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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bonnat; Bonnat.; Bonndorf; Bonne; Bonnechose; Bonner; Bonnet

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Bonnat - Bonnet.

Bonnat (spr. bonna), Léon, franz. Maler, geb. 20. Juni 1833 zu Bayonne, wurde zunächst in Madrid Schüler von Federico Madrazo und trat dann mit 21 Jahren in das Atelier von Cogniet in Paris. Seine Historienbilder zeichnen sich durch ein gediegenes, kräftiges, an den Spaniern gebildetes Kolorit und Harmonie der Farbe aus, seine Gestalten, frei von aller Koketterie, sind energisch modelliert, heben sich klar und lichtvoll hervor und zeigen eine große Schärfe der Charakteristik, die freilich bisweilen zur Roheit gesteigert wird. Unter seinen frühern Gemälden sind als die bedeutendsten hervorzuheben: Adam und Eva, die den Leichnam Abels finden (1860, Museum in Lille); das Martyrium des heil. Andreas; Antigone führt ihren blinden Vater Ödipus (1865); die Pilger vor der Statue des heil. Petrus in der Peterskirche (1864); neopolitanische Landleute vor dem Palast Farnese in Rom (1866); einen halben Bajocco, Exzellenz (1864); Vinzenz von Paula nimmt einem Galeerensklaven die Ketten ab (1866); eine Himmelfahrt Mariä (1869) und eine Straße in Jerusalem, denen später der türkische Barbier (1872), das humorvolle Scherzo (1873) und der koloristisch interessante, aber durch seinen krassen Naturalismus abstoßende gekreuzigte Christus (1874) und Hiob (1880) folgten. Seit 1875 hat er sich vorzugsweise dem Porträt gewidmet und hierin einen großen Ruf in der Pariser Gesellschaft erlangt. Eins der ersten dieser Art war die Schauspielerin Pasca. Seine Meisterwerke sind die Bildnisse von Thiers, Victor Hugo und Präsident Grévy, welche sich durch Größe und Energie der Charakteristik und durch eine Modellierung von großer plastischer Kraft auszeichnen.

Bonnat., bei zoolog. Namen Abkürzung für Abbé Bonnaterre (gestorben in Tulle; Wirbeltiere).

Bonndorf, Stadt im bad. Kreis Waldshut, 848 m ü. M., Sitz eines Bezirksamts und eines Amtsgerichts, mit (1880) 1498 meist kath. Einwohnern, welche Schuh- und Strohhutfabrikation, Musselinstickerei und Möbelschreinerei betreiben. B. ist Hauptort der ehemaligen Grafschaft B., welche seit 1612 dem Stift St. Blasien gehörte und 1806 an Baden kam. Dem Fürstabt Gerbert, welcher 1772 B. zur Stadt erhob und 1765 eine Waisen- und Sparkasse (die jetzt einen Einlagefonds von nahe an 6 Mill. Mk. hat und die älteste im Deutschen Reich ist) daselbst gründete, wurde 1856 ein Denkmal errichtet. B. ist neuerdings auch als klimatischer Kurort empfohlen worden. Vgl. Meyer-Ahrens und Wiel, B. und Steinamühle, zwei klimatische Kurstationen aus dem Schwarzwald (Freiburg 1873).

Bonne (franz., "die Gute"), Kindermädchen, Kinderwärterin; in Deutschland besonders eine solche, welche französisch spricht und diese Sprache den ihrer Obhut anvertrauten Kindern beibringen soll.

Bonnechose (spr. bonnschohs'), François Paul Emile Boisnormand de, franz. Historiker und Dichter, geb. 18. Aug. 1801 zu Leyerdorp in Holland, Bruder des bekannten Kardinals und Erzbischofs von Rouen, Henri B. (gest. 1883), selbst aber Protestant, trat in die französische Armee, wurde während der Restauration Stabsoffizier, nahm 1829 seinen Abschied und erhielt vom König die Bibliothekarstelle zu St.-Cloud, die er auch unter Ludwig Philipp beibehielt. Von 1850 bis 1853 war er Konservator mehrerer Bibliotheken der Zivilliste, unter andern derjenigen von Versailles und Trianon. Er starb 15. Febr. 1875 in Paris. Von seinen Schriften sind anzuführen: "La mort de Bailly", ein Gedicht (1833); die "Histoire de France" (1834, 16. Aufl. 1874; deutsch 1865); "Christophe Sauval, ou la société en France sous la Restauration" (2. Aufl. 1864); "Histoire sacrée. Précis historique de la Bible" (2. Aufl. 1847); "Les réformateurs avant la réforme du XV. siècle" (3. Aufl. 1860); "Histoire d'Angleterre" (1859, 4 Bde.); "Géographie physique, historique et politique de la France" (2. Aufl. 1866); "Bertrand Duguesclin" (1866); "Lazare Hoche" (1867) und "La crise actuelle dans l'Église réformée de France" (1868). Seine 1850 erschienenen "Chances de salut et les conditions d'existence de la société actuelle" beschäftigten sich mit der sozialen Frage.

