Schnellsuche:

Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

Schlagworte auf dieser Seite: Das Emailgeschirr und die Blinddarmentzündungen

164

Von ihnen durch die starken Reize, welche direkt auf den Magen wirken, während Genußmittel erst im Stoffkreislauf ihre Wirkung üben. Oftmals wirken Genußmittel nicht zum vornherein, sondern es muß sich dafür zuerst ein gewisses Verständnis entwickeln. Der junge Tabakraucher muß sich erst an das duftende Kraut gewöhnen, wie sich der Indianer Nordamerikas an den Alkohol gewöhnt hat. In der Wirkung der Genußmittel unterscheidet man das Stadium der Erregung und der Depression. Die Stärke beider Stadien und ihr Verhältnis zu einander sind sehr verschieden. Beim Genuß des Stechapfels und des Opiums ist z. B. das Stadium der Depression sehr ausgeprägt. Deutlich sind beide Stadien beim Genuß von Alkohol und Fliegenschwamm ausgeprägt. Der letztgenannte Stoff wurde früher viel genossen. Die Zürcher wunderten sich z. B. sehr, als sie sahen, wie die Kosaken unter Suwarow auf dem Zürichberg Fliegenschwämme aßen. Die Genußmittel gegen die Arzneimittel abzugrenzen ist nicht wohl möglich, da viele Genußmittel, genauer gesagt: gewisse in ihnen enthaltene Stoffe (Koffein, Kokain u. s. w.) zugleich Arzneimittel sind.

Die Genußmittel werden heute zum Teil stark befehdet. Auf der ganzen Linie müssen heute die Freunde des Alkohols zurückweichen. Ein Rausch gilt heute nicht mehr als Attribut eines "braven Mannes". Uebrigens ist aller übertriebene Genuß vom Uebel, nicht nur derjenige des Alkohols. Falsch ist aber die Ansicht, daß der Genuß (z. B. von Alkohol) eine Verkürzung des Lebens zur Folge habe, und auch falsch, daß die Unbotmäßtgkeit im Genusse heute größer sei als früher und größer bei den Kulturvölkern, als bei den sogenannten Naturvölkern. Jedenfalls ist der Gebrauch der Genußmittel uralt, und die Menschen haben in der Aufsuchung von Genußmitteln großen Scharfsinn an den Tag gelegt. Ueberall auf der ganzen Erde, und zum Teil unabhängig von einander, haben sie die Pflanzen aufgefunden, welche die betreffenden Stoffe lieferten. Es ist dies um so merkwürdiger, als diese Pflanzen keine Eigenschaften besitzen, die sie besonders anreizend gemacht hätten. Einzelne solcher Genußmittel, wie Mate, Kolanuß, haben nur lokale Verbreitung und haben sich bei uns trotz verschiedenen Versuchen nicht einbürgern können. Beim Mate-Tee, der in Paraguay sehr verbreitet ist, mag der Geschmack schuld sein, daß er bei uns keine Aufnahme gefunden hat. Kaffee, Thee, Kakao dagegen haben eine fast allgemeine Verbreitung in allen Kulturländern erlangt. Der Kakao erschien 1520 zuerst in Europa, erlangte aber erst vom 17. Jahrhundert an größere Verbreitung. Der Thee kam 1633 nach Moskau. 1660 nach dem übrigen Europa. Der Kaffee kam 1615 nach Rom, 1644 nach Frankreich. 1652 nach England, 1683, bei der Belagerung Wiens durch die Türken, nach Wien. Am meisten Kaffee verbrauchen Holland, Norwegen, Deutschland. Am meisten Thee konsumiert England mit seinen Kolonien, Frankreich und Rußland, abgesehen natürlich von China und Japan. Auch Marokko konsumiert seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts hauptsächlich Thee. Der Gesamtkonsum von Kakao beträgt 32 Millionen Kilo, wovon die Hälfte auf Europa fällt. Am meisten Kakao konsumiert Spanien. Kakao ist zugleich ein wichtiges Nahrungsmittel, aber der hohe Preis steht seinem allgemeinen Genusse entgegen. Der Tabak stammt bekanntlich aus Amerika und hatte schwere Kämpfe zu bestehen, bis sein Genuß sich durchgesetzt hat. Namentlich gilt dies vom Kauen und Rauchen des Tabaks, während das Schnupfen weniger angefeindet war. Letzteres ist übrigens heute stark in Abnahme begriffen, während sogar das schöne Geschlecht zur Zigarre greift. Der Tabak enthält das giftige Nikotin. Die beim Rauchen sich entwickelnden Stoffe sind noch nicht völlig erforscht. Darunter befindet sich aber das Kohlenoxydgas, das bei mangelhafter Verbrennung in den Oefen schon so viel Unheil angerichtet hat. Die Neger haben diese Eigenschaft des Tabakrauches schon längst gekannt. Wenn ihnen Tabak fehlt, so legen sie Holzkohlen in die Pfeife und ziehen den Rauch ein.

Der Alkohol unterscheidet sich von den übrigen Genußmitteln dadurch, daß der Mensch ihn selbst durch Gährungsprozesse bereiten muß. Fast überall sind die Menschen unabhängig in den Besitz des Alkohols gekommen; an andern Orten wurden sie von den Europäern damit beglückt. Viele Naturvölker haben einen heftigen Widerwillen gegen den Alkohol. Als man den Weddas auf Ceylon Rotwein gab, spuckten sie denselben unter den Zeichen des heftigsten Widerwillens aus und als man ihnen Schnaps gab, liefen sie auf Nimmerwiedersehen davon. Der Branntwein ist von arabischen Chemikern des Mittelalters durch Destillation alkoholhaltiger Flüssigkeiten gefunden worden. Groß ist die Wichtigkeit der Genußmittel für das volkswirtschaftliche Leben der Völker und zwar im guten wie im schlechten Sinne. Es wird da z. B. für den Alkoholgenuß ungeheuer viel Geld ausgegeben, das besser für andere Zwecke verwendet würde. Aber wo viel Schatten ist, da ist auch wenigstens etwas Licht. Dte Kultur einzelner Genuhmittel wie z. B. von Kaffee, Thee ist für viele Länder von ganz enormer Bedeutung. Man nehme in Brasilien die Kaffeetultur weg und ein großer Teil des Landes würde wieder zum Urwald werden.

(Nach N. Z. Z)

Das Emailgeschirr und die Blinddarmentzündungen.

Man schreibt uns: In jüngster Zeit konnte man in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften