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Kochschule und Ratgeber für Familie & Haus

Autorenkollektiv, Verlag von Th. Schröter, 1903-1905

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felle. Biberfelle, Astrachan, Persianer, Krimmer, Skunks werden häufig durch Plüsch imitiert.

Zum Schlusse noch einige Fremdworte des Pelzhandels, an denen das seine Rohware aus fernsten Gebieten holende Rauchwarengeschäft überreich ist. Kolinski oder Kulonki heißen die als Pelzfutter beliebten gelbrötlichen tatarischen Marderfelle. Perwitzki heißen die Iltisfelle, Karkajou die Felle des bei den nordischen Völkern sehr beliebten Vielfraßes. Kamtschatkabiber ist gleichbedeutend mit Meer- oder Seeotter. Rankunfelle heißen die Schuppenfelle des Waschbären, Kittfüchse kleine graue Füchse, Nornik der sibirische Eisfuchs, Baranken oder Baranjen kleine schwarzbraune, lockige Lammfelle, Ondatra- oder Musguafelle die der Bisamratte, Genetten die Felle der Ginsterkatze, Kämmel das Fell der Angoraziege, Koipu das Pelzwerk des Sumpfbibers, Taupa das moderne Maulwurfspelzwerk, Petit-gries die Eichhörnchenfelle. Ilki heißen in Rußland die kostbaren Herrenpelze aus kanadischem Marder.

Wie entsteht das Weihnachtsspielzeug?

Von Kurt Rudolfi.

(Nachdruck verboten.)

(Schluß.)

Bald nach Neujahr machen sich aber Fabrikanten und Großhändler daran, die Spielwarenmode für das nächste Weihnachtsfest festzustellen. Es werden also bereits im Februar oder spätestens im März die bevorzugten Modelle für die nächste Saison ausgewählt; denn schon im zeitigen Frühjahr kommen die ausländischen Kommissionäre angereist, um ihre Massenbestellungen aufzugeben. Um ihnen die Auswahl zu erleichtern, hat man in den Hauptsitzen der Spielwarenindustrie Mustersäle eingerichtet, bei deren Durchwanderung man einen tiefen Einblick in den Umfang dieser Fabrikation und ihre Spezialitäten erhält. Eine derartige Musterkollektion umfaßt zu 10,000 bis 15,000 verschiedene Modelle, und dem entsprechend sind auch die Preisverzeichnisse dickleibige Bücher, die manchmal mehrere tausend, nach Photographien gefertigte Abbildungen enthalten. Was es an Lärminstrumenten wie Geigen, Flöten, Trompeten, Knarren, Pfeifen und Klappern gibt, das ganze Arsenal der Kinderwaffen, wie Schleppsäbel, Flinten, Knallbüchsen, Pistolen, Armbrust, Kanonen, u.s.w. findet sich in diesen Büchern mit sorgfältig bestimmten Preisangaben ebenso vor wie die Hampel- und Zappelmänner, Schaukelpferde, Kegelspiele, Spielbretter mit Steinen, Baukästen. Hierzu gesellen sich Gegenstände aus Papiermaché, Bleisoldaten, Menagerien, Zoologische Gärten, Landwirtschaften mit ihren Nutztieren, ferner die unzähligen Sorten von den mit wirklichem Fell überzogenen Hunden, Affen, Löwen, Elefanten und dergl. mehr, und während wir in unserer Jugend die durch Federkraft angetriebenen Mäuse als Wunderwerke anstaunten, hält der anspruchsvolle Sinn der modernen Kinder mit den Erfindungen der Neuzeit gleichen Schritt und verlangt teures und kompliziertes, automatisch bewegtes Spielzeug vom Schnitter, der sein Feld mäht, vom Schornsteinfeger, der im Schlot hinauf und hinunter fährt, bis zum Modell der durch Spiritus gehetzten Dampfmaschine und dem unvermeidlichen Töff-Töff, dem entweder durch ein Uhrwerk oder durch eine richtige Miniaturkraftmaschine bewegten Automobil.

Läßt sich der Umfang und die Art der Aufträge übersehen, über die, soweit der inländische Bedarf in Frage kommt, spätestens zur Zeit der Leipziger Ostermesse Klarheit gewonnen ist, so geht es an die Arbeitsteilung, d. h., es wird genau festgestellt, wieviel verschiedene Arbeiter notwendig sind, um eine Sorte Spielzeug herzustellen. Fast niemals liegt nämlich die Anfertigung eines Gegenstandes von Anfang bis zu Ende in einer Hand. Es ist vielmehr für die Massenfabrikation viel zweckmäßiger, wenn z. B. bei einem aus Holz gefertigten Gegenstande der erste Arbeiter, der auf diese Handgriffe eingeübt ist, nur die rohe Form schnitzt, während ein zweiter die feinere Ausarbeitung, ein dritter die Färbung, ein vierter die Lackierung, ein fünfter die Sortierung und ein sechster die Verpackung besorgt.

Mit Hochdruck wird nun vom Frühjahr bis in den Spätherbst von Tausenden von Familien gearbeitet, und wer zur Sommerszeit im schon genannten Meininger Oberlande seine Spaziergänge durch Wald und Flur unternimmt, kann zu Dutzenden den Lieferfrauen und Liefermädchen begegnen, die in hochbeladenen Körben die fertigen Waren zur Stadt heruntertragen, um sie bei den Auftraggebern abzuliefern.

Besonders interessant ist in dieser Industrie der Spezialzweig, der sich mit der Herstellung der Weihnachtspuppen befaßt oder die Atrappen ^[richtig: Attrappen] verfertigt, in denen namentlich vor Ostern ein stärkerer Absatz stattfindet. Die Hauptperson ist hier der Bossierer, der tagaus, tagein nichts anderes tut, als mit Hilfe verschiedener Gipsformen die Puppenköpfe anzufertigen, die er aus Papiermaché oder Wachs herstellt, soweit ihm noch nicht in der Porzellanfabrikation ein gefährlicher Konkurent ^[richtig: Konkurrent] entstanden ist. Während sein Gehilfe die Bemalung besorgt, beschäftigt man sich in einem andern Hause ausschließlich mit der Herstellung der Bälge oder Leiber, die entweder aus Holzwolle und Leder oder, wo es sich um billigere Ware handelt, aus starkem Baumwollstoff mit Strohfüllung angefertigt werden. Eine dritte Serie von Arbeitern besorgt die Zusammenleimung von Kopf und Körper, worauf die Bekleidung der Puppe mit den wiederum in einer andern Werkstatt angefertigten Schuhen, Strümpfen und Hemden erfolgt. Ein Teil der Puppen kommt in diesem tiefen Negligée