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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Hetärismus – Heterogenie

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Hetärie'

Nicht zu verwechseln mit dieser H. ist der vom thessalischen Griechen Rhigas Pheräos nach der Französischen Revolution von 1789 gebildete und mit der Hinrichtung des Stifters durch die Türken (1798) aufgelöste Geheimbund, ebensowenig die sog. Philomusenhetärie (s.d.). Die Philike-Hetärie hatte gleich anfangs einen rein polit. Zweck, den der Befreiung Griechenlands, ins Auge gefaßt. Ihre ersten Stifter waren N. Scouffas, ein griech. Kaufmann, der Freimaurer E. Xanthos und A. Tsakaloff, der schon früher in Paris mit andern jungen Griechen einen geheimen polit. Bund gestiftet hatte, dessen polit. Tendenzen u. d. T. «Gasthaus der griech. Zunge» verborgen wurden.

Die Mitglieder der H. zerfielen in sieben Abstufungen und wurden danach Bundesbrüder, Empfohlene, Priester, Hirten, Oberhirten, Eingeweihte und Höchsteingeweihte genannt. Die zwei letzten Grade hatten einen militär. Charakter und waren für den Krieg bestimmt. Durch die eifrigsten Bemühungen der ersten Stifter und die zahlreichen Apostel, die sie überall in die Balkanhalbinsel abordneten, wurden in kurzer Zeit der H. viele Anhänger gewonnen, und fast alle mehr oder minder bedeutenden Männer, die damals Griechenland aufzuweisen hatte, waren bald in ihr Geheimnis eingeweiht. So kamen bis 1819 zu den Gründern Anagnostopulos, Galatis, Komitsopulos, Sekeris, Levendis, Dikäos, Bischof Ignatios, Gazis, Parimadis, Maurocordatos und die Brüder Nikolaus, Georg und Demetrius Hypsilantis. Außerdem sind von den Mitgliedern der H. Zaïmis, Mauromichalis, Patriarch Gregorios, auch der Fürst Milosch von Serbien zu nennen. Indessen war infolge der Verbreitung der H. die Gefahr der Entdeckung für den Bund und die Mitglieder des Leitenden Ausschusses mit jedem Jahre drohender, Schon war man zweimal dem Verrat durch die auf Befehl des Direktoriums erfolgte Ermordung zweier unzuverlässiger Apostel zuvorgekommen. Man mußte zur That schreiten, und dazu hatte man vor allem einen wirklichen Chef nötig, während man es bis dahin für zweckmäßig gehalten hatte, das Oberhaupt des Bundes in mystisches Dunkel zu hüllen, indem von den Eingeweihten mit großem Geschick auf den Kaiser Rußlands selbst hinaufgewiesen wurde, so oft die Ungeduld der Griechen auf Gewißheit bezüglich der höchsten Leitung der H. drang. So wurde nun beschlossen, eine bedeutende Persönlichkeit an die Spitze der H. zu stellen, und der Hetärist Xanthos ward 1820 nach Petersburg geschickt mit dein Auftrage, den Grafen Kapodistrias zur Annahme der Oberleitung des Bundes zu bewegen. Da dieser ablehnte, wandte sich Xanthos an Alexander Hypsilantis, damals General in russ. Dienste, der sich bereit erklärte, die ihm angebotene Oberleitung zu übernehmen, in dem Glauben, das Unternehmen würde vom Zaren gebilligt und eventuell auch unterstützt werden. So wurde nun Hypsilantis 27. Juni 1820 zum Generalaufseher des Hauptes ernannt, und seinem Wirken ist hauptsächlich der Ausbruch der griech. Revolution in den Donaufürstentümern zuzuschreiben, deren verhängnisvoller Ausgang der H. bald ein Ende setzte. (S. Griechenland, Bd. 8, S. 334.) – Vgl. Philimon, [griechischer Text] (Nauplia 1834); Xanthos, [griechischer Text] (Athen 1845); Vischer, Die oligarchische Partei und die Hetairien in Athen («Kleine Schriften», Lpz. 1877); Pantazides, ↔ [griechischer Text] (Athen 1893); Mendelssohn-Bartholdy in Sybels «Histor. Zeitschrift», Bd. 16.

