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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Braunschweig

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Braunschweig (Schulwesen, Land- und Forstwirtschaft, Bergbau).

gymnasium in Braunschweig, ein Predigerseminar zu Wolfenbüttel, 2 Schullehrerseminare und Präparandenanstalten, eine städtische Realschule in Braunschweig und ein Realprogymnasium in Gandersheim, die Baugewerkschule zu Holzminden, die landwirtschaftliche Schule Marienberg zu Helmstedt, eine Taubstummenanstalt in Braunschweig, 2 höhere Töchterschulen, 40 Bürger-, 382 Landschulen und verschiedene Privatlehranstalten. Eine der herrlichsten wissenschaftlichen Sammlungen Deutschlands ist die berühmte Landesbibliothek zu Wolfenbüttel (s. d.). Unter den Kunstschätzen ist das herzogliche Museum in der Stadt B. mit vorzüglicher Gemäldegalerie und andern Kunst- und naturhistorischen Sammlungen von Bedeutung. B. besitzt eine Landesirrenanstalt zu Königslutter, eine Idiotenanstalt zu Neu-Erkerode, ein Blindenasyl in Braunschweig, eine Diakonissenanstalt (Marienstift) in Braunschweig, ein Landeskrankenhaus in Braunschweig und eine Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder in Bevern (Wilhelmsstift). Landesstrafanstalten befinden sich in Wolfenbüttel (Zellengefängnis) und in Braunschweig.

[Produkte und Erwerbsquellen.] sind je nach der Bodenbeschaffenheit verschieden. Im fruchtbaren Flach- und Hügelland steht der Ackerbau in höchster Blüte, auf dem Harz dagegen sowie in dem Amte Thedinghausen tritt die Viehzucht in den Vordergrund. Die Zahl der Wirtschaften mit landwirtschaftlichem Betrieb ist bei der Berufsstatistik von 1882 zu überhaupt 53,611 mit 244,037 Hektar Gesamtfläche ermittelt. Nach der Größe des landwirtschaftlich nutzbaren Areals unterschieden, befanden sich darunter:

^[Liste]

bis zu 1 Hektar 34129 mit 12574 Hektar Fläche

von 1-10 14149 51700

- 10-50 4824 109370

- 50-100 344 24133

- 100-500 153 38007

- 500 Hektar und mehr 12 8253

Von den gesamten Ackerländereien waren 1883 bestellt: mit Getreide und Hülsenfrüchten 63 Proz., mit Hackfrüchten und Gemüse 23 (darunter Zuckerrüben allein 11 und Kartoffeln 9,5), mit Futterpflanzen 7 Proz. Der Ernteertrag der hauptsächlichsten Fruchtarten betrug 1884 in Doppelzentnern: Weizen 560,600, Roggen 842,700, Gerste 202,000, Hafer 530,800 und Kartoffeln 2,590,000. Ausgedehnter Gartenbau findet sich vorzugsweise bei den Städten B. und Wolfenbüttel, von wo aus auch der Harz vielfach mit Gemüse versorgt wird. Von Bedeutung ist der ebenfalls hier betriebene Anbau des Spargels. Obst gedeiht fast überall, und zur Verbesserung der Obstkultur werden von der Landesbaumschule zu Braunschweig veredelte Obstbäume aller Art geliefert; auch ist der größte Teil der Staats- und Kommunalstraßen mit Obstanpflanzungen versehen. Von dem landwirtschaftlich benutzten Areal fallen in den Besitz von Privaten 75 Proz., von Korporationen 14, des Staats 11 Proz. Zur Förderung der Landwirtschaft bestehen 1 landwirtschaftlicher Zentral- und 22 Amtsvereine und die landwirtschaftliche Lehranstalt Marienberg zu Helmstedt. In erheblichster Weise haben die seit 1835 bewirkte Ablösung der privatrechtlichen Reallasten, die Allodifikation der Lehen, endlich die Ausführung der Separationen (Verkoppelungen), ferner die in bedeutendem Umfang ausgeführten Entwässerungen (Drainage) zur Hebung der Landeskultur beigetragen. Eine rationelle Benutzung des Wassers für die Bewässerung des Bodens ist durch das Wassergesetz vom 20. Juni 1876 angebahnt. Vorherrschende Ackerbausysteme sind die Fruchtwechsel- und die verbesserte Dreifelderwirtschaft. Von den Forsten befinden sich im Besitz des Staats 72, 5 Proz., von Gemeinden und Genossenschaften 18 und von Privaten 9,5 Proz. Als Hochwald werden bewirtschaftet: 57,536 Hektar Laubholz (Eichen 3732, Birken, Erlen, Espen 590, Buchen und sonstiges Laubholz 53,214) und 39,592 Hektar Nadelholz (Kiefern 7826, Lärchen 218 und Fichten und Tannen 31,548), während 12,772 Hektar größtenteils als Mittel- und Niederwald betrieben werden. - Der Viehbestand des Landes belief sich nach der Zählung vom Januar 1883 auf 26,853 Pferde, 90,787 Stück Rindvieh, 243,935 Schafe (darunter 24,035 feine Woll- und 65,689 veredelte Fleischschafe), 100,266 Schweine, 47,244 Ziegen, 13 Maultiere und Maulesel, 54 Esel und 8547 Bienenstöcke. Der gesamte Verkaufswert desselben ist (mit Ausschluß der Bienenstöcke) auf 53½ Mill. Mk. geschätzt. Die Pferdezucht ist nur noch in den Ämtern Thedinghausen, Vorsfelde und Kalvörde von Bedeutung, weshalb zur Deckung des Bedarfs im allgemeinen ein Zukauf von ausländischen Pferden (namentlich der schwereren Schläge) erforderlich ist. Für Verbesserung der Pferdezucht besteht ein Landgestüt, woneben den Pferdezüchtern die Benutzung der Hengste des berühmten herzoglichen Gestüts in Harzburg zu Gebote steht.

