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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Mimas; Mimen; Mimeograph; Mimesis; Mimetesit; Mimiamben; Mimicry; Mimik; Mimir; Mimische Gesichtslähmung; Mimischer Gesichtskrampf

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Mimas - Mimischer Gesichtskrampf

G. Thibaut in der Einleitung zu seiner Ausgabe des "Arthasaṁgraha" (Benares 1882) geliefert.

Mimas, einer der Saturnmonde.

Mimen (grch., d. h. Nachahmer) bedeutet bei den alten Griechen allgemein Schauspieler, außerdem aber auch eine besondere Art wahrheitsgetreuer Darstellungen von Scenen des täglichen Lebens. Solche waren seit alten Zeiten in Sicilien und Unteritalien bei festlichen Gelegenheiten üblich. Der Syrakusaner Sophron im 5. Jahrh. v. Chr. bildete daraus eine Kunstgattung in dialogischer Form. Die M. waren nicht in Versen, sondern in dor. Prosa geschrieben, aber in einem symmetrischen, rhythmisch gegliederten Satzbau. Man vermutet, daß sie nicht zur Aufführung auf der Bühne bestimmt waren, sondern einen Teil von festlichen Lustbarkeiten bildeten. - Vgl. Fuhr, De mimis Graecorum (Berl. 1860).

Bei den Römern erhoben Decimus Laberius (s. d.) und Publilius Syrus (s. d.) die M. zu einer Gattung dramat. Spiele, die in der Kaiserzeit zu selbständiger Bedeutung, ja neben den Pantomimen (s. d.) zur Herrschaft aus der Bühne gelangte. Von den übrigen Gattungen des röm. Dramas unterschied sich der Mimus äußerlich dadurch, daß die Frauenrollen oft wirklich von Frauen gespielt wurden und Masken nicht zur Anwendung kamen. Auch die Darsteller von M. hießen M., der Hauptdarsteller Archimimus, die Verfasser von M. Mimographen. - Vgl. Grysar, Der röm. Mimus (Wien 1854); Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms, Bd. 2 (6. Aufl., Lpz. 1889).

Mimeograph, s. Schreibmaschine.

Mimesis (grch.), Gebärdennachahmung; in der Rhetorik die spottende Wiederholung der Worte anderer; mimetisch, auf M. beruhend, ihr gemäß.

Mimetesit, in hexagonalen Kombinationen krystallisierendes, mit dem Apatit und Pyromorphit isomorphes arsensaures Bleioxyd. Die fettglänzenden und durchscheinenden, Honig- und wachsgelben Krystalle haben sich, namentlich in frühern Zeiten, sehr schön zu Johanngeorgenstadt, Zinnwald und Přibram gefunden; auch zu Badenweiler im Schwarzwald und zu Zacatecas in Mexiko.

Mimiamben, eine Dichtungsart der griech. Poesie in dramat. Form; als ihr Vertreter ist namentlich Herondas (s. d.) bekannt. Sie stehen in der Mitte zwischen den in Prosa geschriebenen Mimen (s. d.) des Sophron und seiner Nachfolger und den scharfen Spottiamben des Hipponax (s. d.), indem sie im choliambischen Versmaß des letztern allerlei Scenen des täglichen Lebens mit dem harmlosen Spotte der erstern vorführen. In die röm. Litteratur ist diese Gattung von Scherzgedichten durch Cn. Matius eingeführt worden.

Mimicry (engl., d. i. possenhafte Nachahmung) bezeichnet nach Wallace und Bates eine merkwürdige Art von Anpassung (s. d.), bei welcher eine Tierart (meist Insekten) eine auffallende Ähnlichkeit mit einer andern Tierart besitzt und durch diese Ähnlichkeit, die als "Verkleidung" oder "Vermummung" bezeichnet werden kann, vor Feinden geschützt wird. Die eine Tierart (die "nachgeahmte") besitzt in einem unangenehmen Geruch, übeln Geschmack ihres Fleisches u. dgl. einen natürlichen Schutz vor Feinden, und eine zweite oder mehrere andere Arten (die "nachahmenden") finden denselben Schutz dadurch, daß sie, ohne jene Abschreckungsmittel zu besitzen, durch Ähnlichkeit ihrer äußern Form oder Färbung mit jener Art die Feinde täuschen. So ziehen gewisse Schmetterlinge (Pieriden) Vorteil aus ihrer Nachahmung der von allen Insektenfressern wegen ihres stechenden Geschmacks gemiedenen Heliconiden; die Glasschwärmer (s. d.) finden Schutz durch ihre Ähnlichkeit mit Hummeln.

