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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Feuerversicherung

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Feuerversicherung (volkswirtschaftliche Bedeutung).

stein von einer zur Zugerzeugung ausreichenden Höhe nicht verwenden kann. Aber auch bei feststehenden Feuerungen findet man zuweilen Exhaustoren (namentlich Dampfstrahlexhaustoren, s. "Dampfstrahlgebläse" im Art. Gebläse). Die außerdem noch angewendeten kurzen Eisenschornsteine haben nur den Zweck, den Rauch in einiger Höhe abzuführen.

Geschichtliches.

Wann man überhaupt zuerst es verstanden hat, Feuer anzuzünden und zu verwerten, ist unbekannt. Die ursprüngliche Art und Weise der Feuerung ist wahrscheinlich die gewesen, daß man die zu verbrennenden Hölzer direkt auf den Erdboden gelegt hat. Später bereitete man das Feuer auf einer Erhöhung von Erdreich oder Mauerwerk, dem Herde. Die ältesten geschichtlichen Völker: Assyrer, Ägypter, Hebräer, verstanden das Feuer zu allen möglichen häuslichen und technischen Zwecken zu verwenden, was ohne eine gewisse Vervollkommnung der F. nicht möglich gewesen wäre. So steht wenigstens fest, daß der Gebrauch der Blasebälge bei F. zur Erzeugung größerer Hitze schon in der grauesten Vorzeit bekannt war. Dagegen ist erwiesen, daß diese ältesten Völker die Roste und Schornsteine noch nicht gehabt haben. Diese wichtigen Teile der modernen F. haben auch den Griechen und Römern noch gefehlt. Der Rauch der in den Häusern auf einfachen Mauerklötzen brennenden Feuerungen suchte sich einen Ausgang aus Öffnungen im Dach. Um im Winter den lästigen Rauch der Wärmfeuer einigermaßen zu vermeiden, verwendete man tragbare Feuerkörbe, die man im Vorhof füllte, anzündete und erst dann ins Innere trug, wenn das Brennmaterial nicht mehr mit Flamme brannte, sondern nur noch glühte. Die Schornsteine sind erst eine verhältnismäßig neue Erfindung. Bestimmte Nachrichten von denselben empfangen wir erst aus dem Jahr 1347, und zuvor scheinen sie nur selten angewendet zu sein. Die ersten Schornsteine waren nichts als unter den bisher üblichen Rauchlöchern im Dach angebrachte weite Rauchfänge, unter denen offenes Feuer brannte, und wurden erst allmählich enger, als man sah, daß man dadurch den Zug erhöhen konnte. Der Zug des Schornsteins gab Veranlassung zur Erfindung der Roste und der Feuerkanäle. Einen außerordentlichen Aufschwung bekam die Entwickelung der F. nach der Erfindung der Dampfmaschine, weil man sogleich erkannte, wie wichtig für den Betrieb derselben eine möglichst vollkommene Ausnutzung der Brennstoffe sei. Man ermittelte von da ab pyrotechnische Grundsätze auf Grundlage praktischer Erfahrungen und theoretischer Gesetze. Im J. 1814 benutzte Aubertot zum erstenmal Hochofengichtgase zum Rösten von Eisenerzen, Kalkbrennen etc.; jedoch begann eine allgemeinere Verwendung der Gichtgase zu Erhitzungszwecken erst, seitdem Fabre du Four 1837 mit ihnen Puddelöfen geheizt hatte. Einen Gaserzeugungsapparat für Heizzwecke benutzte zuerst 1839 Bischof in Mägdesprung am Harz. Um dieselbe Zeit begannen auch die ersten Versuche mit selbständigen Gasfeuerungen zu Senbach in Tirol. Große Verdienste um die Ausbildung der Gasfeuerung erwarben sich Thoma, Scheuchenstuhl, Schinz und besonders Siemens. Gegenwärtig verfolgt man in der Feuerungstechnik hauptsächlich die Probleme der vollkommenen Rauchverbrennung und der allgemeinern Einführung der Gasfeuerung, besonders mit Wassergas. Vgl. Péclet, Traité de la chaleur (4. Aufl., Par. 1878, 3 Bde.; deutsch von Hartmann, Leipz. 1860-62); Wagner, Die Metalle und ihre Verarbeitung (2. Aufl., das. 1866); Grothe, Die Brennmaterialien und F. (Weim. 1870); Ferrini, Technologie der Wärme (deutsch, Jena 1878); Steinmann, Kompendium der Gasfeuerung (2. Aufl., Freiberg 1876); Derselbe, Die neuesten Fortschritte auf dem Gebiet der Gasfeuerungen (Berl. 1879); Ramdohr, Die Gasfeuerung (Halle 1875-1876); Menzel u. Georg, Handbuch für den Bau der F. (3. Aufl., Leipz. 1875-76, 2 Tle.); Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde (Braunschw. 1878); Reiche, Anlage und Betrieb der Dampfkessel (2. Aufl., Leipz. 1876); Meidinger, Feuerungsstudien (Karlsr. 1878).

