kachelofens seit unendlich langer Zeit in seinen Grundsätzen feststeht, ist es doch kaum zu glauben, in wie leichtsinniger Art - nicht etwa durch die Schuld der Meister, sondern die Nachlässigkeit der in ihrem Dienste stehenden Arbeiter - beim Ofensetzen verfahren wird. Oft liegt das Versehen allerdings auch bei den Herren Maurern, denen beim Ausführen der Schlote etliche Ziegelsteine in die engen Rohre hinabgefallen sind, die dann, ohne daß der Ofenkundige von ihrem Dasein eine Ahnung hat, den Verbrennungsgasen den freien Austritt versperren, während im Zimmer sich sämtliche Ofendoktoren über die richtige Diagnose des Leidens die Köpfe zerbrechen.

Aber auch von den Wohnparteien und namentlich von deren Dienstboten wird viel in der Kunst des Heizens gesündigt. Der erste Fehler wird gewöhnlich schon damit begangen, daß man mit dem Heizen im Herbste viel zu spät beginnt. Draußen lacht vielleicht die Ottobersonne in den Mittagsstunden noch mit der Pracht des Juni und man kann sich mit dem Gedanken zu heizen schwer befreunden. Aber in den kalten Abenden, Nächten und Morgen verzehrt die niedrige Außentemperatur den sommerlichen Wärmeüberschuß des Mauerwerks, und ehe sich die durch das schöne Wetter getäuschten Bewohner dessen versehen, bringt ihnen ein tüchtiger Katarrh zum Bewußsein, daß sie sich in ihren eigenen Zimmern erkältet haben. Heizt man nun auch tüchtig ein, so heißt es doch vom Ofen zu viel verlangen, daß er gleich in den ersten Tagen das Zimmer gründlich durchwärmen soll, da die Wärme der Zimmerluft sofort an das sich nur langsam temperierende Mauerwerk abgegeben wird. Erst nach mehrmaligem Einfeuern wird diese Differenz wieder ausgeglichen werden und es folgt daraus der Schluß, daß man sich mit dem Heizen im Herbste nicht nach dem äußeren trügerischen Augenschein richten, sondern beginnen soll, sobald das Thermometer mehrmals hinter einander unter denjenigen Temperaturgrad zu sinken beginnt, den man erfahrungsgemäß als Minimum von Wärme ausprobiert hat, bei dem man sich noch behaglich fühlt.

(Schluß folgt.)

Die sog. Abhärtung der Kinder.

Von Dr. Leo Caro, Berlin.

Seitdem die Anwendung des kalten Wassers zu Heilzwecken "modern" geworden ist und seitdem namentlich die Vorbeugung für verschiedene Krankheiten durch kaltes Wasser von mehr oder minder berufenen Propheten in allerhand Schrif-