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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Zoll (Längenmaß) – Zöller

waltungskolonien eine zolltarifarische Bevorzugung der engl. Erzeugnisse ermöglicht werden soll, ist eine wichtige Maßregel zur protektionistischen Sicherung des engl. Absatzes in den Kolonien ergriffen worden. Frankreich ging unter Napoleon Ⅲ. von seinem Prohibitivsystem durch die seit 1860 abgeschlossenen Handelsverträge zu einem gemäßigten Schutzzollsystem über. Unter der Republik trat jedoch, namentlich durch den Zolltarif vom 12. Jan. 1892, eine rückläufige Bewegung ein.

Im Deutschen Reich (s. Zollverein) sind die Finanzzölle weniger entwickelt als in Frankreich und England. In Österreich und Ungarn, die ein gemeinschaftliches Zollgebiet bilden, trat 1851 an die Stelle des Prohibitivsystems ein Hochschutzzollsystem, das in der Folge durch Handelsverträge gemildert wurde, bis 1882 und 1887 wieder Verschärfungen eintraten, auf welche 1891 wieder vertragsmäßige Erleichterungen folgten. Rußland ist in neuester Zeit immer rücksichtsloser mit Erhöhung seiner Schutzzölle vorgegangen, die teilweise schon fast prohibitive Sätze erreicht haben. Italien befolgt ein mäßiges Schutzsystem, wogegen in den Vereinigten Staaten von Amerika nach manchen Wandlungen ein Hochschutzzollsystem zur Herrschaft gelangt ist, welches insbesondere in der MacKinley-Bill (s. d.) und neuerdings in der 24. Juli 1897 zum Gesetz erhobenen Dingley-Bill zu einem extremen Protektionismus ausartete. Die Z. werden nach Art der Erhebung in Maß-, Gewichts-, Wert- und Stückzoll eingeteilt. In Deutschland bildet die Verzollung nach dem Gewicht die Regel. – Vgl. Aufseß, Die Z. und Steuern sowie die vertragsmäßigen auswärtigen Handelsbeziehungen des Deutschen Reichs (4. Aufl., Münch. 1893); Troje, Anleitung zum Studium der Zoll- und Steuergesetze (3 Tle., Harburg 1897).

Zoll, Längenmaß, s. Fuß.

Zollabfertigung, soviel wie Revision (s. d.) im Zollwesen.

Zollausschlüsse, Zollausland, solche Gebietsteile eines Staates oder einer Staatengemeinschaft, die außerhalb der Zollgrenze (s. d.) liegen und ihren Anteil an den allgemeinen Lasten mittels besonderer Steuern (Aversen, s. d.) tragen. Dazu gehören die Freihäfen (s. d.) und solche einzelne Gebietsteile, die wegen schwieriger Verbindungen mit dem Hauptlande, landzungenartiger Erstreckung u. dgl. schwer zu bewachen und deshalb zur Einschließung in die Zollgrenze nicht geeignet sind. Umgekehrt werden Zollanschlüsse solche Gebietsteile genannt, die in die Zollgrenze eines politisch ihnen fremden Staates einbezogen sind.

Zollbeamte, s. Grenzwache.

