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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fastenbrezel; Fastenbriefe; Fastenpredigten; Fastenrath; Fastentuch

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Fastenbrezel - Fastentuch.

und Butter (s. Butterbrief) zu verwenden, verhilft den Wohlhabenden zu einer recht üppigen Fastenspeise. Auch sind Leute unter 21 Jahren, Schwangere, Säugende, Kranke, Altersschwache, Soldaten, Reisende und mit schwerer Körperarbeit Beschäftigte, außer am Aschermittwoch und Karfreitag, nicht zu einer Verringerung der gewöhnlichen Kost verpflichtet, und selbst andre kann der Bischof oder der Pfarrer von der Enthaltung vom Fleisch dispensieren (Fastendispens). Die wichtigsten F. der heutigen römischen Kirche sind: die große Fastenzeit vor Ostern (s. oben), für deren Feier in der Regel eine besondere bischöfliche Verordnung (Fastenmandat) erlassen wird; die Quatember (quatuor tempora anni), jedesmal Mittwochs vor Reminiscere (Frühlingsfasten), vor Trinitatis (Sommerfasten), nach Crucis oder Kreuzeserhöhung (Herbstfasten) und nach Luciä in der dritten Adventswoche (Win-terfasten), nach dem bekannten Distichon: Post Luciam, Cineres, post sanctum Pneuma Crucemque Tempora dat quatuor feria quarta sequens, auch Fronfasten (angariae) genannt, weil man im bürgerlichen Verkehr diese Quartale zur Bestimmung der Termine für die Entrichtung der Abgaben benutzte; die Vigilien oder die Tage unmittelbar vor großen Festen (heilige Abende); alle Freitage des Jahrs, wenn nicht das Christfest auf einen fällt, und alle Sonnabende mit Ausnahme der sogen. fetten in der Zeit von Weihnachten bis Lichtmeß (2. Febr.). Geboten ist auch gänzliche Nüchternheit vor dem Genuß des heiligen Abendmahls und vor der Firmung, den Geistlichen namentlich vor der Messe. Strenger und häufiger sind die F. in den Klöstern, wo man noch die Advents- und Apostelfasten, die zwei Stationen (Freitag und Sonnabend) und viele andre von der Ordensregel besonders beliebte Fasttage hält. Manche Orden, z. B. die Kartäuser, genießen das ganze Jahr hindurch bloß Vegetabilien. Von den Fasttagen im strengen Sinn des Wortes sind in der römischen Kirche die Enthaltungstage verschieden, wie die Freitage und Sonnabende, sowie die Vigilien einiger Feste, an denen zwar das Essen erlaubt, aber Fleisch und Fett verboten ist. Die Reformatoren billigten das F. als "eine feine äußerliche Zucht", verwarfen es aber als äußere Satzung und machten auch hier das Prinzip der Innerlichkeit und Gewissensfreiheit geltend. So dauerte die alte Sitte noch lange in der protestantischen Kirche fort, erst seit der Mitte des 18. Jahrh. verschwand sie fast gänzlich. Jetzt fastet man nur hier und da noch an den Morgen der Buß- und Kommuniontage. Noch zu erwähnen sind die F. der Mohammedaner. Der Koran ordnet dafür den Monat Ramasan an als die Zeit, in welcher er selbst vom Himmel gekommen; noch heute essen und trinken dann die Gläubigen, wenigstens solange die Sonne scheint, absolut nichts. Außerdem halten die Muselmanen auch freiwillige F. an heiligen Tagen, namentlich am 10. Moharram, dem Versöhnungsfest. Alle Fastenübungen gelten für verdienstlich und sühnend; die eines heiligen Tags oder eines Tags im Ramasan sind mehr wert als ein 30tägiges F. zu andern Zeiten. Dagegen unterscheiden sich auch heute noch in Indien die Parsi von den sie umgebenden Anhängern Mohammeds und Manus sehr bemerkbar durch Nichtfasten. Wie bei ihnen der Grundsatz herrscht, daß dem Leib sein Recht werden müsse, im übrigen aber der Zweck des Lebens in der Arbeit gesucht wird, so spricht sich umgekehrt in dem Fastengebot von vornherein ein bezeichnendes Mißtrauen bezüglich der Vereinbarkeit der geistigen und der leiblichen, der religiösen und der profanen Zwecke des Daseins aus, und insofern bildet das F. einen sichern Maßstab für die ethische Grundansicht einer Religion. Vgl. Liesmayr, Entwickelung der kirchlichen Fastendisziplin (Münch. 1877).