Hetärismus (grch.), in der Ethnologie gebraucht für Gemeinschaftsehe (s. d.).

H. et B., bei naturwissenschaftlichen Namen Abkürzung für Alexander von Humboldt (s. d.) und Aimé Bonpland (s. d.).

Heterăkis, Gattung der Haarwürmer (s. d.), und zwar aus der Familie der Spulwürmer (Ascaridae). Vor dem After der Männchen finden sich 3, seltener 4–6 Papillen. Die 24 Arten schmarotzen besonders in Vögeln, zumal Hühnern und Tauben.

Hetĕro... (grch.) in zusammengesetzten Worten bedeutet anders..., fremd ..., ungleich ... u. s. w.

Heteroceriden (Heterocĕridae), eine Käferfamilie aus der Gruppe der Pentameren oder Fünfzeher (s. Käfer) mit kleinen Arten, die im ausgebildeten Zustande und als Larven im feuchten Sande am Ufer der Gewässer in selbstgegrabenen Gängen hausen.

Heterocérk (grch.), s. Fische (Bd. 6, S. 828a).

Heterochroisch (grch.), verschiedenfarbig, bunt.

Heteröcisch (grch.), s. Uredineen.

Heterodactylus, Eidechsengattung aus der Unterordnung der Kurzzüngler (s. d.) mit kurzen, fünfzehigen Gliedmaßen; an der vordern ist der Daumen äußerlich bloß durch einen Höcker angedeutet. Die einzige oben braune, unten weiße, an beiden Seiten mit einem gelblichen, schwarzgesäumten Längsbande geschmückte Art (H. imbricatus Spix) wird bis 10 cm lang und bewohnt Brasilien.

Heterodĕra Schachtĭl Schmidt, der Rübenwurm (s. Haarwürmer, Bd. 8, S. 615a).

Heterodónt (grch.), Tiere mit ungleichartiger Bezahnung, s. Gebiß (Bd. 7, S. 621a).

Heterodóx (grch., d. i. andersgläubig) heißt in der prot. Kirchensprache jede Abweichung vom angenommenen Lehrbegriffe. Das Festhalten an solchen heißt Heterodŏxie. Die kath. Kirche gebraucht in demselben Sinne häretisch und Häresie (s. d.); das Gegenteil ist Orthodoxie (s. d.).

Heterodynamisch (grch.) nennt man Pflanzen mit Staubgefäßen verschiedener Länge, die Lippenblütler (Labiaten) und die Kreuzblütler (Kruciferen). Erstern entspricht im Linnéschen System die 14. Klasse, Didynamia (zwei lange und zwei kurze Staubgefäße), letztern die 15. Klasse, Tetradynamia (vier lange und zwei kurze Staubgefäße).

Heterogen (grch.), verschiedenartig, ungleichartig.

Heterogenĕsis (grch.; im Gegensatz zu generatio homogenea, bei welcher Zeugungsart die neu erstehenden Tiere oder Pflanzen ihre Existenz von ihnen gleichenden Lebewesen herleiten), die elternlose Zeugung oder generatio aequivoca. (S. Urzeugung.) In neuester Zeit haben Pouchet und Adolf Bastian die Entstehung lebender Wesen aus toten Stoffen als Archebiosis, die übrigen Arten elternloser Zeugung als H. bezeichnet. Leuckart und Claus haben unter H. oder Heterogenie (s. d.) eine bestimmte Form des Generationswechsels unterschieden.

Heterogĕnie (grch.), eine Form des Generationswechsels, bei der die aufeinander folgenden Geschlechtsgenerationen in ihrer Gestalt und Ernährungsweise voneinander verschieden sind. H. tritt bei kleinern Haarwürmern (Rhabdonema nigrovenosa und Leptodera appendiculata), dann bei Rindenläusen (Chermes) und Wurzelläusen (Reblaus, Phylloxera) auf. Man kann auch den Saisondimorphismus (s. Dimorphismus) hierzu rechnen.