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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Hennenhofer; Hennequin

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Hennenhofer - Hennequin.

pfen, in denen sich Margarete auf die Seite der Dampierres stellte; Gegenstand des Zwistes war vornehmlich Reichsflandern. Doch folgte 1279 nach Margaretens Tod ihr Enkel Johann II. in H. und erwarb 1299 auch die Grafschaft Holland. Mit Wilhelm II. erlosch 1345 die männliche Linie der Avesnes in H. Des Grafen Wilhelm I., des Guten (1304-37), Tochter Margarete, Gemahlin Kaiser Ludwigs des Bayern, brachte H. samt Holland und Zeeland 1345 an das Haus Bayern. Ihre Urenkelin, die ebenso leichtsinnige wie heroische Jakobäa von Bayern, trat 1433 ihr Erbe an Philipp den Guten von Burgund ab, und so kam H. mit der burgundischen Erbschaft 1477 an das Haus Habsburg, bei welchem es (1556-1713 bei der spanischen, dann bei der österreichischen Linie) bis zur französischen Revolution blieb. Seit dem Pyrenäischen Frieden (1659) und dem von Nimwegen (1678) war inzwischen der gegenwärtig zum französischen Departement Nord gehörige südliche Teil von H. mit der Hauptstadt Valenciennes an Frankreich gekommen; aus dem übrigen wurde 1815 mit Einverleibung der vormals flandrischen Landschaft Tournaisis, des namurschen Distrikts Charleroi und einiger Teile von Brabant und Lüttich, welche vorher das französische Departement Jemappes ausmachten, die früher niederländische, jetzt belgische Provinz H. gebildet. S. die "Geschichtskarte von Deutschland II". Vgl. Duvivier, Recherches sur le Hainaut ancien (Brüssel 1866).

Die heutige belgische Provinz H. (s. Karte "Belgien") grenzt im N. an die Provinzen West- und Ostflandern und Südbrabant, im O. an Namur und im S. und W. an Frankreich, hat einen Flächenraum von 3722 qkm (67,6 QM.) und gehört zu den fruchtbarsten und reichsten Provinzen des Königreichs. Die Oberfläche ist im allgemeinen eben; im westlichen und südlichen Teil streichen die Ausläufer der Ardennen, nämlich von Frankreich her zieht sich ein Höhenzug, welcher die Wasserscheide zwischen Maas und Schelde bildet, in nordöstlicher Richtung gegen Anderluis hin, wo er 198 m Höhe erreicht. Im äußersten Südosten, an den Quellen der Oise (Seinegebiet), steigen die letzten Ausläufer der Argonnen (bei Rinzes) zu 342 m Höhe an. Der Boden besteht aus Kalk, Thon und Sand und ist am fruchtbarsten um Tournai, am sterilsten um Charleroi, wo indes das steinige Erdreich zum Teil mit großen Waldungen bedeckt ist. Bewässert wird H. von der Schelde, welche den Westen der Provinz durchfließt und an der ostflandrischen Grenze die Ronne aufnimmt, von der Sambre, welche sich durch den östlichen Teil schlängelt und viele Gewässer Namurs empfängt, von der Dender (mit der Sille und Marcq), der Haine und den Kanälen von Charleroi (nach Brüssel) und von Mons (nach Condé). Das Klima ist mild und gesund. Die Einwohner, deren Zahl 1886: 1,029,885 betrug, sind größtenteils Wallonen. Gegenstand des Ackerbaues bilden vorzüglich Weizen und Flachs, letzterer besonders um Tournai; berühmt sind auch die Spargel von Kain und Froyennes. Wichtig ist der Obstbau, besonders für Tournai und die Umgegend; auch der Runkelrübenbau für die Zuckerfabrikation ist ansehnlich. Unter den Waldungen sind die Forsten von Thiérache und Fagne hervorzuheben. Die Rindviehzucht gedeiht durch den herrlichen Wiesenbau ungemein; die Pferde sind groß und stark, die Schafe wenig veredelt. Das bedeutendste Produkt des Bergbaues ist die Steinkohle, welche man in drei Distrikten findet: im Borinage (zwischen Mons und der französischen Grenze), bei Mons und bei Charleroi. In mehr als 200 Gruben sind ca. 100,000 Arbeiter in diesem Zweig thätig. Daneben besteht Bergbau auf Eisen (an der Schelde, Trouille und Maas) und Marmor (um Charleroi). Die Industrie ist blühend; sie leistet Vorzügliches in Eisen- und Stahlwaren, Leinwand- und Spitzen-, Porzellan-, Papier-, Glas-, Fayence-, Leder-, Teppichfabrikation etc. Der Verkehr ist sehr lebhaft. Die Provinz zerfällt in die drei zur ehemaligen Grafschaft H. gehörigen Arrondissements: Mons, Soignies und Ath und die neu hinzugekommenen: Tournai, Charleroi und Thuin. Hauptstadt ist Mons. Vgl. Bernier, Dictionnaire géographique, historique du Hainaut (Brüssel 1879).

