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Eiche Karls II. – Eichendorff
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Eiche'
Eichenhaine den alten Deutschen als Versammlungsorte bei Beratungen, eine Sitte, die erst durch das Christentum verdrängt
wurde. – Vgl. Kotschy, Die E. Europas und des Orients (Olmütz 1862); Wagler, Die E. in alter und neuer Zeit.
Mytholog.-kulturgeschichtliche Studie (Berl. 1891).
Eichelentzündung, Eicheltripper
(Balanitis), die Entzündung der Eichel und des Eichelüberzuges des männlichen Gliedes,
wobei die Vorhaut entzündet, schmerzhaft ist und Eiter absondert, entsteht entweder durch Zersetzung von übermäßig
abgesondertem Hauttalg (Smegma) an der Vorhaut oder infolge von Tripperansteckung
(s. Tripper). Im erstern Falle genügen häufige Waschungen mit kaltem Wasser und Bestreichen der
entzündeten Eichel mit Zinksalbe; im letztern Falle verschwindet die E. mit der Heilung des Harnröhrentrippers von selbst.
Eichelkaffee, Eichelkakao, s. Eicheln.
Eicheln, die Samen der Eiche (s. d.). Sie bestehen aus einem von einer im
trocknen Zustande spröden Schale umhüllten Samenkörper und sind durch eine Becherhülse
(Cupula, s. Cupuliferen) am Stiele befestigt. Die von der Schale
befreiten Samen enthalten nach Bibra 35 Proz. Stärkemehl, 8 Proz. Zucker, 7 Proz. Eiweißstoffe, 7 Proz. Gerbsäure, 4 Proz. Fett,
2 Proz. Harz und Spuren von ätherischem Öl, außerdem Gummi, Cellulose u. a. Von Braconnot ist in den E. eine besondere
Zuckerart, Quercit (s. d.), aufgefunden. Nach gelindem Rösten im Kaffeebrenner und gröblichem Zerstoßen
bilden die E. den Eichelkaffee (Semen Quercus tostum),
dessen wässeriger Aufguß als Ersatzmittel des Kaffees namentlich skrofulösen Kindern gegeben wird. Derselbe mit etwas
Zusatz von Kakaobohnen wird als Eichelkakao oder
Eichelschokolade gegen Drüsenkrankheiten gebraucht. Im frischen Zustande benutzt man
die E. vielfach als Schweinefutter.
Eichen, Dorf im Amt Schopfheim des bad. Kreises Lörrach, hat (1890) 457 E.,
Postagentur und Telegraph. Der Eichener See (464m) verliert oft plötzlich sein Wasser, so
daß sein Grund als Acker und Wiese benutzt wird, bis er sich wieder füllt.
Eichenbockkäfer (Cerambyx s. Hammaticherus), Gattung der
Bockkäfer (s. d.), mit einem Halsschild von gleicher Breite und Länge, Flügeldecken verlängert, an der
Wurzel fast doppelt so breit als der Hinterrand des Halsschildes. Die elfgliederigen Fühler sind beim Weibchen von Körperlänge,
beim Männchen weit länger. Von den 7 europ. Arten sind besonders 2 in Deutschland verbreitet: Der
große E., Heros oder
Heldbock (Cerambyx cerdo L., s. Tafel:
Käfer II, Fig. 10), bis 50 mm lang, braun, Larve in Eichen, und der
kleine E. (Cerambyx Scopolii Fussl.), bis 28 mm lang,
schwarz, Larve in allerlei Laubbäumen. ↔
Eichendorff, Jof., Freiherr von, Dichter, geb. 10. März 1788 auf seines Vaters Landgute Lubowitz in
Oberschlesien, bezog 1801 das kath. Gymnasium zu Breslau, studierte mit seinem Bruder
Wilhelm erst in Halle, dann seit 1807 in Heidelberg die Rechte, wo sie mit den Romantikern
Arnim, Brentano, Görres, Creuzer, Loeben u. a. in Verbindung traten und sich auch an der Sammlung der Volksbücher und des
«Wunderhorns» beteiligten. Joseph veröffentlichte damals in Asts «Zeitschrift für Kunst und Wissenschaft» einzelne Gedichte
unter dem Namen Florens. Nach kürzerm Aufenthalte in Paris, Wien und Berlin trat er im
Febr. 1813 als freiwilliger Jäger in die preuß. Armee, in der er an den Feldzügen bis 1815 teilnahm. 1816 wurde er Referendar
bei der königl. Regierung in Breslau, 1821 Regierungsrat in Danzig, 1824 in gleicher Eigenschaft nach Königsberg in Preußen
und 1831 nach Berlin versetzt und hier 1841 zum Geh. Regierungsrat im Ministerium der geistlichen Angelegenheiten ernannt.
