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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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Ernährung für nicht hinreichend, allerdings ist er ein sehr starker Esser, der sich anheischig gemacht hat, in einer seiner gewöhnlichen Mahlzeiten zu verzehren, was der Papst in einer Woche genießt. Wenig essen, um lange zn leben, ist übrigens kein neuer Grundsatz. Er wurde schon von dem Physiologen Cornaro in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts ausgesprochen. Dieser Gelehrte hatte seine Gesundheit in der Jugend durch ein Uebermaß von Genüssen ruinirt. Dafür beschränkte er von seinem 40. Lebensjahre an seine Nahrung auf zwölf Unzen fester Nährstoffe und 14 Unzen Wein, nur noch vermehrt durch ein Eigelb täglich. Er hatte eine Art von Waage konstruirt, um die Einnahmen und Ausgaben seines Körpers unter Aufsicht zu halten und schrieb nach diesen Untersuchungen eine Abhandlung "Della vita fobria" (Ueber das nüchterne Leben). Er erreichte ein Alter von 104 Jahren.

Heute gibt es gleichfalls ganze Sekten von Leuten, die den Lebensgenuß mit Bezug auf Essen und Trinken stark einzuschränken wünschen und sich nicht nur auf die Schädlichkeit des Alkoholismus stützen, sondern auch die übermäßige Zunahme von Eiweißstoffen als ebenso schädlich Verurteilten. Allerdings deuten manche moderne physiologische Untersuchungen darauf hin, daß verhältnismäßig wenig Nahrung genügt, um die Kräfte und eine gewisse Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Nach Dr. Maurel, einem Schiffsarzt, der lange in der heißen Zone gelebt hat, sind in den Tropen 2 1/2 Liter Milch täglich genügend, um den Menschen gesund zu ernähren. Der Durst wird als eine künstlich gezüchtete Empfindung hingestellt, desgleichen der starke Appetit.

Regeln, die für alle Menschen in gleicher Weise gtltig sind, werden sich freilich in dieser Richtung hin schwer aufstellen lassen, und die Unternährung ist vielleicht eine ebenso häufige Erscheinung wie die Uebernährung. Vermutlich können ebenso viele Menschen ein übermäßiges Essen und Trinken auf lange Jahre ohne eine nachhaltige Schädigung ihrer Gesundheit und ohne Beschränkung ihrer Lebensdauer ertragen, wie andere eine ungewöhnlich mäßig scheinende Ernährung. In Newyork hat kürzlich wieder einmal ein Wettessen auf Beefsteaks stattgefunden. Zur großen Ueberraschung wurde der Kämpfer, auf den zahlreiche Wetten geschlossen waren, durch einen jungen Nebenbuhler geschlagen, der in wenigen Minuten 3 1/2 Kilogramm verzehrte. Der Champion war eben nicht "in Form", da er doch bei dem vorigen Wettbewerb mit 7 Kilogramm Beefstreaks den ersten Preis gewonnen hatte. Ein anderer Amerikaner hält den Austernrekord mit 100 Stück in der Minute, ein weiterer den Aepfelrekord mit einem ganzen Faß (nahezu zwei Zentner) in einer Woche, ein vierter den Aprikosenrekord mit 90 Stück in 7 Minuten und ein fünfter, vielleicht der rätselhafteste von Allen, den Eierrekord mit 50 Eiern in einer Stunde.

Aus dem Altertum sind uns manche Geschichten von berühmten Essern überliefert worden. Phagon soll dem Kaiser Marc ein Wildschwein, einen Hammel und hundert Brote verzehrt haben, allerdings berichtet der Gewährsmann nicht, wie viele Stunden er bei der Tafel blieb und wie oft er inzwischen verschwand. Der Marschall de Billars hatte einen Schweizer, der ganz enorm essen konnte. Eines Tages fragte ihn der Marschall, wie viele Filets er essen könne "O, Monseigneur," war die Antwort, "nicht viel, höchstens fünf bis sechs." - "Und wie viel Hammelskeulen?" - "Auch nicht viel, sieben bis acht." - Und Hummer?" - "O, aus Hummern mache ich mir nicht viel, höchstens ein Dutzend," - Und Tauben?" - "Tauben? vierzig bis fünfzig je nach meinem Appetit." - "Und Lerchen?

- Lerchen, Monseigneur, immer fort."

Vielleicht der berühmteste unter den starken Essern war Ludwig der XIV. Die Prinzessin hat sich dafür verbürgt, daß sie den König oft hintereinander hat essen sehen: vier Teller verschiedener Suppen, einen ganzen Fasan, ein Rebhuhn, eine große Schüssel Salat, eine große Portion Hammel in Jus mit Knoblauch, zwei große Schnitten Schinken, eine große Schüssel Backwerk und dann noch Früchte und Konfitüren. Allerdings hat Ludwig XIV. nachweislich auch an sehr ernsten Verdauungsstörungen gelitten. Wenn das Wortspiel wahr wäre: "Jeder Mensch ist, was er ißt," so würde uns diese Lehre für sich allein eine Vorstellung von der außerordentlichen Mannigfaltigkeit der menschlichen Individualität geben.

Welchen Einfluß hat der Hausschwamm auf die Gesundheit des Menschen?

Im hygienischen Institut in Breslau angestellte Untersuchungen und Experimente mit dem von allen Hausbesitzern in hohem Grade gefürchteten Hausschwamm haben ergeben, daß dieser weder eine spezifisch giftige noch eine parasitärinfektiöse Wirkung auf den menschlichen oder tierischen Organismus ausübt. Dieser dem Holz so gefährliche Pilz ist für den Menschen ganz harmlos. Damit soll natürlich nicht behauptet werden, daß das Auftreten des Hausschwammes in bewohnten Räumen gleichgütig sei und nicht bekämpft werden solle. Ganz abgesehen von dem bedeutenden materiellen Schaden, welcher durch die Zerstörung des Holzwerkes und die häufigen Reparaturen bewirkt wird, ist das Auftreten des Hausschwammes auch stets als ein hygienisch bedenkliches Symtom einer übermäßigen Feuchtigkeit der Wände und der Luft aufzufassen; feuchte Wohnungen sind aber geeignet, bei den Bewohnern Belästigungen und Gesundheitsschädigungen hervorzurufen, sowie indirekt das Zustandekommen mancher Krankheiten zu begünstigen. Aus diesem Grunde