Hennenhofer, Johann Heinrich David von, bad. Diplomat, geb. 12. März 1793 zu Gernsbach als Sohn eines Schiffers, trat erst als Kommis in eine Buchhandlung zu Mannheim und gelangte 1812 in die Umgebung des Großherzogs Karl von Baden, der ihn zu seinem Adjutanten ernannte und ihn stets in seiner Nähe hatte, unter anderm auch auf dem Wiener Kongreß. Auch die Gunst des Nachfolgers, des Großherzogs Ludwig, wußte er zu erringen und gewann als Chef der diplomatischen Sektion des auswärtigen Ministeriums unter dem Minister v. Berstett einen großen Einfluß auf die politischen Angelegenheiten, den er durchaus in reaktionärem Sinn geltend machte. Die Julirevolution veranlaßte ihn, 1831 seine Entlassung zu nehmen und sich auf sein Schloß zu Mahlberg, dann nach Freiburg zurückzuziehen, wo er 12. Jan. 1850 starb. Die neuerdings publizierten Auszüge aus den Memoiren Hennenhofers, welche seinen Anteil an dem an Kaspar Hauser (s. d.) angeblich begangenen Verbrechen bezeugen sollen, sind eine plumpe Erfindung.

Hennequin, Spinnfaser, s. Henequen.

Hennequin (spr. enn'käng), 1) Philippe Augustin, franz. Maler, geb. 1763 zu Lyon, Schüler Davids, erhielt den großen Preis der Malerei und ging hierauf für längere Zeit nach Italien, von wo er, während der französischen Revolution von der päpstlichen Regierung verfolgt, mit Mühe nach Frankreich gelangte, um jedoch auch in Lyon in den Kerker zu wandern, dem er nur durch glücklichen Zufall unmittelbar vor der Massenexekution (1794) entkam. Dann auch in Paris verhaftet, lebte er nach seiner Befreiung nunmehr der Kunst. Er begründete seinen Ruf durch einen von den Furien verfolgten Orest (von 1800, im Louvre) und sein Bild vom 10. Aug., den Triumph des französischen Volkes darstellend. Später gehörte H. zu den eifrigsten Verherrlichern der Siegeszüge Napoleons I. Nach dem Untergang des Kaiserreichs ließ er sich in Lüttich nieder. Hierauf malte er sein größtes Bild: die 300 Bürger von Franchemont, die bei der Verteidigung der Stadt bis auf den letzten Mann fielen. H. starb 12. Mai 1833 in Leuze bei Tournai als Direktor der Kunstschule daselbst.

2) Alfred, franz. Theaterdichter, geb. 13. Jan. 1842 zu Lüttich, besuchte die Bergschule daselbst, wurde Ingenieur der belgischen Staatsbahnen und kam später zur Leitung eines Tramway-Unternehmens nach Paris, wo er sich 1875 ganz der Bühnendichtung zuwandte. Er hatte bereits in Brüssel unter dem Pseudonym Alfred Lebrun einige Lustspiele, wie: "J'attend à mon oncle" (1869) und "Trois chapeaux" (1870), zur Aufführung gebracht. In Paris erntete er zunächst mit den ausgelassenen, bis zur Kühnheit pikanten Stücken: "Le procès Veauradieux" (1875) und "Les dominos roses" (1876) einen durchschlagenden Erfolg und ließ dann "Bébé" (1877) und "Nounou" (1879, beide mit Najac) und