Feuerversicherung (Brandversicherung, auch Feuer- oder Brandassekuranz), Versicherung gegen Feuersgefahr, bezweckt, gegen bare Gegenleistung (Prämie) den Schaden zu ersetzen, welcher an dem versicherten Gegenstand durch Feuersbrunst direkt oder indirekt (Beschädigung beim Retten, Diebstahl beim Brand etc.) ohne böswillige oder auch wohl fahrlässige Verschuldung des Besitzers entsteht. Der auf gesetzliches Anfordern schriftlich abzufassende Versicherungsvertrag (Police) wird auf bestimmte Zeit, meist ein Jahr oder auch gegen Ermäßigung der Prämie auf mehrere Jahre, abgeschlossen.

Die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag sind obligatorischer und klagbarer Natur. Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers (Versicherten) sind in der Regel an Besitz oder Eigentum der versicherten Sache nicht gebunden. Bei einer Veränderung in dem Eigentumsrecht an Gebäuden ist nach partikularem Recht im Zweifel anzunehmen, daß der laufende Versicherungsvertrag von dem neuen Erwerber fortgesetzt wird. Der Versicherer ist zur Auszahlung der Versicherungssumme erst nach vollständiger Klar- und Feststellung des Schadens verpflichtet, daher auch erst von diesem Zeitpunkt an Verzugszinsen gefordert werden können. Die Art und Weise, wie der Brandschade "reguliert" wird, ist in den Policen regelmäßig des nähern bestimmt. Ebenso sind Einrichtungen zum Schutz der Hypothekengläubiger getroffen. Manche Versicherungsanstalten wahren die Rechte der letztern nur dann, wenn die Hypotheken bei ihnen besonders angemeldet worden und darüber Bescheinigungen (Hypothekenanmeldescheine) erteilt worden sind, während andre diese Rechte auch ohne besondere Anmeldung berücksichtigen.

Die F. hat eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung, weil durch Brand alljährlich viele wirtschaftliche Existenzen ohne dieselbe zu Grunde gerichtet würden. So hatte das brennbare Vermögen Preußens im J. 1882 einen Schaden von etwa 54 Mill. Mk. erlitten; 16,341 Besitzungen wurden durch Feuer getroffen, von denen jede im Durchschnitt einen Schaden von 3288 Mk. aufzuweisen hatte. Man unterscheidet, je nachdem es sich um die Versicherung von beweglichen (Mobilien) oder von unbeweglichen Sachen (Immobilien, Gebäuden) handelt, zwischen Immobiliarversicherung und Mobiliar- (in der Schweiz Fahrhabe-) Versicherung. Zu den Vereinen und Korporationen, welche von alters her in den germanischen Ländern die gegenseitige F. betrieben hatten, traten nach dem Dreißigjährigen Krieg in Deutschland und in dem einen oder dem andern benachbarten Lande die vom wohlwollenden Polizeistaat zur Abwehr des Brandbettels (Gewährung freien Bauholzes, Geldschenkungen) und zur Hebung des Volkswohlstandes ins Leben gerufenen öffentlichen Feuerversicherungsanstalten (Landesbrandkassen oder Feuersocietäten), welche, vom Staat selbst oder unter seiner Protektion von Provinzial- oder Gemeindeverbänden errichtet und mit größern oder geringern Privilegien ausgestattet, die