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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Eiterband - Eiweiß.

pilzen zu einer dünnen, schmutzig bräunlich gefärbten, trüben Flüssigkeit von sehr üblem Geruch sich umwandelt, welche bei ihrer Aufnahme ins Blut Wundfieber (Septichämie) erzeugt.

Die Folgen der Eiterung für den Organismus sind abhängig von der Dauer derselben und von der Menge des Eiters, welcher für den Körper gewöhnlich verloren geht, ferner von dem Sitz der Eiterung und dem Grade der Zerstörung, welche die betreffenden Organe durch die Eiterung erleiden. Langdauernde und sehr reichliche Eiterverluste haben Blutarmut und Verwässerung des Bluts mit Neigung zur Wassersucht, nicht selten Amyloidentartung der Unterleibsdrüsen zur Folge; sie führen durch fortschreitende Erschöpfung allmählich den Tod herbei. Im engen Zusammenhang mit der alten falschen Ansicht, daß der E. eine krankhafte, dem Organismus fremdartige Materie sei, deren sich der Körper entledigen müsse, steht die Lehre von der Eiterresorption und Eitervergiftung des Bluts. Man hielt früher den Übergang von E. in das Blut für einen höchst verhängnisvollen Vorgang. Dies ist er jedoch keineswegs. Die Resorption des guten, gesunden und frischen Eiters ist nicht bloß vollständig gefahrlos, sondern in gewissem Sinn selbst ein Gewinn, weil dem Blute damit Stoffe wieder zurückgegeben werden, welche ihm durch die Eiterung entzogen worden sind, und nur die Aufnahme zersetzten Eiters erregt die sogen. Pyämie (Septichämie). Unter spezifischem E. versteht man einen solchen, welcher zugleich Träger eines Ansteckungsstoffs ist, und durch welchen man daher bestimmte Krankheiten von einem Individuum auf ein andres übertragen kann (z. B. Trippereiter, syphilitischer E., Pockeneiter etc.). In morphologischer und chemischer Beziehung ist der spezifische E. durchaus nicht von dem gewöhnlichen E. zu unterscheiden. Vgl. Entzündung, Absceß.

Eiterband, s. Haarseil.

Eiterbeule (Eitergeschwulst), s. Absceß.

Eiterblase, s. Pustel.

Eiterfeld, Flecken und Wallfahrtsort im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Hünfeld, mit Amtsgericht, kath. Kirche und (1880) 605 Einw.

Eitergeschwulst, s. v. w. Absceß.

Eiterharnen (griech. Pyurie), das Vorkommen von Eiter im Harn, setzt voraus, daß der Harn auf seinem Weg von den Nieren nach außen eine geschwürige oder doch stark entzündete Stelle passiert hat, deren genauern Sitz man indessen aus dem Eiter allein nicht erkennen kann. Von den sehr zahlreichen Möglichkeiten ist der Harnröhrentripper sicher die allerhäufigste Ursache des Eiterharnens.

Eiterung, s. Eiter.

Eitner, Robert, Musikhistoriker, geb. 22. Okt. 1832 zu Breslau, machte dort unter Brosigs Leitung seine Studien, ging 1853 nach Berlin, trat daselbst als Klaviervirtuose und Komponist von Klavierstücken und Liedern auf, widmete sich aber von 1863 an ausschließlich dem Lehrfach. 1869 rief er die Gesellschaft für Musikforschung ins Leben und trat als Redakteur der "Monatshefte für Musikgeschichte", von obiger Gesellschaft herausgegeben, an die Spitze derselben. Auf seine Veranlassung wurde 1873 auch noch mit der "Publikation älterer praktischer und theoretischer Musikwerke" begonnen. Die historischen Arbeiten Eitners sind zum größten Teil in den oben bezeichneten periodisch erscheinenden Werken zu finden; doch hat er auch eine Reihe größerer, rein bibliographischer Werke herausgegeben, wie die "Bibliographie der Musiksammelwerke des 16. und 17. Jahrhunderts" (Berl. 1877) u. a. Seit 1880 hat er seinen Wohnsitz in Templin (Ukermark).