In weiterm Sinne wird M. für schützende Ähnlichkeit mit Pflanzenteilen und leblosen Gegenständen (Blättern, Baumrinde, mit der Erdoberfläche u. dgl.) gebraucht. Beispiele sind das "Wandelnde Blatt", eine Heuschreckenart, die sandgelbe Färbung fast aller Wüstentiere, die weiße Färbung der polaren Tiere u. s. f. (S. auch Zuchtwahl.)

Mimik (grch.), die Kunst, durch Mienen und Gebärden die Zustände des Gemüts lebensvoll und bezeichnend auszudrücken. Sie ist für den Redner wichtig, für den dramat. Darsteller unentbehrlich. Bei den Alten hielt sich die M. in streng plastischen Grenzen, den Gesichtsausdruck ersetzte die entsprechende typische Maske; die M. als individuell lebendiges Mienenspiel kam erst durch die schärfer individualisierende Kraft des modernen Dramas zur Geltung. - Vgl. Engel, Ideen zu einer M. (2 Bde., Berl. 1785-86; neue Ausg. 1804); Piderit, Grundzüge der M. und Physiognomik (Braunschw. 1858); Agnese Schebest, Rede und Gebärden (Lpz. 1862); Piderit, M. und Physiognomik (2. Aufl., Detmold 1886); Michel, Die Gebärdensprache, dargestellt für Schauspieler (Köln 1886); Skraup, Katechismus der M. und Gebärdensprache (Lpz. 1892).

Mimir, in der german. Mythologie der Pfleger des Weltbaums, der Herr der alles befruchtenden Feuchtigkeit, des Mimisbrunnens, das weiseste aller Wesen, bei dem sich selbst der Gott des Himmels Rat erholt. Schon sein Name, in dem der Begriff des Denkens (lat. memor) liegt, deutet auf seine Weisheit. In der deutschen Heldensage lebt er fort als kunstreicher Lehrmeister Wielands; Namen wie Memleben und Memborn, das Flüßchen Mimling im Odenwald sind noch lebende Zeugen seiner Verehrung in Deutschland. Nach nordischen Mythen wurde M. im Anfang der Zeiten den Banen (s. d.) als Geisel gegeben; diese töteten ihn und sandten sein Haupt den Asen znrück, von denen es gesalbt und feierlichst aufgehoben wurde. Zu ihm geht Odin, der Himmelsgott, jeden Tag und holt sich Rat. Veranlassung zu diesem mythischen Bilde gab die im Meere verschwindende Sonne.

Mimische Gesichtslähmung, s. Gesichtslähmung.

Mimischer Gesichtskrampf, auch einfach Gesichtskrampf (Spasmus facialis, frz. tic convulsif), unaufhörlich wechselnde krampfhafte grimassenartige Verzerrungen und blitzartige Zuckungen des Gesichts, die auf einer krankhaften Erregung des sog. mimischen oder Gesichtsnerven (nervus facialis) beruhen und am häufigsten auf reflektorischem Wege durch Erkältungen und psychische Einwirkungen (heftiger Schreck, Zorn und andere starke Gemütsbewegungen), bisweilen auch durch entzündliche Vorgänge in den Augen, Kiefern oder Zähnen hervorgerufen werden. Häufig wird nur eine Gesichtshälfte, in andern Fällen das ganze Gesicht von dem Krampf befallen. Die Krankheit hat meist einen chronischen Verlauf und eine unbestimmte Dauer. Bei frischen Fällen, die durch Erkältung entstanden, nützen Dampfbäder, tüchtiges Schwitzen und warme Breiumschläge am meisten; ist das Leiden eingewurzelt, so ist die Anwendung der Massage, des elektrischen Stroms oder die ope-^[folgende Seite]