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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Amerika

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Amerika (Geologisches).

Sierra Nevada in Form von Kalken mit Resten einer alpin-triassischen Fauna. Die Juraformation ist mit Sicherheit bisher nur am Ostabfall des Felsengebirges, in den Black Hills, Laramie Mountains, nachgewiesen; doch sollen auch die kristallinischen Schiefer, in welchen die goldführenden Gänge Kaliforniens aufsetzen, dieser Formation angehören. Eine ungleich größere Verbreitung erlangt dagegen wieder die Kreideformation, wenn sie auch auf weite Strecken von tertiären und quartären Bildungen überdeckt sind. Wie die Verteilung der Kreidevorkommen zeigt, bildete das Kreidemeer einen weiten Golf vom jetzigen Mexikanischen Meerbusen bis zur Ohiomündung, während gleichzeitig ein langgestreckter Meeresarm sich östlich des jetzigen Felsengebirges von Texas aus über das obere Missourigebiet wahrscheinlich bis zum Arktischen Meer ausdehnte, so daß das heutige Nordamerika damals in zwei ungleich große Teile, einen westlichen und einen östlichen, zerlegt war. In fast allen in Europa gültigen Unterabteilungen vertreten, bildet die Kreideformation in diesem ganzen Becken des untern Mississippi und am Ostrand des Felsengebirges den Untergrund der Tertiärformation, unter welcher sie in breiten Randzonen hervortritt und namentlich in Texas und weit nach Mexiko hinein zu großartiger Entwickelung gelangt. Außerdem aber beteiligt sich dieselbe wesentlich am Aufbau des atlantischen Küstenstrichs (New Jersey u. a. O.) sowie der kalifornischen Küstenkordillere bis weit nach Britisch-Columbia und Vancouver Island nach Norden. Die Tertiärformation ist am mächtigsten in der östlichen Hälfte des Kontinents entwickelt, wo sich dieselbe von den atlantischen Staaten, am Ostfuß der Alleghanies als ein breiter Gürtel die ältern Formationen umsäumend, bis zum Mündungsgebiet des Rio Grande hinzieht und im Mississippithal bis gegen die Ohiomündung in das Innere ausdehnt. In ganz ähnlicher Weise bildet sie die den Staaten Arizona, Kalifornien und Oregon Angehörigen Küstenstriche des Pazifischen Ozeans. Sind alle diese Tertiärbildungen an den Umrandungen des Kontinents marinen Ursprungs, so finden wir dagegen im Innern desselben ausgedehnte brackische und Süßwasserablagerungen tertiären Alters. Dieselben nehmen weite Areale am Ostabhang des Felsengebirges nördlich und südlich vom obern Missouri ein und sind namentlich in den Mauvaises Terres am White River außerordentlich reich an Säugetierresten.