Eitorf, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Köln, Siegkreis, an der Sieg und der Linie Deutz-Gießen der Preußischen Staatsbahn, mit Amtsgericht, kath. Kirche, Privatirrenanstalt, Alizarinfabrik, Seiden- und Samtweberei und (1880) 1450 Einw.

Eivischthal, s. Anniviers, Val d'.

Eiweiß (Albumin), ein im Tier- und Pflanzenreich weitverbreiteter Proteinkörper, findet sich am reinsten im Weißen der Eier und bildet getrocknet eine gelbliche, durchsichtige, zu weißem Pulver zerreibbare, geruch- und geschmacklose Masse, welche sich in Wasser, aber nicht in Alkohol und Äther löst. Dies E. enthält noch Fett, welches man durch Auswaschen mit Äther, und mineralische Bestandteile, die man durch Dialyse entfernen kann. Derartig gereinigtes E. reagiert schwach sauer, während das rohe E. schwach alkalisch reagiert. Verdünnte Schwefel- und Salzsäure, Pyro- und Metaphosphorsäure, besonders auch Salpetersäure fällen die Eiweißlösung; aber der Niederschlag löst sich in Wasser und Essigsäure. Auch Gerbsäure und Kreosot, überschüssiges Ätzkali und viele Metallsalze fällen E. Neutrale Lösung von E. wird bei 60° trübe und gerinnt bei 75°, wenn sie aber sehr verdünnt war, erst bei höherer Temperatur. Alkalien und überschüssige Essigsäure verhindern die vollständige Gerinnung. Auch durch Alkohol, Äther und konzentrierte Salzsäure wird E. zum Gerinnen gebracht. Es ist dann unlöslich in Wasser, Alkohol, Äther und verdünnter Salzsäure, löslich in verdünnter Kalilauge und konzentrierter Salzsäure, von welch letzterer es in Syntonin verwandelt wird, während Alkalien Alkalialbuminat bilden. An der Luft fault E. sehr bald, und da es Stickstoff und Schwefel enthält, so treten unter den Fäulnisprodukten auch Schwefelwasserstoff und Ammoniak auf. Pepsin verwandelt das lösliche wie das unlösliche E. in Pepton. Mit Basen verbindet sich E. und bildet die Albuminate, von denen nur die der Alkalien in Wasser löslich sind; E. wird daher durch viele Metallsalze gefällt, und hierauf beruht seine Anwendung bei Vergiftungen durch Metallsalze. Das E. der Eier ist wesentlich Natronalbuminat. Das E. des Bluts, Blut- oder Serumalbumin, Serosin oder Serin, weicht in seiner quantitativen Zusammensetzung etwas vom Eiereiweiß ab; es findet sich in allen Ernährungsflüssigkeiten, im Blut, Chylus und in der Lymphe, in allen serösen Sekreten, in geringer Menge in der Milch, reichlich im Colostrum, in den Flüssigkeiten des Fleisches und Zellgewebes, bisweilen auch im Harn und im Eiter. In seinem chemischen Verhalten weicht es nur wenig vom Eiereiweiß ab. Über das in Pflanzen vorkommende E. s. Pflanzeneiweiß.

Für technische Zwecke wird E. aus Eiern und Blut dargestellt. Man trennt das Weiße sorgfältig vom Dotter der Eier, seiht es durch ein feines Haarsieb, entfernt nach etwa 24 Stunden alle abgeschiedenen Häute und trocknet es in flachen Zink- oder Porzellangefäßen in einer gut geheizten und ventilierten Kammer bei 38-40°. In 30-36 Stunden erhält man eine blätterige, blaßgelbe, in dünnen Stücken völlig durchsichtige fast geruchlose und in Wasser ohne merkliche Trübung lösliche Masse. Bei der Darstellung von E. aus Blut läßt man letzteres in Zinkschüsseln unberührt gerinnen, gießt etwa abgeschiedenes Serum ab, zerschneidet den Kuchen in 3-4 ccm große Würfel, bringt diese in Abtropfsiebe und trennt das zuerst abfließende dunklere Serum von dem später folgenden hellern, welches wie Hühnereiweiß ge-^[folgende Seite]