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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Beißbeere; Beißer; Beißkohl; Beistand; Beit; Beitöne; Beitragsjahr; Beitragswoche; Beitreibung; Beitzke

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Beißbeere - Beitzke

Im Neuhochdeutschen hat B. die Bedeutung des lat. exemplum angenommen und bezeichnet jeden bestimmten einzelnen, aus der Erfahrung entlehnten oder erdichteten Fall, insofern er einen allgemeinen Begriff oder Satz belegen soll und kann.

Beißbeere, Pflanzenart, s. Capsicum.

Beißer, die in Süddeutschland und Österreich übliche Bezeichnung für Hebeisen (s. d.).

Beißkohl, Pflanzenart, s. Beta.

Beistand, nach dem Preuß. Allg. Landr. Ⅱ, 18, §. 5 eine Person, welche jemand bei gewissen Geschäften, die er für sich allein vorzunehmen nach besondern gesetzlichen Vorschriften nicht fähig ist, oder die er solchergestalt vorzunehmen sich nicht getraut, zu Hilfe nimmt. Hierher gehören nach §. 51 daselbst z. B. Blinde oder beständig Kranke, Taubstumme, welche eines Vormundes nicht bedürfen, Personen, welche nicht oder Geschriebenes nicht lesen oder nicht selbst schreiben können. Die Ehefrau bedarf noch eines B., sofern sie mit dem Ehemanne einen Erbvertrag schließt, durch welchen sie an den ihr nach den Gesetzen zukommenden Rechten etwas verlieren soll (Ⅱ, 1, §. 441).

Anderer Art ist der B. des Code civil und des Badischen Landrechts für Ehefrauen, Art. 391, 392 (das Badische Landrecht übersetzt Vormundschaftsbeistand, der franz. Text sagt conseil spécial), ferner für den wegen Geisteskrankheit zu Entmündigenden, wenn das Verlangen der Entmündigung abgelehnt wird, aber doch das Gericht einen B. (conseil) für nötig erachtet, Art. 499, endlich für den Verschwender (conseil judiciaire), Art. 513, 514. Nach den Art. 391, 392 kann der Ehemann in näher vorgeschriebener Weise seiner Ehefrau für den Fall, daß sie nach seinem Tode die gesetzliche Vormundschaft über die Kinder übernimmt, einen B. mit der Wirkung ernennen, daß sie alle oder gewisse Rechtsgeschäfte ohne dessen Gutachten (avis) nicht vornehmen darf, soweit die Rechtsgeschäfte auf die Vormundschaft sich beziehen. – Dem letztern Gedanken entspricht der nach andern Rechten der Mutter, welche die Vormundschaft führt, zu bestellende Mitvormund, z. B. Bayrisches Landr. Ⅰ, 7, §. 6, Österr. Bürgerl. Gesetzb. §§. 211 fg., im Anhang §. 168 zu Allg. Landr. Ⅱ, 18, §. 689 Ehrenvormund genannt (auch dem Vater zur Seite zu setzen, wenn das Gericht es aus besondern Gründen für nötig hält), hier aber durch die Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 beseitigt: Der Entwurf eines Bürgerl. Gesetzbuches kennt in den §§. 1538 fg. gleichfalls einen unter näher angegebenen Voraussetzungen der Mutter zu bestellenden B., dessen Befugnisse und Pflichten geregelt werden (vgl. Motive Ⅳ, 797 fg.); derselbe soll stets bestellt werden, wenn der Mutter die elterliche Gewalt zusteht. – Vgl. Roth, System des Deutschen Privatrechts (3 Bde., Tüb. 1880‒86), §§. 212 fg.

Im Civilprozeß kann, soweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist (s. Anwaltsprozeß), eine Partei mit jeder prozeßfähigen Person als B., d. h. zur Unterstützung in der mündlichen Verhandlung, erscheinen. Das von dem B. Vorgetragene gilt als von der Partei vorgebracht, insoweit es nicht von dieser sofort widerrufen oder berichtigt wird. Dies gilt auch von Geständnissen. – Vgl. Civilprozeßordn. §§. 86, 261.

Beit oder Bēt, arab. Wort, s. Bēth.

