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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Barden; Bardera; Bardesanes

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Barden - Bardesanes.

und 1872 zum Generalarzt à la suite des Sanitätskorps ernannt. Seit 1869 wandte er in seiner Klinik die Listersche antiseptische Wundbehandlung an und führte eine vereinfachte Form derselben ein, mit welcher vortreffliche Resultate erzielt wurden. Sein litterarischer Ruf gründet sich besonders auf sein "Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre" (Berl. 1852; 8. Aufl. 1879-82, 4 Bde.). Für Canstatts "Jahresbericht" liefert er seit 1851 die Referate über die Fortschritte der Chirurgie.

Barden, dünne Speckscheiben zum Belegen des zum Braten oder Kochen bestimmten Fleisches; bardieren, Fleisch mit solchen Speckscheiben belegen.

Barden (irisch Bard, kymrisch Beirrd, "Dichter"), die schon den Römern bekannten Sänger der Gallier und andrer keltischer Völker, namentlich der Britannier, Kymren (Walliser), Iren und Gälen, die, wie die Skopen der Angelsachsen und die Skalden der Skandinavier, die Thaten der Götter und Helden beim Kultus und bei Festlichkeiten der Fürsten unter Begleitung der Harfe (Chrotta, irisch Cruit) besangen, das Heer zur Tapferkeit entflammten, demselben im Kampf voranschritten und als Herolde der Fürsten dienten. Nach ihren Funktionen zerfielen sie in Priveirdds (Erfinder), Posveirdds (Fortbildner der Kunst) und Arwyddveirdds (Kriegsherolde); nach dem Rang unterschied man Arwennyddions (Lehrlinge), Bardd Faleithiawg (Bardenaufseher für besondere Distrikte) und den Bardd ynys Pryadain (Bardenpräsidenten), welch letzterer ein himmelblaues Kleid, aber nie ein Schwert trug. Der Ursprung der B. verliert sich, wie der der Druiden, mit denen sie in engster Verbindung standen, in die frühste Geschichte der Kelten; als ihr Stifter wird der mythische Merlin genannt. Ihr Hauptsitz war nach ihrer Vertreibung aus Gallien durch die Römer, Goten und Vandalen Wales, von wo aus sie sich in Irland und Schottland festsetzten. Sie bildeten eine erbliche Zunft, die nach Art eines Ordens geregelt war und bedeutenden Einfluß auf Volk und Fürsten übte. In Wales wurden ihre Privilegien und Freiheiten um 940 durch den König fest begrenzt und aufgezeichnet, der ganze Orden aber von Gryffyth ap Conan 1078 reformiert und neu geregelt. Zu Caerwys (s. d.), auch zu Aberfraw, Mathraval etc. fanden von Zeit zu Zeit große Wettkämpfe in Gesang und Poesie, die sogen. Eisteddfods, statt, wobei von der Krone ernannte Kampfrichter die Preise verteilten. Die Eroberung von Wales durch Eduard I. 1283 brachte dem Orden Verfolgung und drohte ihm den Untergang; doch wußte er bis auf Elisabeth noch seine politische und soziale Geltung zu bewahren. In der Folge jedoch wurde die Abhaltung der poetischen Wettkämpfe verboten und unterblieb, bis sich in neuerer Zeit zur Wiederbelebung der altkeltischen Sprache Vereine bildeten, welche auch die Eisteddfods erneuerten. Die dichterische Phantasie der alten B. hatte durch die frühzeitige Einführung des Christentums einen neuen Aufschwung genommen, indem sie altnationale Traditionen mit Vorstellungen des neuen Glaubens vermischte. Die bedeutendste Schöpfung dieser keltisch-christlichen Dichtung ist der Sagenkreis von König Artus und in Verbindung damit der Mythus vom heiligen Gral. Die Zahl der wallisischen B. bildet von Myrddin Wyllt (Merlin der Wilde), Taliesin Aneurin und Cadwallon (6. Jahrh.) bis herab auf Dafydd ab Gwilym, welcher nach Unterjochung der Walliser dichtete, eine lange Reihe. Sammlungen ihrer durch glühenden Patriotismus ausgezeichneten Gesänge (bis zum 14. Jahrh. herab) finden sich in Evans' "Specimens of the ancient Welsh poetry" (Lond. 1764) und besonders in der von Jones, Williams und Owen herausgegebenen "Myvyrian archaiology of Wales" (das. 1801-1807, 3 Bde.; neue Ausg. 1862), Williams' "As barddoniath Cymraeg" (Solgelly 1828) und Skenes "Four ancient books of Wales" (Edinb. 