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Abwesenheitsprotest - Abzeichen, militärische.
Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Abwesenheit'
Besitzzeit des Ersitzenden nötig ist als gegenüber demjenigen, welcher in derselben Provinz seinen
Wohnsitz hat (inter praesentes). Um Verlusten infolge der A.
vorzubeugen, ist ferner das Institut einer besondern Vormundschaft für A., das der
Abwesenheitsvormundschaft
(cura absentis), angeordnet. Der Staat läßt dem Abwesenden
vormundschaftlichen Schutz angedeihen; er bestellt für die Güter des Abwesenden, der nicht selbst
eine hinlängliche Verwaltung derselben angeordnet hat, einen Kurator, welcher für die Bewachung und
Erhaltung des Vermögens Sorge zu tragen und dabei für jeden verschuldeten Schaden einzustehen hat.
Diese Vormundschaft endigt, wenn der Abwesende zurückkehrt oder zur Verwaltung seines Vermögens
Auftrag gibt, wenn sein Tod bewiesen oder er für tot erklärt wird
(s. Verschollenheit). In staatsrechtlicher
Beziehung ist zu bemerken, daß nach den Gesetzen verschiedener Länder durch die bloße während einer
bestimmten Zeit fortgesetzte A. von dem Heimatstaat das Unterthanenrecht in diesem verlorengeht.
In Deutschland galt dies früher nur in einzelnen Staaten, wie in Preußen, Sachsen, Mecklenburg,
Oldenburg, während in andern noch die förmliche Entlassung aus dem Unterthanenverband, wie in
Schleswig-Holstein, Kurhessen, Braunschweig, oder doch die dauernde Niederlassung außerhalb des
Staatsgebiets, so daß daraus auf den Willen, nicht zurückzukehren
(animus non revertendi), geschlossen werden konnte, hinzukommen
mußte, wie in Hannover, Sachsen, Koburg-Gotha, Hessen-Homburg. Durch das nunmehrige deutsche
Reichsgesetz, betreffend die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit, vom
1. Juni 1870 ist bestimmt, daß die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat und damit die
Bundesangehörigkeit einfach durch zehnjährige A. vom Heimatstaat und Aufenthalt im Ausland, d. h.
außerhalb des Bundesgebiets, verloren geht, was jedoch dadurch zu vermeiden ist, daß man sich in
die Matrikel eines Bundeskonsulats eintragen läßt. Über die Folgen der A. auf ergangene richterliche
Ladung im bürgerlichen und Strafprozeß s. Ungehorsam.
Abwesenheitsprotest (Windprotest) wird bei
dem Wechselprotest dann erhoben, wenn der Protestat nicht in seinem Geschäftslokal, bez. nicht in seiner
Wohnung und auch kein Stellvertreter für ihn daselbst angetroffen wurde.
Äby, Christoph Theodor, Anthropolog, geb.
25. Febr. 1835 auf Gutenbrunnen bei Pfalzburg in Lothringen, studierte in Basel und Göttingen Medizin,
habilitierte sich 1858 als Privatdozent in Basel, ward 1863 Professor der Anatomie in Bern, von wo er
1884 einem Ruf an die Universität Prag folgte. Die Hauptrichtung und Signatur seiner Arbeiten war fast
durchgängig die physiologisch-morphologische. Mit seinen "Untersuchungen über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
der Reizung in der quergestreiften Muskelfaser" (Braunschw. 1862) versuchte er die Lösung eines bis dahin
noch nicht in Angriff genommenen Problems. Im Gegensatz zu Retzius gab er eine neue Einteilung der
Schädelformen (Eury- und Stenokephalen) unter Anwendung eines achtwinkeligen Koordinatensystems und
Reduktion aller Größen auf die Länge der Schädelbasis als Prinzip der Messung. Er zeigte auch, daß die
Mikrokephalie keine atavistische, sondern eine pathologische Bildung sei, und wies die Bedeutung des
Luftdrucks für alle Gelenke nach. Er schrieb noch: "Eine neue Methode zur
↔
Bestimmung der Schädelformen des Menschen und der Säugetiere" (Braunschw. 1862); "Die Schädelformen
des Menschen und der Affen" (Leipz. 1867); "Der Bau des menschlichen Körpers mit besonderer Rücksicht
auf seine morphologische und physiologische Bedeutung" (das. 1871); "Über das Verhältnis der
Mikrokephalie zum Atavismus" (Stuttg. 1878); "Der Bronchialbaum der Säugetiere und des Menschen"
(Leipz. 1880); auch beteiligte er sich an der Herausgabe des Schwalbeschen "Jahresberichts für Anatomie
und Physiologie". Mit Fellenberg und Gerwer schrieb er: "Das Hochgebirge von Grindelwald" (Kobl. 1865).