Beit oder Bêt el-Faki (d. h. Haus des Gelehrten), eine durch ein Fort gedeckte Stadt im türk.-arab. Wilajet Jemen, 30 km von der Küste südöstlich von Hodeida und 15 km westlich von dem anmutigen Kaffeegebirge, hat 8000 E. B., in der Mitte des 18. Jahrh. der größte Kaffeemarkt der ganzen Erde, litt durch die Wahhâbiten und noch mehr durch deren Besieger Mehemed Ali von Ägypten. Gleichwohl hatte die Stadt unter letzterm noch 30000 E. Auch jetzt führt sie noch etwa 12 Mill. Pfd. Kaffee jährlich aus, sowie Weihrauch, Perlen und Gummi. ^[Spaltenwechsel]

Beitöne, s. Obertöne.

Beitragsjahr, nach dem Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz vom 22. Juni 1889 ein Zeitraum von 47 Beitragswochen (s. d.), die nicht in dasselbe Kalenderjahr zu fallen brauchen (§. 17), aber auch nicht zu weit auseinander liegen dürfen. Wenn nämlich während 4 aufeinander folgender Kalenderjahre nicht mindestens für 47 Wochen Beiträge entrichtet worden sind, so erlischt die Anwartschaft. Diese lebt aber wieder auf durch abermalige Entrichtung von Beiträgen und durch Zurücklegung einer neuen Wartezeit von 5 B. (§. 32). Übrigens hat das B. nur Bedeutung für die Berechnung der Wartezeit (s. d.).

Beitragswoche, in der Invaliditäts- und Altersversicherung jede Kalenderwoche, für welche ein Beitrag entrichtet ist. Nach den zur Ausführung des Gesetzes getroffenen Anordnungen soll die B. mit dem Montag beginnen. Für jede Woche, innerhalb welcher eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung stattgefunden hat, muß von dem Arbeitgeber ein Beitrag entrichtet werden; die Entrichtung von mehr Beiträgen für dieselbe Woche ist nicht statthaft. Fand die Beschäftigung während derselben Woche bei verschiedenen Arbeitgebern statt, so hat den Beitrag der zu entrichten, welcher den Versicherten in der Woche zuerst beschäftigt hat (§§. 19, 100 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes). Nach der Zahl der B. richtet sich die Höhe der Invaliden- und Altersrente; die erstern steigen mit jeder B. um einen bestimmten Betrag (§. 26 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes). 47 B. bilden ein Beitragsjahr (s. d.).

Beitreibung, s. Requisitionssystem.

Beitzke, Heinr. Ludw., Politiker und Geschichtschreiber, geb. 15.Febr. 1798 in Muttrin in Pommern, trat im Frühjahr 1815 als freiwilliger Jäger in das preuß. Heer und nahm am Feldzuge gegen Frankreich teil. Nach dem Friedensschlusse besuchte B. die Kriegsschulen zu Koblenz und Mainz, wurde 1818 Offizier und demnächst zur Allgemeinen Kriegsschule nach Berlin sowie 1823‒26 zur topogr. Abteilung des Generalstabs kommandiert. 1828 kam er als Lehrer der Geographie an die Divisionsschule zu Stargard, kehrte 1836 zum Regiment nach Kolberg zurück und wurde Anfang 1839 Compagniechef. Wegen anhaltender Kränklichkeit nahm er Ende 1845 als Major seinen Abschied und lebte seitdem, mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigt, in Köslin. Seit Nov. 1858 dem preuß. Abgeordnetenhause angehörend, hat B. als Mitglied der Fortschrittspartei, namentlich in den Verhandlungen über die Heeresreorganisation, im Sinne seiner Partei Einfluß geübt. Er starb 10. Mai 1867 zu Berlin. B.s Hauptwerk ist die «Geschichte der deutschen Freiheitskriege in den J. 1813 und 1814» (3 Bde., Berl. 1855; 4. Aufl., neubearb. von P. Goldschmidt, Brem. 1882), ein Buch, welches fachmännisches Urteil mit polit. Freisinn und vaterländischer Gesinnung vereinigt und in den weitesten Kreisen des