1869, 2 Bde.). Alte wallisische Dichtungen in Prosa und zwar meistens aus der Sage von Artus und seiner Tafelrunde geschöpfte enthalten die Sammelwerke: "Hên Chwedlane" ("Alte Geschichten") und "Mabinogion" ("Jugendunterhaltungen"), welche Lady Charl. Guest herausgegeben (Lond. 1841-50, 3 Bde.). - In Irland zerfiel die Zunft der B. nach ihrem Beruf in drei Hauptklassen: die Filedha, welche in Schlachten und beim Kultus vom Harfner begleitet sangen und sich in der Umgebung und im Rate der Fürsten als deren Sprecher und Herolde befanden; die Breitheamhaim, welche in gewissen Fällen Recht sprachen, und die Seanachaidhe, die Geschichtskundigen und Genealogen der fürstlichen Geschlechter. Durch zahlreiche Privilegien geschützt, gewannen sie indessen mit der Zeit so viel Landbesitz und ein so lästiges Übergewicht, daß es wiederholt zur Auflehnung des Volks gegen die Bardenorden, ja selbst zu teilweiser Vertreibung derselben kam. Die Fertigkeit der Iren im Harfenspiel zu jener Zeit war allgemein anerkannt. Nach der Eroberung Irlands durch Heinrich II. begann das Bardentum zu sinken. Indessen erhielten sich B. in größern irischen Familien, und ihre Lieder und geschichtlichen Erinnerungen dienten noch ferner zur Erhaltung der Vaterlandsliebe der Iren, ein Umstand, welcher mehrfache Verordnungen der englischen Herrscher gegen die irischen B. und Sänger veranlaßte, bis durch die Schlacht am Boyne das Bardentum vollständig vernichtet wurde. Für den letzten irischen Barden gilt Turlough O'Carolan (gest. 1738). Irische Bardenlieder übersetzte Miß Brooke in ihren "Reliquies of Irish poetry" (Dubl. 1789; neue Aufl. von Seymour, 1816) und Hardiman in "Irish minstrelsy" (das. 1831, 2 Bde.). Das bedeutendste dieser Überbleibsel ist die Ballade von König Fines Jagd. Vgl. Walker, Memoirs of the Irish bards (Lond. 1780). - In ähnlicher Weise wie in Wales und Irland gestaltete sich das Bardentum in Schottland; auch hier waren die B. erbliche Diener der Fürsten und Edelleute. Der Orden hörte in Schottland 1748 mit Aufhebung der Erbgerichtsbarkeit auf; doch hat sich hier noch später ein gälischer Volksdichter, Rob. Mackay (1714-78), berühmt gemacht. Vgl. Ellissen, Polyglotte der europäischen Poesie, Bd. 1 (Leipz. 1846); Stephens, Geschichte der welschen Litteratur vom 12. bis 15. Jahrhundert (a. d. Engl. von San Marte, Halle 1864); Walter, Das alte Wales (Bonn 1859); La Villemarqué, Einleitung zu "Barzaz-Breiz" (Sammlung altbretonischer Bardengesänge, 2. Aufl., Par. 1846). - Den Germanen war der Name Barde völlig unbekannt; die Annahme deutscher B. durch Klopstock, Kretschmann, Denis u. a. ist eine poetische Fiktion. Klopstock benannte ein vorzugsweise religiöses und kriegerisches Lied, gedichtet in dem fingierten Charakter eines Barden, oder einen Schlachtgesang in dem wildkräftigen Ton der germanischen Urzeit, ein Bardiet, mit Rücksicht auf eine Stelle in der "Germania" des Tacitus, wo einige Handschriften unrichtig für baritus ("Schlachtgeschrei") barditus lesen.

Bardera, afrikan. Stadt, s. Berdera.

Bardesanes (eigentlich Bar-Deisan, "Sohn des Deisan"), syr. Gnostiker, am Hofe von Edessa lebend und um 224 gestorben, stand in der Form seiner Gnosis der Kirchenlehre näher als seine Vorgänger.