Fastenbrezel, s. Brezel.

Fastenbriefe (Mandate, Patente), die öffentlichen Ausschreiben, welche die Bischöfe vor den Quadragesimalfasten an die Gläubigen erlassen, um denselben die jeweilen gestatteten Milderungen des vollkommenen Fastens anzuzeigen.

Fastenpredigten, die in der katholischen Kirche während der Fastenzeit gehaltenen außerordentlichen Gottesdienste, in welchen, wo es thunlich ist, besonders begabte Prediger auftreten, um die Zuhörerschaft zeitweilig aus der sittlichen Lethargie zu erheben, sie tiefer zu rühren u. s. f. Vielfach werden auch in der lutherischen Kirche während dieser Zeit besondere Gottesdienste gehalten, welche der Betrachtung der Leidensgeschichte geweiht sind.

Fastenrath, Johannes, Schriftsteller, geb. 3. Mai 1839 zu Remscheid, studierte seit 1856 in Bonn, Heidelberg, München, Berlin und Paris die Rechte, wurde dann Auskultator in Köln, gab aber nach 1½ Jahren seine juridische Laufbahn auf und lebt seitdem in Köln ausschließlich litterarischen Arbeiten. 1864 verweilte er vier Monate in Spanien, wo ihn Land und Volk, Geschichte und Litteratur mit Begeisterung erfüllten. Er übersetzte Don Juan Dianas Lustspiel "Rezept gegen Schwiegermütter" ins Deutsche (2. Aufl. 1872) und lieferte in einer Reihe von Gedichtsammlungen frei nachbildende Übertragungen alt- und neuspanischer Dichtungen: "Ein spanischer Romanzenstrauß" (Leipz. 1866), "Klänge aus Andalusien" (das. 1866), "Die Wunder Sevillas", Romanzen und Lieder (das. 1867), "Hesperische Blüten" (das. 1869) und "Immortellen aus Toledo" (das. 1869), denen sich später "Das Buch meiner spanischen Freunde" (das. 1871, 2 Bde.) und "Stimmen der Weihnacht", Lieder nach V. Ruiz Aguilera (das. 1880), anschlossen. Diese Dichtungen erregten in Spanien ungewöhnliches Aufsehen und trugen F. bei seiner zweiten Reise dorthin 1869 seltene Auszeichnungen ein. 1870 gab er Kriegs- und Siegeslieder: "Den deutschen Helden von 1870" (6. Aufl., Leipz. 1871), heraus. In spanischer Sprache veröffentlichte er 1872 "Pasionarias de un Aleman-Español", eine Beschreibung des Oberammergauer Passionsspiels, und "La Walhalla y las glorias de Alemania" (1872 ff., bis jetzt 6 Bde.), worin er den Spaniern eine Galerie hervorragender deutscher Männer von Armin bis Kaiser Wilhelm vorführt. Im J. 1879 wohnte F. als Vertreter Spaniens dem internationalen Schriftstellerkongreß in London und 1880 als Vertreter des deutschen Schriftstellerverbandes der Calderon-Feier in Madrid bei. Noch veröffentlichte er: "Luther im Spiegel spanischer Poesie. Bruder Martins Vision" (nach Gaspar Nuñez de Arce, 2. Aufl., Leipz. 1881); die Schriften zur Calderon-Feier: "Calderon de la Barca" (das. 1881) und "Calderon in Spanien" (das. 1882); einen Band Gedichte: "Von Hochzeit zu Hochzeit. Lieder aus sonnigen Tagen" (Wien 1883); "Granadinische Elegien" (Leipz. 1885) und mehrere Dramen nach Echegaray.

Fastentuch (Hungertuch), ein Teppich, welcher ehedem in katholischen Kirchen während der Fastenzeit, als Erinnerung an den Tempelvorhang in Jerusalem, zur Verhüllung des Kreuzes vor dem Altar aufgehängt wurde. Ein solches F. aus dem Jahr 1472 mit 90 biblischen Bildern befindet sich beispielsweise im Altertümermuseum zu Dresden.