1844 schied er, wegen Meinungsverschiedenheiten über kirchliche Fragen mit dem Minister Eichhorn, aus dem Staatsdienst,
lebte dann abwechselnd in Danzig, Wien, Dresden, Berlin, auf seinem Gute Sedlnitz in Mähren, und siedelte 1855, nach dem
Tode seiner Gattin Anna Victoria, geborene von Larisch, zu seinem Schwiegersohn nach Neisse über, wo er 26. Nov. 1857 starb
und wo ihm 1887 ein Denkmal errichtet wurde.
E. war nicht nur der letzte deutsche Romantiker, sondern zugleich der talentvollste und eigentümlichste Lyriker dieser Schule. Die
Reihe seiner größern Werke beginnt mit dem noch unsicher tastenden Roman «Ahnung und Gegenwart» (anonym, hg. von
Fouqué, 3 Bde., Nürnb. 1815); diesem folgte das dramat. Märchen in Tiecks Geschmack «Krieg den Philistern» (Berl. 1824),
weiter die Novellen «Aus dem Leben eines Taugenichts» und «Das Marmorbild» (ebd. 1826, von denen die erstere allein bis in
die jüngste Zeit oft aufgelegt wurde), die Parodie «Meierbeths Glück und Ende» (Berl. 1828), die Trauerspiele «Ezzelin von
Romano» (Königsb. 1828) und «Der letzte Held von Marienburg», (ebd. 1830), das Lustspiel «Die Freier» (Stuttg. 1833), die
Erzählungen «Viel Lärmen um nichts» (Berl. 1833) und «Dichter und ihre Gesellen» (ebd. 1834). Die Sammlung seiner
«Gedichte» (ebd. 1837; 14. Aufl., Lpz. 1893) bildet den Schlußstein dieser seiner tendenzlosen poet. Schaffensperiode; die
spätern epischen Dichtungen «Julian» (Lpz. 1853), «Robert und Guiscard» (ebd. 1855) und «Lucius» (ebd. 1857) lassen seine
im zunehmenden Alter erstarkenden streng kath. Anschauungen stärker durchblicken.
Das lyrische Element ist bei E. durchweg vorwaltend, weshalb es seinen dramat. Dichtungen und seinen größern Romanen an
Schärfe der Zeichnung und straffer Komposition fehlt. Um so höher stehen seine Lieder, die den Zauber des deutschen Waldes,
die Wanderlust, die sehnsüchtige Wonne träumerisch unthätiger Versenkung in Natur- und Gemütsleben selten mit starken Tönen,
aber in bestrickend weicher Stimmung, in klangvollstem Wohllaut zum Ausdruck bringen: «In einem kühlen Grunde», «Wem Gott
will rechte Gunst erweisen» sind fast Volkslieder geworden. Ähnliche Vorzüge machen auch seine kleinern Novellen, hierunter vor
allen «Aus dem Leben eines Taugenichts», zu Meisterstücken in ihrer Art. Während seiner letzten Lebensjahre veröffentlichte E.
auch mehrere litterarhistor. Arbeiten,
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 766.