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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bienenfalk; Bienenfresser

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Bienenfalk - Bienenfresser.

Larve und 8½ Tage bedeckelte Nymphe, die Arbeitsbiene 6 Tage Larve und 11 Tage bedeckelte Nymphe, die Drohne 6 Tage offene Larve und 15 Tage bedeckelte Nymphe; es entwickelt sich demnach, vom Moment des gelegten Eies an gerechnet, die Königin in 16, die Arbeitsbiene in 20 und die Drohne in 24 Tagen. Von der Erzeugung der einzelnen Wesen, welche zur Erhaltung eines Bienenvolks notwendig sind (Fortpflanzung im engern Sinn), ist die Erzeugung eines neuen und zweiten Bienenvolks (Fortpflanzung im weitern Sinn) zu unterscheiden. Die Geburt eines neuen jungen Bienenvolks erfolgt im Schwärmakt (s. Bienenzucht).

Da Honig keinen Stickstoff enthält, so können die B. auf die Dauer von bloßem Honig nicht leben; den Stickstoff, den sie zur Erhaltung ihres Lebens genießen müssen, liefert ihnen, wie schon erwähnt, der Pollen. Die Drohnen und die Königin verzehren Futtersaft und Honig; sie erhalten also den nötigen Stickstoff in dem Speisesaft; rohen Pollen fressen beide Bienenwesen nie. Die Arbeitsbienen genießen zur eignen Leibesernährung unverdauten Honig und Pollen. Arbeitsunfähige und krüppelhafte Arbeitsbienen und Drohnen werden im Bienenvolk nicht geduldet, sondern von den Arbeitsbienen unbarmherzig zum Flugloch hinausgetrieben. Lehrt der Instinkt ein Volk, daß die Fruchtbarkeit seiner Königin zu Ende geht, so erbrütet es rechtzeitig eine junge und beseitigt die alte (Königinwechsel). Das Durchschnittsalter der Königin beträgt drei, bisweilen fünf Jahre. Die Drohnen leben vom Mai bis Anfang August, wo sie von den Arbeitsbienen in der sogen. Drohnenschlacht vertilgt werden (s. Bienenzucht). Die Arbeitsbienen erreichen im Sommer ein durchschnittliches Alter von sechs Wochen; die im Herbst erbrüteten Arbeitsbienen leben bis ins Frühjahr des nächsten Jahrs. Die jüngern B. verrichten die Arbeiten innerhalb des Stockes und machen etwa am achten Tag ihres Insektenlebens ihre ersten Ausflüge; nach Tracht stiegen die jungen B. in der Regel erst vom 16. Tag an, nachdem sie die Zellen verlassen haben. Erforderlichen Falls können die ältern B. die regelmäßigen Arbeiten der jungen verrichten, nicht aber können die jungen B. früher als nach naturgemäßer Regel Honig, Pollen, Wasser und Kitt eintragen; auch die Not vermag sie nicht auf die Weide hinauszutreiben.

Im Frühjahr halten die B. Reinigungsausflüge oft schon bei 6° R. Wärme im Schatten; Ausflüge nach Tracht unternehmen sie bei mehr als 12° R. im Schatten, stark fliegen sie bei 18-20° R. Die äußere Temperatur hat auf die Wärme im Bienenvolk nur unbedeutenden Einfluß, denn selbst bei etwa 6-8° findet man im Innern des Volkes 20 und mehr Grad Wärme. Im Brutnest und im bauenden Volk herrschen in der Regel 26-28° Wärme. Steigt die Wärme im Bienenstock über 29°, so stellen die B. alle Arbeiten ein, setzen sich müßig vor den Stock (Vorliegen der B.) und fächeln (ventilieren) stark im Flugloch, um die verderbliche Hitze aus dem Stock zu treiben. Die fächelnden B. sitzen die Wände entlang und auf dem Bodenbrett bis zum Flugloch hinaus, sich die erwärmte Luft von oben nach unten gleichsam mit den Flügeln zuwerfend; dabei strömt die Luft so stark aus dem Flugloch hervor, daß sie ein kleines Papierwindmühlchen in Bewegung setzt. Frische Luft strömt ganz von selbst durch das Flugloch ein. Die fächelnden B. gaben seit Plinius zu der Fabel von der Thorwache der B. Veranlassung; wenn auch die am Flugloch fächelnden B. ankommende Räuber abwehren, so thun sie nur das, was jede andre Biene thut, die sich in der Nähe des Flugloches aufhält.