Der Bergbau, welcher vorzugsweise im Harz seinen Sitz hat, ist sehr blühend und beschäftigte 1884: 1092 Arbeiter. Die Ausbeute betrug 351,963 Ton. (à 1000 kg) Braunkohle, 19,346 T. asphalthaltiges Gestein, 118,376 T. Eisenerze, 707 T. Bleierze und 98 T. Schwefelkies. Der Gesamtwert am Ursprungsort ist zu 1,6 Mill. Mk. berechnet. An Kochsalz wurden auf zwei Salinen 7095 T. gewonnen. Bedeutende Steinbrüche befinden sich im Kreis Helmstedt (Velpke) und bei Königslutter, ferner im Amt Lutter am Barenberg; berühmt sind die großen Brüche von Buntsandstein des Solling im Kreis Holzminden und der Granit im Okerthal. Vorzügliches Material für den Chausseebau und zu Pflasterungen liefern die Gabbrosteinbrüche im Radauthal bei Harzburg. Ferner werden gewonnen: Kalk, Gips, Marmor, Alabaster, Töpferthon, Farben, Porzellan- und Pfeifenerde, Koprolithen etc. Die Hüttenwerke produzierten 1884: 40,874 T. Roheisen, 1268 T. Blei, 1625 T. Glätte, 764 T. Kupfer, 4867 kg Silber, 33,4 kg Gold, 15,872 T. englische Schwefelsäure und 3517 T. Kupfer-, Eisen- und Zinkvitriol. Der Gesamtwert betrug 6,7 Mill. Mk. Mit Ausnahme der im gemeinschaftlichen Staatsbesitz mit Preußen befindlichen Werke am Rammelsberg bei Goslar und in Oker werden sämtliche Gruben und Hütten von Privaten betrieben. Andre, zum Teil bedeutende Industriezweige sind: Zucker-, Zichorien-, Tabaks-, Papier-, Seifen-, Strohhut-, Maschinen-, Wagen- und Salmiakfabrikation, Bereitung von Chemikalien (in Braunschweig und Schöningen), Holzstoff- (zur Papierbereitung), Pulver und Zündhölzerfabrikation am Harz, Fabrikation von Nähmaschinen, feuerfesten Geldschränken, Fortepianos, von haltbaren Speisen (Konserven, in Braunschweig und Wolfenbüttel), Holzwaren (am Harz), Zement, Asphalt, Glas, Porzellan (zu Fürstenberg), mechanische Flachs-, Hede- und Jutespinnerei (in Braunschweig, Wolfenbüttel und Vechelde), bedeutende Bierbrauerei (in Braunschweig: Mumme) und Wurstfabrikation. Die Zahl der Rübenzuckerfabriken beträgt 30, welche 1883/84: 705,256 T. Rüben verarbeiteten und 74,850 T. Rohzucker produzierten. Der Ertrag der Rübenzuckersteuer belief sich auf 11,3 Mill. Mk.

Der Handel ist sehr lebhaft, besonders in den