Abȳdos, 1) im Altertum Hafenstadt in Kleinasien am Hellespont, Sestos gegenüber,
Kolonie der Milesier und berühmt durch die Sage von Hero und Leander sowie durch die Brücke, welche Xerxes
in ihrer Nähe über den Hellespont schlagen ließ. Die Bewohner von A. standen wegen ihres wollüstigen Lebens
in üblem Ruf, leisteten aber doch Philipp II. von Makedonien heldenmütigen Widerstand. Die Stadt wurde 196
v. Chr. von den Römern für frei erklärt und nachmals von den Türken zerstört, die unweit davon das Dorf
Tschanak Kalessi mit dem Dardanellenschloß Kaleh Sultanieh erbauten. -
2) (ägypt. Abti) Stadt in Oberägypten. Hier war das Memnonium (Palast)
Setis I., in welchem die berühmte Königstafel, die Namen von 76 ägyptischen Könige von Mena bis Seti I.
(ca. 4400-1366) enthaltend entdeckt wurde, und ein prächtiger Tempel mit dem berühmtesten aller Osirisgräber,
weshalb sich vornehme Ägypter mit Vorliebe hier begraben ließen.
Abzeichen, militärische, Unterscheidungszeichen an der Kleidung, um Truppengattungen,
Truppenteile, den Rang oder das Dienstverhältnis der betreffenden Personen kenntlich zu machen. In Deutschland
haben Infanterie, Artillerie, Pioniere, Train einen dunkelblauen, Jäger einen grünen, Dragoner kornblauen Waffenrock,
die Ulanen dunkelblaue Ulanka (s. d.), Kürassiere weißen Koller, die Husaren nach den Regimentern
verschiedenfarbige Attila, die Infanterie und Jäger rote, Artillerie und Pioniere schwarze Kragen und
Aufschläge (s. d.) und die Regiments-, bez. Bataillonsnummer im Achselstück, die Feldartillerie
und Pioniere rote, Fußartillerie weiße Achselklappen. Bei der Kavallerie sind die Regimentsabzeichen durch die
Farbe der Kragen, Achselklappen, Knöpfe, Attila etc. ausgedrückt.
1) Rangabzeichen in der Armee: Gefreiter kleine, Obergefreiter (bei der Artillerie)
große Adlerknöpfe über den Schultern am Kragen, alle Unteroffiziere Treffen am Kragen und Aufschlag, Sergeanten- und
Feldwebelklasse große Adlerknöpfe am Kragen, Feldwebelklasse den Offiziersäbel oder Degen. Alle Offiziere tragen
Schärpe und Epauletten, letztere bei den Leutnants und Hauptleuten einfach, den Stabsoffizieren mit losen silbernen
Kantillen, den Generalen mit festen silbernen Raupen (Bouillons); die Premierleutnants, Oberstleutnants und
Generalleutnants 1, Hauptleute. Obersten und Generale der Infanterie oder Kavallerie 2, Generalobersten 3,
Feldmarschall 2 goldene Sterne und dieser noch zwei gekreuzte Marschallstäbe, die Feuerwerksoffiziere ein F, die
Ärzte den Äskulapstab in den Epaulettfeldern. An Stelle der Epauletten werden auch Achselstücke, für Leutnants
und Hauptleute (Rittmeister) eine 26 mm breite silberne Tresse, für Stabsoffiziere ein silbernschwarzes
Schnurgeflecht, für Generale noch mit goldener Schnur durchflochten, mit den gleichen Rangabzeichen getragen.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 73.