Zollbehörden, im allgemeinen alle Behörden, die im Interesse der Sicherung, Feststellung und Erhebung der Zölle bestehen; es gehören daher zu ihnen nicht bloß die unmittelbar an der Zollgrenze (s. d.) oder doch im Grenzbezirk (s. d.) befindlichen Zollstellen, die als Grenzzollämter (s. d.) bezeichnet zu werden pflegen, sondern auch die im Innern des Zollgebietes für den Zolldienst thätigen Amtsstellen, die man in der Regel Steuerämter nennt. Im deutschen Zollgebiet zerfallen die Z. der untern Instanz, je nach dem Maße der ihnen zustehenden Abfertigungs- und Hebebefugnisse und je nachdem sie im Grenzbezirk oder im Innern des Zollgebietes aufgestellt sind, in Hauptzollämter und Nebenzollämter (im Grenzbezirk), sowie in Hauptsteuerämter und Untersteuerämter (im Innern), die Nebenzollämter aber wieder in solche erster und zweiter Klasse. Auch bestehen noch für bloße Kontrollzwecke die sog. Ansageposten (s. Ansageverfahren) und die Legitimationsschein-Ausfertigungsstellen. (S. Legitimationsschein.) Nur die Hauptämter an der Grenze sowie die mit Niederlagen (s. d.) ausgestatteten Hauptämter im Innern sind in den Abfertigungs- und Hebebefugnissen der Regel nach unbeschränkt, während die übrigen Hauptämter sowie die Neben- und Unterämter größern oder geringern Beschränkungen unterliegen. Das Nähere hierüber bestimmen das Vereinszollgesetz sowie das Tarifgesetz. Den Z. der ersten Instanz sind in der Regel besondere Direktivbehörden (Provinzialsteuerdirektionen, Zoll- und Steuerdirektionen, in den thüring. Staaten Generalinspektion) unmittelbar vorgesetzt, während die letzte und höchste Instanz beim Finanzministerium liegt. Obwohl die Zölle für Rechnung des Reichs erhoben werden, sind doch die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Z. grundsätzlich Landesbehörden. Im Interesse der Einhaltung eines gleichmäßigen Verkehrs sind aber den Direktivbehörden und wichtigern Hauptämtern Reichsbeamte zugeordnet, die, sofern sie bei Direktivbehörden fungieren, Reichsbevollmächtigte (für Zölle und Verbrauchssteuern), insofern sie Hauptämtern beigegeben sind, Stationskontrolleure heißen. Für die Zwecke des Reichs hat das Reichsschatzamt zugleich die Eigenschaft einer obersten Zollbehörde.

Zollbeirat, s. Bd. 17.

Zollbundesrat, s. Zollverein.

Zollcentner, s. Centner.

Zollcoupons, s. Coupons und Russische Zollcoupons.

Zolldefraudation, s. Defraudation.

Zolldeklaration, s. Deklaration.

Zölle ad valorem, s. Wertzölle.

Zoller, Edm. von, Schriftsteller, geb. 20. Mai 1822 in Stuttgart, studierte in Tübingen Philosophie und Philologie und ließ sich in seiner Vaterstadt nieder, wo er als polit. Journalist und Übersetzer thätig war. Dann wandte er sich der Dramaturgie zu und gab mit dem Freiherrn von Gall die offizielle Zeitung des Bühnenvereins, das «Centralorgan der deutschen Bühnen», heraus. Er begründete 1853 die «Illustrierte Welt», 1858 mit Hackländer «Über Land und Meer», 1863 die «Romanbibliothek», später «Zu Hause» und die «Illustrierten Romane aller Nationen», sämtlich im Hallbergerschen Verlag. Z. blieb der Leiter dieser Unternehmungen, bis er 1885 als Direktor an die königl. Hofbibliothek berufen wurde. Er übersetzte viele Werke aus dem Französischen, Spanischen, Englischen, Schwedischen, Dänischen, Norwegischen, Holländischen und Vlämischen. Seine «Bibliothekwissenschaft im Umrisse» (Stuttg. 1846) begründete eine wissenschaftliche Behandlung dieser Lehre. Auch erschien von ihm eine Biographie Leopold Roberts (Hannov. 1863), ferner: «Die Orden Deutschlands und Österreichs» (2. Aufl., Frankf. 1881), «Der Orden des Goldenen Vließes» (ebd. 1877), «Die Tunesischen Orden» (1877), «Der Orden Karls Ⅲ.» (Frankf. 1888) und «Porträtgalerie der regierenden Fürsten und Fürstinnen Deutschlands» (Stuttg. 1890).

Zöller, Hugo, Forschungsreisender und Journalist, geb. 12. Jan. 1852 zu Oberhausen bei Schleiden in der Eifel, studierte Jurisprudenz, bereiste 1872‒74 die Mittelmeerländer und begann während des südspan. Bürgerkrieges und Karlistenkrieges mit Zeitungsberichten in die Öffentlichkeit zu treten. 1874 wurde er in die Redaktion der «Köl-^[folgende Seite]