Bonner, Edmund, geboren um 1490 zu Hanley in Worcestershire, trat in die Dienste Wolseys und später Heinrichs VIII., der ihn namentlich zu Gesandtschaften beim Papst verwandte, und wurde 1538 zum Bischof von Hereford, 1540 zum Bischof von London ernannt. In Heinrichs spätern Jahren gehörte er zu den eifrigsten Gegnern der Reformation und wurde deshalb unter Eduard VI. 1549-53 gefangen gehalten, nach der Thronbesteigung der katholischen Maria aber befreit. Er rächte sich als der "blutige Schlächter" durch Verfolgung der Protestanten, von denen er über 200 auf den Scheiterhaufen brachte. Unter Elisabeth wegen Verweigerung des Supremateides eingekerkert, starb er 5. Sept. 1569 im Gefängnis. Vgl. "The life and defence of the conduct of Edmund B." (Lond. 1842).

Bonnet (franz., spr. boneh), Mütze, Kappe, auch Doktorhut; bonnets rouges (spr. -neh ruhsch), "Rotmützen", Spottname der französischen Jakobiner. - In der Fortifikation eine Erhöhung der Brustwehrkrone um 0,3-1,6 m, gewöhnlich in den ausspringenden Winkeln, um die Linien des Werks, besonders das Bankett, gegen den Enfilier- und Rikoschettschuß zu sichern.

Bonnet (spr. boneh), 1) Charles de, Naturforscher und Philosoph, geb. 13. März 1720 zu Genf, studierte Rechtswissenschaft, beschäftigte sich aber daneben mit naturgeschichtlichen Studien und lieferte im 20. Jahr eine Arbeit über die Fortpflanzung der Blattläuse ohne vorhergegangene Begattung. Er arbeitete dann mit Trembley über die Polypen und machte Beobachtungen über das Atmen der Raupen und Schmetterlinge und den Bau des Bandwurms. Durch Augenleiden von mikroskopischen Beobachtungen abgehalten, widmete er sich spekulativen Forschungen und zog insbesondere auch das Christentum und die Fortdauer nach dem Tod in den Kreis seiner Betrachtungen. Sein Werk über diesen Gegenstand: "Idées sur l'état futur des êtres vivants, ou Palingénésie philosophique" (Genf 1769, 2 Tle.; neu hrsg. von Migne in den "Démonstrations évangéliques", Par. 1845) übersetzte Lavater teilweise unter dem Titel: "Philosophische Untersuchung der Beweise für das Christentum" (Zürich 1771) und eignete es Moses Mendelssohn zu, um diesen zur Widerlegung desselben oder zu dem Übertritt zum Christentum zu bewegen. Die gereizte Antwort Mendelssohns veranlaßte B., sich öffentlich vor dem Verdacht der Teilnahme an Lavaters Zudringlichkeit zu verwahren. Nachdem B. von 1752 bis 1768 Mitglied des Großen Rats von Genf gewesen, zog er sich aus sein Landgut Genthod am Genfer See zurück, wo er 20. Mai 1793 starb. Bonnets Philosophie ist Empirismus; mit Locke und Condillac leitet er alle Vorstellungen von Sinnesempfindungen ab, welche in der Seele durch Oszillation der Gehirnfibern entstehen, wie umgekehrt alle von ihr ausgehenden Bewegungen durch solche veranlaßt werden. Der Vorgang selbst, wie das Gehirn auf die Seele oder diese auf jenes wirke, bleibt ein Geheimnis. Da