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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Dirsdorf - Disjecta membra.

Preußen. D. ist Geburtsort des Weltumseglers Joh. Reinhold Forster. Vgl. Preuß, Dirschaus historische Denkwürdigkeiten (Danz. 1860).

Dirsdorf (Ober- und Nieder-Dirsdorf), zwei benachbarte Dörfer im preuß. Regierungsbezirk Breslau, Kreis Nimptsch, an der Großen Lohe, 4 km vom Bahnhof Gnadenfrei, mit (1880) 512, resp. 371 Einw., evang. Kirche, einem Schloß des Grafen von Pfeil, Zündwarenfabrik und einer Schwefel- und Eisenquelle mit besuchter Badeanstalt.

Dirt-bed, s. Wealdenformation.

Diruieren (lat.), zerstören; Dirution, Zerstörung.

Dirumpieren (lat.), durchbrechen, zerreißen; Diruption, Zerreißung.

Dis... oder di... (vor einem f: dif-), Vorsilbe in ursprünglich lateinischen Wörtern, entspricht dem deutschen zer-, ent-, indem es ein Auseinandergehen, ein Gegenteil, eine Verneinung etc. ausdrückt; in griechischen Wörtern s. v. w. zweimal, doppelt.

Dis (franz. Ré dièse, ital. Re diesi, engl. D sharp), in der Musik das durch # erhöhte d. Der Dis dur-Akkord = dis fisis ais; der Dis moll-Akkord = dis fis ais. Über die Dis dur-Tonart, fünf # und zwei × vorgezeichnet, und Dis moll-Tonart, sechs # vorgezeichnet, s. Tonart.

Dis (D. pater, "Vater D."), der von den Römern verehrte, dem Wesen des griechischen Pluton entsprechende Herrscher der Unterwelt. Sein Kultus wurde in Rom, gleich dem der Proserpina, erst auf Anordnung der Sibyllinischen Bücher in den ersten Zeiten der Republik eingeführt. Außer einer Kapelle neben dem Altar des Saturn hatte er auf dem Marsfeld gemeinschaftlich mit Proserpina einen unterirdischen Altar, der nur aufgedeckt wurde, wenn man opferte (z. B. bei den Säkularspielen). Geopfert wurden ihm schwarze Tiere.

Disagio, s. Agio.

Disamis, bei den alten Logikern Name des dritten Schlußmodus in der dritten Figur, dessen Ober- und Schlußsatz besonders, dessen Untersatz allgemein bejaht. Beispiel: Einige Veilchen sind wohlriechend; alle Veilchen sind Blumen, also sind einige Blumen wohlriechend. Vgl. Schluß.

Disapprobieren (neulat.), mißbilligen, nicht gutheißen; Disapprobation, Mißbilligung.

Disborso (ital.), Auslage.

Discantus (lat.), die im 12. Jahrh. aufkommende Art der Mehrstimmigkeit, deren Prinzip im Gegensatz zu der vorher üblichen Parallelbewegung des Organums (s. d.) streng durchgeführte Gegenbewegung war (franz. Déchant). Aus der Verschmelzung beider zunächst einander gegenübertretender Satzweisen entwickelte sich der eigentliche Kontrapunkt. Der D. war anfänglich durchaus nur zweistimmig; der Melodie des Cantus planus wurde Note gegen Note eine abweichende höhere (!) gegenübergestellt und zwar ohne vorgängige Aufzeichnung von den Sängern improvisiert. Später stellte man zwei und drei diskantierende Stimmen auf, und nun wurde die schriftliche Bearbeitung unerläßlich. Die nach den ältesten Regulae discantandi einzig zulässigen Intervalle waren die Oktave, Quinte und der Einklang. - D. oder Diskant, auch s. v. w. Sopran (franz. Dessus).

Discernement (franz., spr. dißern'māng), Unterscheidung, Urteilskraft, Scharfsinn; vgl. Diszernieren.

Dischmathal, s. Davos.

Discidĭum (lat.), Trennung, Spaltung; Scheidung, insbesondere Ehescheidung.

Disciplina arcāni (lat.), s. Arcani disciplina.