Die Drohnen besitzen, wie erwähnt, keinen Stachel, und ihre kurzen Beißzangen benutzen sie auch nicht als Waffe. Die Königin gebraucht ihren Stachel nur gegen andre Königinnen und nie gegen Arbeitsbienen; auch den Menschen sticht sie freiwillig nicht. Die Arbeitsbienen bedienen sich der Beißzangen als Waffen, um fremde B. festzuhalten oder ihnen sowie den Drohnen in der Drohnenschlacht die Flügel zu verdrehen. Ihre Hauptwaffe ist jedoch der Stachel, den sie gegen jede fremde Biene sowie gegen andre Tiere und Menschen gebrauchen. Das Bienengift lähmt gestochene einzelne Glieder und tötet die B. Die Arbeitsbienen fallen Menschen und Tiere an, wenn sie ihren Stock oder ihre Königin in Gefahr glauben; sie stechen darum besonders in der Nähe ihrer Wohnung oder beim Einfassen des Schwarmes; die sammelnden B. sind auf dem Feld scheu und furchtsam. Besonders stechlustig sind die B. bei heißer Luft und namentlich bei Gewitterschwüle; auch weisellose Völker sind sehr stechlustig. Das Bienengift, dessen Hauptbestandteil konzentrierte Ameisensäure ist, verursacht Schmerz, Entzündung und Geschwulst; manche Personen bekommen schon von einem einzigen Stich das Nesselfieber. Ein Universalmittel gegen den Bienenstich gibt es nicht. Die einzig rationelle Behandlung des gestochenen Körperteils besteht darin, daß man den stecken gebliebenen Stachel möglichst schnell entfernt, hierauf die Stichwunde so lange ausdrückt, bis ein Bluttröpfchen hervortritt, und schließlich die schmerzhafte Stelle mit feuchtem Lehm etc. kühlt. Viele Bienenzüchter sind der Ansicht, daß sich der menschliche Organismus an das Bienengift gewöhnt, weil bei Personen, die häufig gestochen wurden, endlich keine Geschwulst mehr eintrat. Zu den Bienengewächsen, d. h. den Pflanzen, welche von den B. gern besucht werden, gehören alle blühenden Obstbäume, besonders Kirsch- und Apfelbäume, außerdem die Linde, Akazie, Weide, Roßkastanie etc.; Haselnuß, Sahlweide, Heidekraut, Ginster etc.; Esparsette, Raps, Buchweizen, weißer Klee, Honigklee (Bocharaklee), Hederich, Wicke, Pferdebohne, Sonnenblume etc.

Vgl. Huber, Nouvelles observations sur les abeilles (2. Ausg., Par. u. Genf 1814, 2 Bde.; deutsch mit Anmerkungen herausgegeben von G. Kleine, Einbeck 1856-59, 2 Bde.); Claus, Der Bienenstaat (Berl. 1873); Girdwoyn, Anatomie et physiologie de l'abeille (Par. 1875).

Bienenfalk, s. Weihen.

Bienenfresser (Meropidae Gray), Familie der Klettervögel, Prachtvögel mit gestrecktem Körper, an der Wurzel ziemlich starkem, nach unten sanft gebogenem Schnabel, welcher länger als der Kopf, komprimiert und zugespitzt ist, und dessen Oberschnabel etwas länger als der untere, aber nicht hakig ist. Die Läufe sind sehr kurz, die Zehen lang, die äußern bis zum zweiten, die innern bis ans erste Glied verbunden. Die Flügel sind lang, spitz, der gerade Schwanz ist entweder gerade abgeschnitten, gegabelt oder sanft abgerundet. Die beiden Mittelfedern verlängern sich bei vielen Arten bis auf das Doppelte der Länge aller übrigen Steuerfedern. Das Gefieder ist fast immer sehr prachtvoll und bunt. Die B. bewohnen meist die warmen Länder der Alten Welt als Stand- und Strichvögel, die nördlicher wohnenden wandern; alle sind höchst gesellig und friedlich, ähneln in ihrer Lebensweise meist den Schwalben und beleben die Gegenden, wo sie vorkommen, ungemein. Sie nähren