Mit dem Emportauchen der in den tertiären Meeren gebildeten Ablagerungen hat der nordamerikanische Kontinent im wesentlichen seine heutige Gestalt erhalten. In die Tertiärperiode fällt gleichzeitig das für die Herausbildung des Reliefs des Kontinents wichtigste Ereignis, die Haupterhebung des Kordillerengebirges. Schon in den frühern Perioden in seinen Anfängen bestehend, wird dieses Gebirge in der Tertiärzeit durch einen von W. wirkenden und durch das allmähliche Zusammenschrumpfen des seiner Eigenwärme mehr und mehr verlustig gehenden Erdballs bedingten seitlichen Druck faltenartig emporgepreßt, um nun unter der modellierenden Thätigkeit der Atmosphärilien allmählich seine jetzige Mannigfaltigkeit der Gestalt und Form zu erlangen. Während aber die Gewässer durch ihre erodierende und wegführende Thätigkeit das gewaltige Gebirge mehr und mehr abzutragen bestrebt sind, haben bis in die Gegenwart die vulkanischen Kräfte fort und fort neues Gesteinsmaterial in Form von Laven, Aschenmassen und Tuffbildungen aus dem Innern der Erde herausgefördert und zu himmelanstrebenden Gipfeln, zu weiten Decken und Lavaströmen aufgebaut. Sehen wir ab von den vulkanischen Produkten früherer Perioden, wie sie als Granite, Syenite, Diabase, Melaphyre, Porphyre u. a. teils in durchgreifender, teils in bank- und deckenförmiger Zwischenlagerung mit den Sedimentgesteinen jener Perioden verknüpft sind, so konzentriert sich die vulkanische Thätigkeit seit der Tertiärzeit ausschließlich auf den Westen des Kontinents, jenseits von 130° westl. L. Östlich von hier fehlen alle Spuren neuerer vulkanischer Thätigkeit. Um so reichlicher finden sie sich im W. Zunächst trägt die bogenförmige Reihe der Alëuten 48 thätige Vulkane, darunter als höchster der gegen 2800 m hohe Schischaldin auf Unimak. Dann folgt die Halbinsel Alaska mit fünf Vulkanen, unter denen der Iljaminsk sich zu 3678 m erhebt, und endlich das Vulkangebiet der pazifischen Küste von Nordamerika mit zahlreichen, aber meist noch wenig bekannten Vulkanen, unter ihnen der höchste Gipfel des nördlichen Kontinents, der Eliasberg (5950 m), der Mount Fairweather (4730 m) u. a. Diese Vulkankegel sind begleitet von ausgedehnten Aschenfeldern und Lavadecken, welche z. B. im Thal des Columbia und Snake River fünf Längen- und drei Breitengrade weit zu verfolgen sind. Über 1000 m mächtige Lavadecken finden sich ferner im Kaskadengebirge am Durchbruch des Columbia River. Als Zeugen noch nicht erloschener vulkanischer Thätigkeit können auch die zu Hunderten vergesellschafteten heißen Quellen, die Schlammvulkane, Solfataren und namentlich die großartigen Geiser des berühmten Geisergebiets am obern Yellowstone betrachtet werden. Unter den posttertiären Ablagerungen besitzt neben den bis in die Jetztzeit hineinreichenden vulkanischen Bildungen das Diluvium die größte Wichtigkeit, welches, aus Sanden, Kiesen, Thon und Lehm mit massenhaften erratischen, aus dem Norden stammenden Blöcken zusammengesetzt, das ganze nördliche Flachland östlich vom Felsengebirge mit einer mächtigen Decke überkleidet und sich an den Gebirgen Neuenglands bis 3000 m Meereshöhe hinaufzieht. Während man früher diese Ablagerungen als Driftbildungen bezeichnete und annahm, daß sie das Absatzprodukt schmelzender Eisberge seien, welche von N. her über ein jene Gebiete bedeckendes Meer getrieben worden wären, vertreten die amerikanischen Geologen, Dana an der Spitze, gegenwärtig die Ansicht, daß jene Ablagerungen gewissen beweiskräftigen Erscheinungen zufolge die Grundmoränen gewaltiger, von N. aus vordringender Gletscher seien, welche während der Eiszeit jenes ganze Gebiet in einer Mächtigkeit von mehreren Tausend Metern überdeckt und sich, wie aus der Verbreitung ihrer Absätze hervorgeht, bis zu einer Linie von der Mackenziemündung gegen SSO. bis nach Kansas hinein (39° nördl. Br.) und von da über St. Louis bis gegen New York hin über das ganze nördliche A. ausgebreitet haben müssen. Rezenten Ursprungs endlich ist die Halbinsel Florida, entstanden durch Anhäufung von Schwemmgebilden auf einer Basis von Korallenbauten, welch letztere in den Bermudas ihre Nordgrenze im Atlantischen Ozean finden. Der namentlich unter der Gezeitenbewegung sich vollziehenden aufbauenden Thätigkeit des Meers verdanken die weiten, von Lagunen und Sümpfen unterbrochenen Marschlandschaften der atlantischen Staaten der Union ihre Entstehung, während gleichzeitig im Innern durch das allmähliche Zurücktreten stehender Gewässer alluviale Ablagerungen trocken gelegt wurden und die Flüsse nicht nur in ihren Thal-^[folgende Seite]