Disciplina clericalis (lat.), eine Sammlung von 39 aus orientalischen Quellen, besonders aus Syntipas, geschöpften Erzählungen, von Moses aus Huesca im 12. Jahrh. für Geistliche mit moralischen Betrachtungen und Lebensregeln ausgestattet. Ein ähnliches Buch bearbeitete im 13. Jahrh. Johann von Capua unter dem Titel: "Directorium humanae vitae".

Discolor (lat.), bunt, ungleich gefärbt.

Disconto, s. Diskont.

Discordia (lat.), Zwietracht, auch Göttin derselben (s. Eris). Vgl. Diskordieren.

Discours (franz., spr. -kuhr), s. Diskurs.

Discoverybai, s. Grantland.

Discrezione (ital.), Bescheidenheit; con d., musikalische Vortragsbezeichnung, besonders für die Begleitungsart der Gesangs- und der Solostücke, fordert Unterordnung der Begleitung (die übrigens selbstverständlich ist), besonders hinsichtlich der Tonstärke.

Discus (lat.), Wurfscheibe, s. Diskos; in der Botanik s. v. w. Blütenscheibe oder Blütenpolster, eine Anschwellung des Blütenbodens zwischen Blumenblättern und Pistill, bald ein ringförmiger Wulst, bald eine kissenartige Scheibe, meist mit zuckerhaltigem Saft (Nektar) überzogen (vgl. Blüte, S. 70).

Disdiaklăsis (griech.), veralteter Ausdruck für doppelte Strahlenbrechung (Doppelbrechung).

Dis dur, s. Dis.

Dísĕntis, schon früh als Disertinum oder Disiert, "Einöde", gedeutet (rätoroman. Muster, von monasterium), Ort und Benediktinerabtei im Oberland des schweizer. Kantons Graubünden, liegt an der Vereinigung des aus dem Tavetsch herabkommenden Vorder- und des Medelser Rheins, 1150 m ü. M., mit (1880) 1304 Einw. Die Abtei wurde um 614 durch den Schotten Siegbert, einen Schüler des heil. Columbanus, gegründet. Von hier aus verbreitete sich das Christentum durch die Thäler Graubündens, weshalb auch der Abt die Herrschaft über den ganzen Bezirk und das Ursernthal, ja 1570 von Maximilian II. den Titel eines Reichsfürsten erhielt. Im Mai 1799 legten die Franzosen das Kloster in Asche, wobei das für die Geschichte Graubündens wichtige Archiv und eine kostbare Manuskriptensammlung verbrannten. Im November 1846 brannte das Kloster abermals ab. Jetzt enthält das wieder erstandene Gebäude eine katholische Erziehungsanstalt und eine romanische Buchdruckerei. D. ist eine Station für die Touristenzüge in das Medelser Thal (Lukmanier, Piz Cristallina etc.) und für die Oberalpstraße nach Ursern.

Disért (lat.), deutlich, klar; beredt, gesprächig.

Disfiguration (lat.), Entstellung, Verunstaltung.

Disgrâce (franz., spr. -grahs), Ungnade; disgraziieren, in Ungnade fallen lassen; disgraziös, unangenehm, widerwärtig.

Disgregieren (lat.), eine Schar zerstreuen, auseinander jagen; Disgregation (lat.), Zerstreuung; Trennung der Moleküle eines Körpers, bewirkt durch gesteigerte Erwärmung.

Disgustieren (v. ital. disgusto, "Ekel"), anwidern, anekeln; verdrießen; einem etwas verleiden.

Disharmonie (lat.), Mißklang, Mißhelligkeit, Mangel an Übereinstimmung, Zwist; disharmonieren, nicht zusammenklingen, uneins sein.

Disis, das durch × (Doppelkreuz) doppelt erhöhte D (selten, meist nur als melodische Nebenart von Eis).

Disjecta membra (lat., "zerstreute Glieder"), ein ungenaues Citat aus Horaz (Satir., I, 4, 62), wo es disjecti membra poetae heißt zur Bezeichnung für Dichterworte, deren Versmaß zerstört ist, die aber trotzdem den Dichtergeist erkennen lassen.